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Im Rahmen des EU-Gemeinschaftsprojekts URBAN-EV wurde ein zweisitziges E-Mobil entwickelt. Die Ansprüche waren hoch: Es sollte ultra-leicht, kostengünstig und zudem sicher sein. Vor allem mussten die hohen Standards in punkto Insassenschutz mit guten Leistungsdaten für den Fahrbetrieb vereint werden. Und das konnte nur mit Hilfe von konsequentem Leichtbau erreicht werden. Genau deshalb war das Fraunhofer Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF maßgeblich am EU-Projekt beteiligt.

Betriebsfestigkeitsbewertung von Komponenten und Baugruppen

Die Herausforderung der Darmstädter Wissenschaftler bestand darin, ein durchgängiges Konzept zur Betriebsfestigkeitsbewertung ausgesuchter Komponenten und Baugruppen zu entwickeln. Im nächsten Schritt setzten sie dieses Konzept auch gleich um.

Für kleine Elektrofahrzeuge sind bislang wenige Bemessungsdaten für eine Betriebsfestigkeitsbewertung verfügbar“

…, erklären Dr. Klaus Lipp, Gesamtprojektleiter, und Dr. Thorsten Voigt. Voigt betreute die Bauteilversuche am Fraunhofer LBF. Die Projektverantwortlichen ergänzen: „Wenn die Lebensdauerabsicherung kritischer Fahrzeugkomponenten in den Prozess der Fahrzeugentwicklung integriert werden soll, ist es deshalb wichtig, die Betriebsfestigkeitsversuche durch numerische und experimentelle Spannungsanalysen zu validieren.“ Sie stellten also die von ihnen entwickelten Fahrzeugkomponenten stets auf den Prüfstand.

Leichte und stabile Rahmenstruktur

Gewicht bei einem Fahrzeug einsparen kann man insbesondere beim Rahmen. So machten sich die Darmstädter daran, eine leichte, aber gleichzeitig auch stabile Rahmenstruktur zu entwickeln. Zur Masseeinsparung bei dem jetzt vorgestellten Zweisitzer wählten sie Aluminium-Leichtbauprofile. Deren Besonderheit besteht darin, dass sie über Knotenteile aus Magnesiumguss miteinander verbunden sind. Um dies zu ermöglichen entwickelte der Projektpartner PST in Alzenau die sogenannte Electro Magnetic Puls Technology EMPT weiter. EMPT ist ein berührungsloses Verfahren zum Verbinden elektrisch leitfähiger Materialien. Ihr Vorteil besteht – im Gegensatz zum Schweißen –, darin, dass auch verschiedene Materialien miteinander verbunden werden können. Zudem lassen sich technologische Nachteile, wie sie beispielsweise beim Kleben vorkommen, vermeiden.

Selbstverständlich untersuchten die Forschenden die per EMPT zusammengefügten Teile auch während des Fahrbetriebs auf ihre Festigkeit. Schon in Voruntersuchungen dieser sogenannten „Crimp-Verbindungen“ wiesen die LBF-Wissenschaftler nach, dass diese die im Betrieb auftretenden, zyklischen Beanspruchungen zuverlässig ertragen können. Als besonders hoch beanspruchte Komponente der Rahmenstruktur mit Crimp-Verbindung gilt der A-Knoten. Er ist die Verbindung zwischen A-Säule, Kotflügel und Querträger.

Deshalb nahm das Forscherteam genau hier Lebensdaueruntersuchungen unter kombinierter Biege- und Torsionsbeanspruchung vor. Zudem untersuchten sie den Bereich unter konstanten und variablen Amplituden. Wobei sie ein LBF-eigenes, standardisiertes Lastprogramm für diese Tests nutzten. Nachdem die Ergebnisse rundum positiv waren, nahm der spanische Projektpartner Cidaut Crashtests vor. Auch hier wurde die Zuverlässigkeit der Crimp-Verbindungen bestätigt.

Optimierungspotenzial erkannt

Zudem untersuchten die Darmstädter Forscher auch die Lebensdauer der klappbaren Hinterachse des Zweisitzers. Hier nahmen sie die Längslenker der Achse und das Modul einer Halbachse in den Fokus.

© Fraunhofer LBF, Ursula Raapke

„Die Herausforderung aller Betriebsfestigkeitsuntersuchungen bestand darin, ein durchgängiges Konzept zur Betriebsfestigkeitsbewertung für die betrachteten Bauteile zu erstellen“, erklärt Dr. Voigt. „Dazu gehört, Maßnahmen zur Versuchszeitverkürzung abzuleiten sowie eine Lebensdauerabschätzung vorzunehmen.“

Nichtzuletzt wurden auch – da korrosionsempfindliche Leichtbaumaterialien verwandt wurden – Umwelteinflüsse berücksichtigt. Hier wiesen die Wissenschaftler nach, dass der Längslenker seitlich einwirkende Sonderlasten sicher ertragen konnte. Hingegen offenbarten Versuche am Halbachsmodul weiteres Optimierungspotential an der konstruktiven Gestaltung der Baugruppe.

Zu sehen ist der Kleine Flitzer übrigens in der Centralstation während des Fraunhofer Festivals „TheSoundOfScience“, das am 27 Juni 2019 in Darmstadt stattfindet. Förderer und Partner des Projektes ist URBAN-EV, www.urban-ev.eu, Funded by the Seventh Framework Programme.