Die Straße ist mehr oder weniger wie geschaffen dafür: eine lange gerade Strecke von 600 Metern Länge, mit einem Grünstreifen in der Mitte auf den ersten hundert Metern, der den Verkehr zum und vom Hafen sauber trennt. Viele Autos fahren dort Straße „Am Tegeler Hafen“ nicht. Sie ist daher ideal für den ersten Berliner Test mit einem selbstfahrenden Bus auf einer öffentlichen Straße.
Nach Angaben eines Sprechers der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) wurden Versuche in Deutschland bisher in kleineren Städten und Kleinstädten durchgeführt. In Berlin gibt es auch zwei Pilotprojekte, bei denen autonome Busse auf dem privaten Gelände der Krankenhäuser Charité und Virchow eingesetzt werden. „Doch diese Versuche sind nicht zu vergleichen mit dem Projekt See-Meile auf Berlins öffentlichen Straßen, wo viele andere Faktoren berücksichtigt werden müssen.” Diese Pilotprojekte ähneln eher dem ParkShuttle in Rotterdam, das auf einer öffentlichen Busspur fährt und nur wenige Kreuzungen passieren muss. Oder „der People Mover”, wie die autonomen Busse auch am Flughafen Frankfurt am Main in Deutschland genannt werden.
EasyMile
Laut BVG ist dieses Projekt ziemlich einzigartig. Seit dieser Woche verkehrt der Bus zwischen der U-Bahnstation Alt-Tegel und dem Tegeler See, einem der größten Seen Berlins. Das Auto der französischen Firma EasyMile kann man nur als niedlich bezeichnen. Der strahlend weiße Kleinbus – mit sechs Sitzen und einem ständigen Aufsichtspersonal – fährt mit einer Geschwindigkeit von 15 Stundenkilometern. Denn ja, der Bus darf nicht ohne Begleitperson herumfahren. Im Bus gibt es kein Lenkrad, aber der Fahrbegleiter kann jederzeit einen Notrufknopf drücken.
Wer damit fahren möchte, muss noch etwas länger warten, denn in den nächsten Wochen werden Testlaufdaten benötigt, bevor die Strecke „hoffentlich bis Ende dieses Monats” genutzt werden kann, hat die BVG angekündigt.
Ideal für Senioren
Eine Dame in den Achtzigern, mit langen weißen Haaren und einem breiten Lächeln im Gesicht, sagt, sie freue sich schon darauf. „In unserem Alter ist es natürlich gesund, zu Fuß zu gehen, aber wenn man gerade eingekauft hat und dann nach Hause zurücklaufen muss, scheint der Bus ziemlich praktisch zu sein.“
Ihrer Meinung nach gibt es viele ältere Menschen, die entlang der Buslinie leben und, so wie sie auch, mitfahren möchten. „Vor kurzem hatten wir hier ein von der BVG organisiertes Informationstreffen und es war voll. Das Interesse in der Nachbarschaft ist enorm. Und übrigens denke ich, dass es auch für Touristen Spaß macht….”
Tegel ist mehr als nur ein Flughafen
Viele Niederländer denken vielleicht an den gleichnamigen Flughafen, wenn sie das Wort Tegel hören, aber Alt-Tegel ist eigentlich einer der beliebtesten Orte für Berliner, wenn sie im Sommer dem Trubel der Stadt entfliehen wollen. Besonders bei älteren Menschen sind Bootsfahrten nach Werder, Potsdam und Oranienburg beliebt. Sie können aber auch entlang der Havel spazieren gehen, Tretboot fahren, Minigolf spielen oder in einem der vielen Restaurants einen Happen essen. Ein Tipp für die Niederländer: Der Bus ist kostenlos!
Laut BVG können wir es kaum erwarten, dass der Bus nächstes Jahr fährt. „Es handelt sich um ein Pilotprojekt, das bis Ende dieses Jahres läuft. Dann werden wir sehen, was der nächste Schritt ist.”
Noch viele weitere Fragen
Ihrer Meinung nach gibt es bis dahin noch viel mehr Fragen zu beantworten. Macht es zum Beispiel wirklich Sinn, für diese vergleichsweise kurze Fahrt neben dem regulären öffentlichen Verkehr auch einen vollautomatischen Bus zu haben? Was halten die Anwohner und Nutzer von dem Bus? Gibt es technische Hindernisse, die es zu überwinden gilt?
Werden solche Fragen zufriedenstellend und vollständig beantwortet, so sind die Möglichkeiten für die BVG nicht auf diese Strecke durch Alt-Tegel beschränkt. Viele andere Strecken in Berlin können in Betracht kommen, auf denen der Minibus eingeführt werden könnte. Die Technologie ist bereits sehr gut, sagt die BVG. Der Kleinbus darf nicht sehr schnell fahren, dennoch hält die Batterie 10 Stunden. Und durch den Einsatz der sogenannten „Lidarsensoren” ist die Sicherheit optimal gewährleistet. Alles, was noch zu tun bleibt, ist, die anfänglichen Probleme zu beseitigen.
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