War kontaminationsfreie Luft früher hauptsächlich an Orten wie Operationssälen oder bei Fertigungsprozessen der pharmazeutischen Industrie ein Muss, ist reine Luft seit Beginn der Corona-Pandemie beispielsweise auch für Klassenzimmern oder Restaurants immer mehr zum Thema geworden. Verschiedenste Systeme versuchen, dieses Ziel zu erreichen. Traditionelle Reinraumsysteme haben jedoch einen großen Nachteil: Sie bereiten die Luft kontinuierlich auf, egal, ob es gerade nötig ist, oder nicht. Das hat wiederum einen hohen Energieverbrauch und somit auch hohe Kosten zur Folge.
Um das in Zukunft zu ändern, entwickeln Forscher des Instituts für Allgemeinen Maschinenbau der TH Köln und der WHO Reinraumtechnik nun ein Monitoring-System zur intelligenten Luftqualitätssteuerung. “Die Luftreinheit in geschlossenen Räumen ist nicht nur für den klinischen Bereich und bestimmte Fertigungsprozesse, sondern auch vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie essentiell, um Infektionsrisiken zu minimieren“, sagt Prof. Dr. Denis Anders vom Institut für Allgemeinen Maschinenbau der TH Köln. “Da herkömmliche Systeme bisher aber eher ineffizient arbeiten, ist die Anschaffung vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen sowie kleinere medizinische Einrichtungen unrentabel.“
Selbständige Erkennung von Grenzwerten
Deshalb soll das in dem Forschungsvorhaben entwickelte Steuerungs- und Regelungskonzept sowohl energieeffizienter als auch kostengünstiger arbeiten, indem es die Luft nur dann aufbereitet, wenn es wirklich sein muss. “Herkömmliche Systeme arbeiten ohne Überwachung und tauschen die Luft einfach aus – auch wenn das nicht unbedingt notwendig ist. Wir wollen daher ein automatisiertes System entwickeln, das mit Hilfe von Sensoren verschiedene Parameter wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit, oder Aerosol- und CO2-Konzentration überwachen kann”, erklärt Anders. “Anhand von vorher definierten Grenzwerten soll es eine Überschreitung dieser erkennen und selbstständig Steuerungsmaßnahmen ergreifen – also zum Beispiel über sogenannte Filter-Ventilator-Einheiten trockene Luft in den Raum geben, wenn die Luftfeuchtigkeit zu hoch ist.“
Dazu sollen unter anderem kostengünstigere und optimierte Kondensationskernzähler und Monitore zum Einsatz kommen, die die Partikel in der Luft erfassen. Die nötigen Modifikationen der Hardware werden hierzu von der WHO Reinraumtechnik durchgeführt, während das Institut für Allgemeinen Maschinenbau die Modellbildung, Simulation und Softwareentwicklung übernimmt. Zur Entwicklung dieser Steuerungs- und Regelungstechnik, die die Daten automatisiert auswerten kann und gleichzeitig auch energieeffizienter ist als herkömmliche Systeme, nehme, die Wissenschaftler Prognosemodelle der statistischen Datenanalyse und Methoden der künstlichen Intelligenz zu Hilfe.
Als Erstes wollen sie herausfinden, welche Anforderungen an die Sensorik gestellt werden. “Dazu werden wir zunächst eine Raumcharakteristik erstellen”, so Anders. “Wir prüfen also, wie sich Luftströme im geschlossenen Raum verhalten. Anhand dieser Analyse können wir dann die Sensoren, mit denen die verschiedenen Parameter erfasst werden, optimal im Raum platzieren.”
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie fördert das Forschungsvorhaben “Entwicklung eines innovativen Reinheitsmonitoring-Systems zur aktiven, intelligenten Luftqualitätssteuerung und Energieeinsparung“ im Rahmen des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) über zwei Jahre.
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