© Harald Rupp
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Seit der japanische Wissenschaftler Hideo Kodama im Jahr 1980 die ersten Berichte über das „Rapid Prototyping“ veröffentlicht hat, ist der 3D-Druck selbstverständlich geworden und hat in viele Bereiche des Lebens Einzug gehalten. So nutzen die Formel-1-Teams diese Technik, um Teile für ihre Boliden zu produzieren. In der Prothetik ist sie nicht mehr wegzudenken. Oder auch in der Herstellung von Geräten bis hin zu Auto- und Flugzeugteilen.

Normalerweise kommen beim 3-D-Druck aber nur Materialien zum Einsatz, die beispielsweise durch Erhitzen verflüssigt und nach dem Druck fest werden: Kunststoff, Metall oder Keramik. Flüssige Anteile werden in der Regel im Nachhinein hinzugefügt. Das ist sowohl aufwendig als auch teuer. Chemiker der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) haben nun aber eine Methode entwickelt, mit der Flüssigkeiten direkt während Druckverfahrens in die Materialien integriert werden.

Kombination aus 3-D-und klassischen Druckmethoden

„Die Zukunft liegt in komplexeren Methoden, die mehrere Produktionsschritte vereinen”, sagt Prof. Dr. Wolfgang Binder vom Institut für Chemie der MLU. „Wir haben deswegen nach einer Möglichkeit gesucht, Flüssigkeiten direkt beim Druck in das Material einzubauen.” Dafür nutzen die Wissenschaftler eine Kombination aus gängigen 3-D-Druck-Verfahren und klassischen Druckmethoden, wie sie in Tinten- oder Laserdruckern genutzt werden. Indem sie an der gewünschten Stelle tröpfchenweise Flüssigkeiten hinzufügten, konnten sie diese direkt und gezielt in ein Material integrieren.

Anhand von zwei Beispielen haben die Forscher bereits gezeigt, dass ihr Verfahren funktioniert. Erstens bauten sie einen flüssigen Wirkstoff in ein biologisch abbaubares Material ein. „Wir konnten nachweisen, dass der Wirkstoff durch das Verfahren nicht beeinflusst wurde und aktiv geblieben ist”, so Binder. In der Pharmazie würden solche Materialien als Wirkstoffdepots genutzt, die sich im Körper langsam abbauen. Sie könnten beispielsweise nach Operationen genutzt werden, um Entzündungen zu verhindern. Die Herstellung solcher Materialen könnte mit dem neuen Verfahren erleichtert werden.

Zweitens integrierten die Chemiker eine leuchtende Flüssigkeit in ein Kunststoffmaterial. Treten Schäden wie Risse an dem Material auf, tritt die Flüssigkeit aus und kann so Schäden anzeigen. „Man könnte so etwas in einen kleinen Teil eines Produktes eindrucken, der besonders stark belastet wird”, so Binder. Als Beispiel nennt er stark beanspruchte Stellen von Autos oder Flugzeugteilen, wo Schäden in Kunststoffmaterialien bisher nur schwierig zu erkennen sind. In Metallen lassen sich Mikrorisse dagegen durch Röntgen sichtbar machen. Eine im Kunststoff integrierte Flüssigkeit könnte somit für zusätzliche Sicherheit sorgen.

Kombiverfahren für viele Anwendungsgebiete

Binder sieht das Kombiverfahren auch für viele weitere Anwendungsgebiete und plant mit seinem Team, demnächst Batterieteile mit der Methode zu drucken. „Größere Stückzahlen lassen sich mit unserm Aufbau im Labor nicht herstellen”, stellt Binder klar. Daher müsse das Verfahren für den Industriemaßstab außerhalb der Universität weiterentwickelt werden.

Binder und sein Team haben die Ergebnisse ihrer Studie im Fachmagazin Advanced Materials Technologies veröffentlicht. Unterstützt wurde die Forschung durch das Leistungszentrum „System- und Biotechnologie“, die Deutsche Forschungsgemeinschaft und im Rahmen des „Horizon 2020“-Programms der EU.

Titelbild: Im Inneren des mit der neuen 3-D-Druck-Methode hergestellten Materials (rechts) befindet sich ein Gittergerüst (links), in welches Tropfen einer Flüssigkeit gegeben werden können. Foto: © Harald Rupp