In der Europäischen Klimapolitik versucht man die Entstehung schädlicher Treibhausgase weitgehend zu verhindern. Wo das nicht möglich ist, sind technische Lösungen gefragt. Diese sind unter dem Begriff Carbon Capture and Utilization bekannt und stehen für die Umwandlung von schädlichen Treibhausgasen. Dabei entstehen wertvolle Synthesegase, die man in eine Reihe von nützlichen chemischen und stofflichen Produkten umwandeln kann – wie etwa Plastik oder grünes Kerosin für die Luftfahrt. Wandelt man die Treibhausgase in Methanol um, dann erhält man einen Basisstoff für die chemische Industrie, von dem jährlich hunderte Millionen Tonnen gebraucht werden, erklärt Professor Christoph Rameshan vom Institut für Materialchemie an der TU Wien.
Carbon Capture and Utilization
Carbon Capture and Utilization ist grundsätzlich schon möglich, eine industrielle Anwendung scheitert aber bisweilen noch an den hohen Kosten des Verfahrens. Denn CO2 ist ein extrem stabiles Molekül. Um es umzuwandeln, benötigt es viel Energie und effiziente Katalysatoren. Auf Seiten der Katalysatoren wurden bereits beträchtliche Fortschritte gemacht. Stolperstein ist aber das sogenannte Verklumpen und Verkoken der Katalysatoren. Das heißt, auf diesen Katalysatoren bildet sich rasch eine Schicht aus Kohlenstoff und dadurch verlieren diese rasch ihre Leistungsfähigkeit, so Rameshan.
Ineffiziente Metallkatalysatoren
Herkömmliche Metallkatalysatoren bestehen meist aus einem günstigen Oxid als Trägermaterial – auf welches metallische Nanopartikel aufgebracht werden, wie etwa Nickel (Ni), Cobalt (Co), Kupfer (Cu) oder Edelmetalle. Diese Nanopartikel müssen fein verteilt sein, um unter Reaktionsbedingungen hohe Effizienz zu zeigen – und dabei nicht zu verklumpen oder zu verkoken.
Diese Stabilität ist meist nicht gegeben, weshalb Metallkatalysatoren zum Beispiel dazu neigen, winzige Kohlenstoff-Nanoröhrchen zu produzieren“, erklärt Florian Schrenk, der in Rameshans Team derzeit an seiner Dissertation arbeitet. Und diese Nanoröhrchen lagern sich dann als schwarzer Film an der Oberfläche des Katalysators ab und blockieren ihn.
Je höher die benötigen Temperaturen für einen Prozess sind, desto schneller verlieren die Katalysatoren ihre Effizienz. Für Carbon Capture and Utilization Prozesse benötigt man meist sehr hohe Temperaturen, wodurch diese Probleme meist sehr ausgeprägt sind.
Perowskit Kristalle
Die Forschenden um Rameshan verfolgen einen neuen Ansatz: Sie verwenden Perowskit-Kristalle und unterziehen diese einer speziellen Vorbehandlung, welche die unerwünschte Verkokung verhindert. Perowskite zeichnen sich durch eine hohe Temperaturstabilität aus. Sie werden zum Beispiel auch in Festoxid-Brennstoffzellen mit Betriebstemperaturen von rund 1000 Grad Celsius eingesetzt Das macht sie zu idealen Kandidaten für Carbon Capture and Utilization Prozesse.
Perowskite sind sauerstoffhaltige Kristalle, die man mit verschiedenen Metallatomen ausstatten kann“, sagt Rameshan. „Man kann etwa Nickel oder Kobalt in den Perowskit einfügen – Metalle, die auch bisher schon in der Katalyse verwendet wurden.“ Dieses Dotierungsmaterial lässt sich durch eine Vorbehandlung des Kristalls, zum Beispiel mit Wasserstoff bei 600 Grad Celsius, an die Oberfläche bringen. Dabei bilden sich fein verteilte Nanopartikel aus, die an der Oberfläche verankert sind – und diese Nanopartikel lösen das Problem mit dem Verklumpen der Nanopartikel.
Größe der Nanopartikel entscheidend
Die Forschenden fanden heraus, dass der Erfolg des Experiments maßgeblich mit der Größe der Nanopartikel zusammenhängt: Die gewünschte chemische Reaktion stellte sich bei Nanopartikeln mit einem Durchmesser von 30 bis 50 Nanometern ein.
Gleichzeitig verhindert der Sauerstoff, der im Perowskit enthalten ist, die Ausbildung von Kohlenstoff-Nanoröhrchen – und somit der Verkokung des Katalysators.
„Wir konnten in unseren Experimenten zeigen, dass die exakte Größe der Nanopartikel entscheidend ist, wenn man Kohlenstoff-Ablagerungen vermeiden – und die Gefahr des Verkokens eliminieren will. Ist die Größe der Nanopartikel richtig gewählt, dann bleiben diese stabil und die Struktur des Katalysators verändert sich nicht. Das heißt, er kann dauerhaft genutzt werden.“
Florian Schrenk, Dissertant am Institut für Materialchemie an der TU Wien
Beitrag zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft
Der neuartige Perowskit-Katalysator eignet sich für die Trockenreformierung, ein Verfahren, in dem Methan (CH4) und Kohlenstoffdioxid (CO2) thermochemisch umgesetzt werden.
Methan und CO2 sind die beiden menschgemachten Treibhausgase, die den größten Anteil am Klimawandel haben. Woher diese kommen, sei für die Trockenreformierung unwesentlich. Mögliche Quellen wären zum Beispiel Industrieabgase oder CO2-haltiges Erdgas. Häufig treten sie aber in Verbindung mit biologischen Substanzen auf, wie etwa in Biogasanlagen, so Rameshan und weiter: „Bei der Methan-Trockenreformierung kann man beide Gase gleichzeitig in nützliche Synthesegase umwandeln. Aus Methan und Kohlendioxid entstehen Wasserstoff (H2) und Kohlenstoffmonoxid (CO) – und daraus lassen sich dann relativ einfach andere Kohlenwasserstoffe herstellen, bis hin zu Biotreibstoffen.“
Je nach gewählten Reaktionsparametern kann man die Zusammensetzung des entstehenden Synthesegases beeinflussen. So könnte die Weiterverarbeitung klimaschädlicher Treibhausgase zu wertvollen Produkten ein wichtiger Baustein für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft werden.
Großtechnische Anwendung
Im Moment arbeiten die Forschenden daran, die neuentwickelten Materialien für die großtechnische Anwendung zu skalieren. Dazu müssen diese in eine spezifische Form gebracht werden. Das einfachste sind Pellets, so wie wir sie von der Pelletheizung kennen“, erklärt Professor Rameshan. Er hofft, dass das Projekt in spätestens eineinhalb Jahren so weit gediehen ist, dass Perowskite als kommerzielles Material angeboten werden können. Das würde die Effizienz der Carbon Capture and Utilization Technologien steigern.
Politische Unterstützung gefragt
Ungelöst bleibe das Problem des hohen Energieverbrauchs, der sich nicht vermeiden lasse, so Rameshan. Dieser werde zwar mit zunehmenden Kapazitäten fallen, aber es brauche hier auch regulatorische Schritte von Seiten der Politik. Dabei gehe es darum, die Preise für erneuerbare Energien zu senken und Carbon Capture and Utilization Prozesse zu fördern und konkurrenzfähig zu machen. Dies könne über Abgaben erfolgen, wie zum Beispiel beim Preis von CO2-Zertifikaten. Eine andere Lösung wäre es, CCU-Unternehmen die Möglichkeit zu geben, CO2-Zertifikate zu verkaufen, da sie aktiv zur Einsparung von CO2 beitragen.