Leuchtdioden aus bakterieller Produktion – das klingt wie Fiktion. Aber in vier Jahren soll es soweit sein – dann ist das FET Open-Projekt ENABLED abgeschlossen. Der Vorteil der bakteriell basierten Leuchtdioden: Sie sind nachhaltig und kostengünstig.
Im länderübergreifenden Forschungsprojekt sollen mithilfe von Bakterien völlig neuartige künstlich fluoreszierende Proteine entwickelt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, werden mehrere radikal neue Zukunftstechnologien vereint.
Mit im Team ist Gustav Oberdorfer vom Institut für Biochemie an der TU Graz, der mithilfe von Simulationssoftware Proteine designt.
Wie Proteine designt werden
Proteine bestehen aus aneinandergereihten Aminosäuren, den Aminosäureketten. Diese sind ineinandergefaltet und ergeben so die Struktur des jeweiligen Proteins, die häufig für dessen Funktion ausschlaggebend ist. Aminosäureketten falten sich dabei in die Struktur mit der geringsten freien Energie. Müssten Proteine alle möglichen Kombinationen während ihrer Faltung ausprobieren, würde das länger dauern, als die Zeitspanne, die unser Universum alt ist, erklärt Oberdorfer. Die Struktur der Proteine vorherzusagen oder zu designen, war deshalb lange nicht möglich.
Computer mit hoher Rechenleistung und Algorithmen von Simulationsprogrammen haben die Forschung beschleunigt. Dazu kommt ein Produktionsverfahren für synthetische Proteine, das ähnlich wie der Tintenstrahldruck funktioniert.
Im FET Open-Projekt ENABLED analysiert Oberdorfer fluoreszierende Proteinstrukturen aus der Natur. In Experimenten sollen diese so verändert werden, dass sie unterschiedliche fluoreszierende organische Moleküle binden.
Wie Leuchtdioden funktionieren
Leuchtdioden emittieren kurzwelliges blaues Licht. Dieses wird durch eine Schicht anorganischer Leuchtmaterialien absorbiert und in längerwelligeres und damit energieärmeres Licht umgewandelt. Das gesamte Spektrum ergibt dann das weiße Licht, so wie wir es wahrnehmen.
Die Idee für das Vorhaben hat entwickelte Oberdorfer gemeinsam mit den Kooperationspartnern aus Spanien und Italien. Diese haben unabhängig voneinander am Thema gearbeitet und konnten bereits vielversprechende Erfolge verbuchen. Das FET Open-Projekt ENABLED vereint das Beste aus allen Teilbereichen.
Umweltfreundliche Leichtdioden-Beschichtung
Rubén Costa vom Institut für Höhere Studien (IMDEA) in Madrid suchte eine organische Alternative zu herkömmlichen Beschichtungen von Leuchtdioden. Das Problem: Diese bestehen üblicherweise aus Selten-Erdmineralien. Er entwickelte ein
Gemisch aus organischen Polymeren, in die fluoreszierende Proteine eingebettet werden. Letztere kommen in Meereslebewesen vor und werden von diesen als Lichtquelle für die Jagd, die Kommunikation oder für den Selbstschutz genutzt. Derzeit ist die Leuchtkraft dieser Kunststoffmatrix allerdings noch zu niedrig, um ganze Räume zu erhellen.
Organische Farbstoffe mit guter Lichtausbeute
Claudia Barolo vom Department of Chemistry der Universität Turin beschäftigt sich mit der Synthese organischer Farbstoffe, die eine gute Lichtausbeute haben – und in organischen Leuchtdioden (OLEDs) zur Anwendung kommen. Viele dieser Farbstoffe sind allerdings kostspielig und aufwändig in der Synthese. Weshalb Barolo im FET Open-Projekt nach einem geeigneten und mit minimalem Aufwand herzustellenden Farbstoff sucht. Dieser soll so verändert werden, dass er als künstliche Aminosäure in Proteine eingebaut werden kann.
Künstlich fluoreszierende Proteine
Das FET Open-Projekt ENABLED führt die Erfolge der Einzelgruppen nun zusammen. Mithilfe von Bakterien sollen völlig neuartige künstlich fluoreszierende Proteine entwickelt werden. Hierfür simulieren die Grazer Biochemikerinnen und Biochemiker zunächst tausende von verschiedenen hypothetischen Proteinen, die spezifisch an die synthetischen Farbstoffe binden sollen.
Eine Handvoll dieser Proteine – nämlich jene, die dem Aufbau natürlich fluoreszierender Proteine am nächsten sind – werden anschließend als synthetische DNA-Konstrukte bestellt.
Im nächsten Schritt untersuchen die Gruppen, ob diese Proteine wirklich jene Farbstoffe binden, für die sie designt wurden. Sobald sich das bestätigt, wird die Integration dieser neuen, artifiziellen fluoreszierenden Proteine in die Kunststoffmatrix getestet und auf ihre Verwendbarkeit in Bezug auf biologische Leuchtdioden untersucht.
Leuchtquellen wachsen lassen
„Der Plan ist, dass wir die Proteine schlussendlich aus der Bakterienzelle heraus ernten, wir einen Teil der Leuchtquellen also wachsen lassen“ erklärt Oberdorfer. Er hofft auf einen Proof-of-Principle zum Abschluss des Projekts in vier Jahren.
Die Kooperationspartner:
- CIC biomaGUNE – Centro de Investigación Cooperativa en Biomateriales (Spanien)
- IMDEA Materials Institute (Spanien)
- TU Graz, Institut für Biochemie (Österreich)
- Universidad de Oviedo (Spanien)
- Università degli Studi di Torino (Italien)
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