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Momentan spielen Chemikalien bei der Herstellung von Textilien noch eine große Rolle, während biotechnologische Verfahren, Enzyme und nachwachsende Rohstoffe ziemlich vernachlässigt werden. Insbesondere bei der Ausrüstung von Textilien mit wasser- und ölabweisenden Eigenschaften werden immer noch in erster Linie perfluorierte Chemikalien eingesetzt. Die Nachteile dieser Verfahren liegen auf der Hand: Die Chemikalien sind gesundheitsschädlich, kaum biologisch abbaubar und bleiben so auch lange in der Umwelt.

Am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB forschen Wissenschaftler deshalb schon seit einiger Zeit an nachhaltigen biobasierten Alternativen und haben auch bereits Erfolge erzielt. Ende Januar 2021 haben sie das Projekt HydroFichi (Hydrophobic Finishing with Chitosan) abgeschlossen. Das Ergbenis ist eine Technologie, mit der Fasern mithilfe biotechnologischer Prozesse und Chitosan mit gewünschten Eigenschaften versehen werden können.

Chitosan vielseitig einsetzbar

Chitosan ist ein nachwachsender Rohstoff, der aus Chitin gewonnen wird, dem nach Cellulose zweithäufigsten in der Natur vorkommenden Biopolymer. Quellen sind unter anderem Krabbenschalen aus Fischereiabfällen, Insektenhäute und -panzer, die beispielsweise bei der Herstellung von Tierfutter anfallen, oder auch die Zellwände von Pilzen. Chitin ist nicht wasserlöslich und löst sich auch in den meisten organischen Lösemitteln nicht auf. Chitosan ist ebenfalls schwer löslich, es kann aber durch die Zugabe milder Säuren in Wasser gelöst und damit in der Textilverarbeitung eingesetzt werden.

Bei der Isolierung aus Chitin können die Eigenschaften von Chitosan durch die Wahl der jeweiligen Konditionen individuell angepasst werden. Dadurch kann es dann beispielsweise als Flockungshilfsmittel in der Abwasserbehandlung, als Wirkstoffträger in der Medizin oder auch in der Textilindustrie genutzt werden. Bei Versuchen der Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf (DITF) zeigte sich die Wirksamkeit bereits in einer wesentlich geringeren Rauigkeit der Garne nach dem Weben zu textilem Gewebe. Die erzielten Werte mit Chitosan aus Insekten seien vergleichbar mit denen aus kommerziellen Krabbenschalen, erklären die Forscher. Diese Tatsache ermögliche zukünftig ganz neue Möglichkeiten der Gewinnung im Sinne der Bioökonomie.

Chitosan anstatt fossiler Chemikalien

“Unser Anliegen im Projekt HydroFichi war es, der Textilindustrie einen Rohstoff für verschiedenste Anwendungen zur Verfügung zu stellen, der einerseits aus nachwachsenden Edukten gewonnen werden kann, aber auch Chemikalien vermeidet, die die Umwelt und Gesundheit schädigen”, erklärt Projektleiter Dr. Achim Weber, stellvertretender Leiter des Innovationsfelds Funktionale Oberflächen und Materialien am IGB. “Neben einer einfachen Beschichtung mit Chitosan, bei der die Fasern geschützt werden, konnten wir die Substanz auch als Ankermolekül nutzen, um Vernetzungspunkte für verschiedenste funktionelle Gruppen zu schaffen und damit Textilien ganz gezielt mit bestimmten Eigenschaften zu versehen, zum Beispiel wasserabweisend zu machen. Chitosan kann also gleichzeitig als Matrixmaterial oder Templat fungieren – und dies bei den unterschiedlichsten Fasermaterialien.”

Als nächster Schritt soll die am IGB entwickelte Technologie vom Labormaßstab auf den wesentlich größeren Pilotmaßstab übertragen werden. Ziel sei, das nachhaltige Biomolekül möglichst schnell in die Marktreife überführen zu können, beispielsweise für den Einsatz im Sport- und Outdoorbereich.

Das Projekt “HydroFichi” und das Folgeprojekt “ExpandChi” wurden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Titelbild: Kontaktwinkelmessungen eines mit modifiziertem Chitosan hydrophobierten Textils bestätigen eine hervorragende Wasserabweisung. © Fraunhofer IGBW

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