Schrödingers Katze ist ein Begriff aus der Quantenphysik. Sie ist Synonym für den Zustand von Atomen, der in der Entwicklung von Quantentechnologien genutzt wird. Jetzt entdeckte ein Forscherteam eine neue Art von Quantenzuständen. Es sind multidimensionale Hyperwürfel, die für hochsensible Quantensensoren nutzbar sind.
Besonders deutlich zeigen sich die Unterschiede zwischen der Quantenphysik und der klassischen Physik im mikroskopisch Kleinen – zum Beispiel beim Aufbau von Atomen und Molekülen. Atome folgen eigenen Gesetzen und lassen sich nicht mit den Regeln der klassischen Physik beschreiben.
Schrödingers Katze ist ein Gedankenexperiment, das der Wissenschaftstheoretiker und Begründer der Quantenmechanik, Erwin Schrödinger, 1935 formulierte. Dabei geht es um Zustände von sehr kleinen Teilchen, die zwei Zustände besitzen, sogenannte Superpositionen. Die beiden Zustände sind komplementär und überlagern sich. Erst eine Beobachtung beziehungsweise Messung lässt das Teilchen einen bestimmten Zustand einnehmen. Die Beobachtung stellt eine Wechselwirkung dar, die das Teilchen mit der Umwelt eingehen muss, damit wir Information über dieses erhalten. Solange wir das Teilchen nicht beobachten, können wir nicht sagen, in welchem Zustand es sich befindet.
Quantenzustand: Superposition
Schrödinger beschreibt das Teilchen als Katze, die sich in einer geschlossenen Kiste mit einer Giftampulle befindet. Gelingt es der Katze, die Giftampulle zu öffnen, stirbt sie, gelingt ihr dies nicht, bleibt sie am Leben. So lange die Katze nicht beobachtet wird, ist sie gleichzeitig tot und lebendig. Um ihren Zustand zu erkennen, muss die Kiste geöffnet werden.
Baustein der Quantentechnologie
Schrödinger schuf mit seiner Katze einen wichtigen Baustein für moderne Quantentechnologien. Seit 2001 ist sie allerdings nicht mehr allein. Damals wurde mit dem sogenannten Kompasszustand eine weitere Superposition entdeckt. Diese besteht nicht aus zwei, sondern aus vier klassischen Zuständen, die wie die Hauptrichtungen eines Kompasses angeordnet sind.
Forscher weltweit arbeiten daran, diese Bausteine in Quantensystemen wie einzelnen Atomen oder Lichtteilchen nachzubilden. So auch ein internationales Team von Physikern aus Österreich, Australien und dem Vereinigten Königreich, das die Entwicklung von Quantensensoren anstrebt.
Grenzen der Genauigkeit
Quantensensoren haben das Potenzial viel genauer zu messen als vergleichbare klassische Sensoren. Es sind quantenmechanische Effekte, die zu einer unüberwindbaren Grenze der Genauigkeit führen, erklärt der Projektleiter Martin Ringbauer vom Institut für Experimentalphysik an der Universität Innsbruck. Versucht man jedoch die Abstände zwischen den Messeinheiten kleiner und kleiner zu machen, stößt man früher oder später an eine quantenmechanische Grenze – das Heisenbergsche Unschärfeprinzip“, erläutert Ringbauer.
Das Heisenbergsche Unschärfeprinzip besagt, dass zwei Eigenschaften eines Quantenobjekts sich nicht gleichzeitig genau bestimmen lassen.
Quantensensoren hingegen umgehen die Grenze der Genauigkeit durch die Verwendung von quantenmechanischen Eigenschaften wie Superposition und Verschränkung.
„Bringt man ein Quantensystem in solch eine Superposition von zwei klassischen Zuständen, so bilden sich sensible Interferenzphänomene, welche man für Quantentechnologie nutzen kann.“ Martin Ringbauer
Der Forscher veranschaulicht das System mit der Überlagerung von Wasserwellen, die entstehen, wenn man zwei Steine gleichzeitig ins Wasser wirft.
Multidimensionale Hyperwürfel
Bei ihren Experimenten entdeckten die Forschenden eine neue Art von Superposition, deren klassische Bausteine die Ecken von multidimensionalen Hyperwürfeln darstellen. Die Forscher arbeiteten mit winzigen Membranen, um Zustände für neuartige Quantensensoren zu entwickeln, als sie fast zufällig darauf stießen.
Die Quanten-Hyperwürfel-Zustände scheinen besonders vielversprechend für die Konstruktion neuartiger Quantensensoren. Sie können die Grenze der Genauigkeit umgehen, in dem sie sich die Quanteninterferenz zu Nutze machen. „Am Beispiel der Steine im Wasser sieht man, dass selbst große Steine in der Überlagerung der Wellen zu feinen Mustern führen. Diese können durchaus deutlich kleiner sein als die Steine, die sie auslösen, erklärt Ringbauer. Ähnlich sei es bei Quantenzuständen. Die Zustände an den Ecken der multidimensionalen Hyperwürfel haben zwar eine Mindestgröße, aber dennoch werden die Interferenzmuster mit der Dimension des Hyperwürfels immer feiner.
Bild oben: Hyperkubische Zustände bestehen aus mehreren Quantensuperpositionen, die die Ecken von multidimensionalen Würfeln abbilden.
Optische Quantensensoren
Aktuell befinden sich Quantensensoren noch im Entwicklungsstadium. Aber schon jetzt zeichnen sich vielversprechende Anwendungen ab. So erreichen zum Beispiel optische Quantensensoren eine höhere Genauigkeit mit weniger Licht. Dies ist besonders wichtig bei Untersuchungen von biologischen Systemen, wie etwa lebenden Zellen, welche extrem vorsichtig behandelt werden müssen, so Ringbauer. Ein mögliches Einsatzgebiet sind zum Beispiel medizinische Methoden wie Magnetresonanztomographien und Ultraschalluntersuchungen.
Das Projekt wurde unter anderem vom Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) und der Europäischen Union unterstützt. Der Artikel erschien im Fachmagazin Physical Review Letters.
Publikation:
Quantum Hypercube States. L. A. Howard, T. J. Weinhold, F. Shahandeh, J. Combes, M. R. Vanner, A. G. White, and M. Ringbauer. Phys. Rev. Lett. 123, 020402
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