In Österreich beträgt der durchschnittliche Trinkwasserverbrauch 140 Liter pro Person und Tag. Das Trinkwasser ist von hoher Qualität. Trotzdem verwendet man es für Bereiche, für die man auch Regenwasser verwenden könnte. Ein ressourcenschonender Umgang mit Trinkwasser wäre aus ökologischen und wirtschaftlichen Gründen angebracht – vor allem im Hinblick auf die globale Erwärmung. Insbesondere sind es extreme Wetterereignisse, welche die Trinkwasserqualität und -versorgung gefährden. Denn langanhaltende Trockenheit führt zu trockenen Böden. Wenn der Regen endlich einsetzt, dann bilden die trockenen Böden eine Barriere – und die Versickerung des Regenwassers ist nicht mehr möglich. Wenn diese Situation eintritt, dann fließen große Wassermassen mehr oder weniger vollständig oberirdisch ab.
Versiegelte Böden
In stark besiedelten Gebieten sind es zusätzlich versiegelte Böden, welche die Versickerung des Regenwassers verhindern. Deshalb muss das Regenwasser aufwändig über die Kanalisation abgeleitet werden. Dieses wird dadurch erheblich belastet und das führt dazu, dass Niederschlagsspitzen nicht mehr abgefangen werden können und die Überflutungsgefahr steigt. Regenwasser soll jedoch dort genutzt werden und/oder in den Boden eingehen, wo es natürlich anfällt – um den natürlichen Wasserkreislauf zu erhalten. Ist das nicht der Fall, dann ist die Qualität von Grund- und Oberflächengewässern gefährdet – und damit auch die Qualität von Trinkwasser!
Private und öffentliche Nutzung von Regenwasser
Das sind ökologische und wirtschaftliche Gefahren, die durch die private und öffentliche Nutzung von Regenwasser reduziert werden könnten. Darauf verweist die österreichische Interessensgemeinschaft Ressource Wasser in Wels/Oberösterreich in ihren Zielsetzungen. Mitglieder sind Experten aus der einschlägigen Industrie, die für eine möglichst flächendeckende Regenwassernutzung sowie Versickerung von Regenwasser plädieren. Denn diese habe einen hohen volkswirtschaftlichen Nutzen und sei dann zu gewährleisten, wenn der Staat die Investitionskosten fördere.
Studien haben gezeigt, dass eine flächendeckende Nutzung von Regenwassernutzungsanlagen bedeutende Nebeneffekte hat – wie das Rückhaltepotenzial bei kurzfristigen starken Regenfällen, das Kanäle und Kläranlagen wirksam entlasten kann.
Außerdem wird Regenwasser durch die Nutzung in den natürlichen Kreislauf von Verdunstung, Regen und Versickerung integriert. Dadurch trägt die Regenwassernutzung wesentlich dazu bei, Wasserabflüsse aus Siedlungsgebieten nachhaltig zu reduzieren.
Stand der Technik
Moderne Regenwassernutzanlagen arbeiten vollautomatisch. Basierend auf Filter, Regenwasserpumpstation mit integrierter Trinkwassernachspeisung und Steuerung, liefern sie eine sehr gute Wasserqualität und benötigen einen geringen Wartungsaufwand. Die meisten Anlagenkomponenten müssen nur einmal jährlich kontrolliert beziehungsweise gewartet werden.
Je nach Tankgröße kann sich vor allem in der kalten Jahreszeit rasch ein erheblicher Vorrat an Regenwasser ansammeln, der über Tage und Wochen reicht. Durch vorrausschauendes Planen und den gezielten Einsatz können Betreiber von Regenwassernutzungsanlagen das gespeicherte Regenwasser deutlich länger nutzen. Das mache es relativ einfach, einen Teil des Wasserbedarfs mit Regenwasser abzudecken. State-of-the-art Technologien könnten den Verbrauch von Trinkwasser um bis zu 50 Prozent senken, so die IGRW auf ihrer Website.
Funktion von Regenwassernutzungsanlagen
Bei Regenwassernutzungsanlagen wird das Niederschlagswasser über die Dachfläche des Hauses aufgefangen und gelangt über Fallrohre und einen mechanischen Grobfilter in die Zisterne. Um eine lichtgeschützte und kühle Umgebung sicherzustellen, werden die Zisternen vorzugsweise außerhalb von Gebäuden im Erdreich vergraben.
Die Zisterne verfügt über einen Überlauf, der mit einem Siphon ausgestattet ist.
Über eine schwimmende Entnahme wird das Wasser mittels einer verbrauchsabhängig gesteuerten Regenwasserkompaktpumpstation oder Regenwasserpumpe zum Ort des Verbrauchs befördert. Die Saugleitung wird stetig steigend zur Regenwasserpumpe und in frostsicherer Tiefe verlegt.
Sollte einmal zu wenig Wasser in der Zisterne vorhanden sein, wird automatisch Trinkwasser in die Kompaktpumpstation oder in die Zisterne nachgespeist. Dadurch kann der Betrieb der angeschlossenen Wasserverbraucher sichergestellt werden. Als Stand der Technik gelten Kombinationen von Regenwasserpumpen und Trinkwassernachspeisungen – sogenannte Regenwasserkompaktpumpstationen mit Systemsteuerung.
Wichtig ist jedoch, dass die Leitungen von Trinkwasser und Regenwasser nicht direkt miteinander verbunden werden. Getrennte Leitungssysteme sind verpflichtend. Zusätzlich müssen Regenwasserentnahmestellen mit dem Hinweis Kein Trinkwasser gekennzeichnet werden.
Kaum Bürokratie
Der Bau und der Betrieb von Regenwassernutzungsanlagen kann in Österreich nicht untersagt werden. Eine Baugenehmigung ist in den meisten Fällen nicht erforderlich, jedoch ist die Errichtung einer Anlage dem örtlichen Abwasserentsorger beziehungsweise Wasserversorger oder Gemeinde mitzuteilen. Wichtig ist jedoch, dass die einschlägigen Vorschriften eingehalten werden. Auch muss die Einleitung von genutztem Regenwasser in das öffentliche Abwassernetz dem Abwasserentsorger angezeigt werden!
Zu beachten ist allerdings die Art der Dachdeckung. Zwar sind prinzipiell alle Dachdeckungen für die Nutzung von Regenwasser geeignet, aber der Einsatzzweck kann eingeschränkt sein. So kann sich das Wasser bei Bitumendächern und begrünten Dächern gelblich verfärben und sollte folglich nicht zum Wäsche waschen verwendet werden. Dächer aus Asbestzement und Metall eignen sich nur für die WC-Spülung. Bei allen anderen Dächern gibt es keine Einschränkung in der Nutzung für die Bereiche Gartenbewässerung, Toilettenspülung und Wäsche waschen. Weitere Beispiele für eine mögliche Verwendung sind die Reinigung von Terrassen und Gartenmöbeln sowie die Befüllung von Aquarien und Gartenteichen.
Die unabhängige Qualitätsplattform Interessensgemeinschaft Ressource Wasser ist eine gemeinsame Initiative führender Anbieter von Kunststoff- und Betontanks zur Speicherung von Regenwasser in Österreich. Die Gemeinschaft bezieht sich auf das Sustainable Development Goal 6 (SDG 6) der Vereinten Nationen, das darauf abzielt, die Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser für alle bis 2030 sicherzustellen. Ziel der IGRW ist es, den Wert des Wassers im Bewusstsein der Bevölkerung stärker zu verankern. Gleichzeitig richten sich die Experten aber auch an die Politik. Sie fordern, von der zunehmenden Flächenversiegelung abzugehen und Versickerung wieder verstärkt zu ermöglichen. Nur so kann Regenwasser wieder in den natürlichen Wasserkreislauf zurückgeführt werden. Auch gebe es noch einen gewissen Bedarf an Forschung, um für alle Bereiche adäquate Lösungen zu finden.