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Solarzellen absorbieren Sonnenlicht und wandeln aufgenommene Strahlungsenergie in elektrische Energie um. Aktuelle Silizium-Solarzellen können jedoch nur die Energie eines einzigen Energiebereichs des Lichts absorbieren. Die gesamte Energie anderer Wellenlängen geht ungenutzt verloren. Aus diesem Grund bauen Wissenschaftler im Rahmen des EU-finanzierten Projekts PERTPV nun einen neuen Solarzellentyp auf Perowskitbasis. So sollen leistungsfähigere, nachhaltigere Solarmodule mit höherem Wirkungsgrad entstehen. “Zum Nutzen des Menschen wie auch des Planeten”, heißt es in Brüssel.

Noch wird Silizium am häufigsten für Solarzellen verwendet, andere Materialien könnten jedoch potenziell höhere Wirkungsgrade erzielen und außerdem vielseitiger angewendet werden. Nicht zuletzt könnte, je nach Material, auch das Preis-Leistungs-Verhältnis verbessert werden. Ein solches Material ist beispielsweise Perowskit. Dieses Mineral weist die gleiche Kristallstruktur auf wie Kalziumtitanat.

“Beim Einsatz der Perowskite als Absorbermaterial hat sich herausgestellt, dass mit ihnen hocheffiziente Zellen hergestellt werden können, die nahezu den Wirkungsgrad traditioneller Siliziumzellen erreichen“, erklärt Henry Snaith, Professor an der Universität Oxford. Ein Vorteil von Perowskitzellen gegenüber Siliziumzellen ist, dass sie in großem Maßstab hergestellt werden können. Laut Snaith haben sie aber auch einen höheren Wirkungsgrad als herkömmliche Siliziumzellen.

Gestapelte für Spannung und höheren Wirkungsgrad

“Es ist möglich, die Perowskitzusammensetzung zu verändern, um verschiedene Energiebänder des Lichts zu absorbieren“, erläutert Snaith die Vielseitigkeit der Perowskitzellen. “Das bedeutet, dass, anstelle das gesamte Licht von einem einzigen Material absorbieren zu lassen, wie es bei Silizium der Fall ist, zwei oder mehr Zellen übereinander gestapelt und somit verschiedene Wellenlängenbereiche des Sonnenlichts absorbiert werden können.“

Das sei wichtig, da die verschiedenen Energiebänder des Sonnenlichts grundsätzlich verschiedene Energieniveaus enthielten, erklärt Snaith. “Eine Solarzelle kann nur so viel Spannung erzeugen, wie der Wellenlängenbereich des Lichts hergibt, den sie absorbieren kann“, sagt er. “Durch Stapeln der Zellen kann der Bandbereich vergrößert und somit sowohl die Spannung als auch der Wirkungsgrad erhöht werden.“

Während eine Ausgründung der Universität Oxford, Oxford PV, zurzeit daran arbeitet, Perowskite auf Silizium zu stapeln und nächstes Jahr ein kommerzielles Produkt auf den Markt bringen will, geht PERTPV einen Schritt weiter. Hier werden ausschließlich Perowskitzellen aufeinandergestapelt. “Unser oberstes Ziel ist, sowohl bei Perowskitzellen mit breiter als auch mit schmaler Bandlücke hohe Wirkungsgrade zu realisieren“, so Snaith. “Auf diese Weise werden wir Tandemzellen mit einem Wirkungsgrad von 30 % liefern können, bei denen Perowskit auf Perowskit gestapelt ist.“

Vielversprechende Ergebnisse

Schon jetzt haben die Wissenschaftler große Fortschritte erzielt. Das Perowskit mit breiter Bandlücke besteht aus einer Mischung aus Zinn und Blei und liegt auf der Oberseite des Stapels, auf dem das Sonnenlicht zuerst auftrifft. Dieses Material liege nur knapp unter dem angestrebten Wirkungsgrad, freuen sich die Forscher. Außerdem sei die Stabilität relativ gut.

Eine echte Herausforderung sieht Snaith jedoch im Wirkungsgrad des Perowskits mit geringer Bandlücke. “Dort liegt der Wirkungsgrad immer noch bei nur 18 bis 19 % und wir müssen ihn unbedingt auf 23 % bringen, um die Tandemzelle mit 30 % Wirkungsgrad verwirklichen zu können“, erklärt er. “Mit den von uns realisierten Wirkungsgraden sollten wir durchaus in der Lage sein, eine Zelle mit 25 % Wirkungsgrad vorzulegen, aber wir müssen diese Zahl noch etwas erhöhen.“

Ergebnis: “Hocheffiziente Tandem-Perowskit-Zelle”

Für das Projektteam steht neben der Entwicklung der Technologie an sich eine weitere Frage im Mittelpunkt: Wie können die Tandem-Perowskit-Zellen am besten hergestellt werden? “Im Prinzip sind alle Teile vorhanden, wir müssen sie nur noch zusammensetzen und ausliefern“, so Snaith. „Ich bin zuversichtlich, dass wir bis zum Ende des Projekts eine hocheffiziente Tandem-Perowskit-Zelle vorweisen können.“

Zeitpläne vorherzusagen, sei “extrem schwierig”, betont Snaith. Er könne sich aber vorstellen könne, dass Perowskit-Mehrfachsolarzellen schon innerhalb der nächsten fünf Jahre als Alternative zu den Silizium-Solarzellen eingesetzt werden könnten. “In der Entwicklung der Perowskitzellen liegt die Chance, eine bereits nachhaltige Industrie noch zu verbessern. Deshalb ist die Finanzierung von Forschungsvorhaben wie dem Projekt PERTPV so überaus wichtig.“

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