About Legitary GmbH
- Founders: Dr. Peter Filzmoser (VP Technology), DIin Nermina Mumic B. Sc. (CEO), Günter Loibl (VP Business Development)
- Founded in: 2019
- Employees: 8
- Money raised: Förderungen von Austria Wirtschaftsservice (AWS), Wirtschaftsagentur Wien, Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG); Umsätze: k.A.
- Ultimate goal: Faire Vergütung im Musikstreaming
Spätestens mit Musik-Abo-Diensten wie Spotify hat sich Musik Streaming zu einem der wichtigsten Vertriebskanäle in der Musikindustrie entwickelt. Der Markt wächst und mit ihm auch die Datenmengen. Nebeneffekt ist, dass die Abrechnungen mit den Inhabern der Musikrechte für Auditunternehmen kaum noch zu bewältigen sind. Das Start-up Legitary, eine Ausgründung der TU Wien, hat eine Lösung für das Problem. Ideengebend war Musikexperte Günter Loibl, der schon seit 30 Jahren in der Musikindustrie ist. Er konnte den Statistikexperten Dr. Peter Filzmoser von der TU-Wien für seine Idee begeistern und dieser seine Doktorandin Nermina Mumic. Die technische Mathematikerin lieferte gleich mit dem ersten Paper ihres Doktorats die Basis für das Start-up. Mittlerweile ist sie CEO.
In dieser Folge der Serie Start-up-of-the-Day spricht Nermina über ihre Innovation und die Herausforderungen des Gründens:
Was motiviert euch?
Wir wollen mehr Transparenz und Fairness ins Musik Streaming bringen. Mit Legitary können wir Künstlerinnen und Rechteinhabern Tools in die Hand geben, mit denen sie a) den Wert ihrer Musikrechte ermitteln können und b) sehr einfach und effizient überprüfen können, ob richtig abgerechnet wurde.
Was macht die Abrechnung von Musik Streaming so schwierig?
Tagtäglich werden auf Plattformen wie YouTube, Spotify und Apple Milliarden von Streams gespielt. Spezifisch für den Markt ist eine sehr lange Abrechnungskette: Die Musikplattformen berichten an den Vertrieb, der Vertrieb an das Label, das Label an das Management, das Management an den Künstler. An jeder dieser Schnittstellen kann es ganz einfach technisch – noch gar nicht mutwillig – zu Problemen in der Datenverarbeitung kommen. Daher hat jeder in dieser Abrechnungskette ein Interesse daran zu überprüfen, ob die vorangegangene Instanz richtig abgerechnet hat. Aber bisher mussten sie einfach nur vertrauen. Besonders betroffen von dieser Problematik waren die Rechteinhaber, die im Unklaren sind, ob sie alle Tantiemen bekommen, die ihnen zustehen und zu welchen Preisen sie ihre Musikrechte handeln können.
Wie löst ihr dieses Problem?
Wir haben einen Automatismus entwickelt, der die Milliarden von Streams der unterschiedlichen Streamingdienste scannt und so eine transparente Abrechnung ermöglicht. Wobei eine unserer größten Stärken in der Einschätzung der Werte von Musikrechten liegt. Dazu normalisieren wir die Datenmengen, indem wir sie von Ereignissen bereinigen, die sich wahrscheinlich nicht wiederholen werden – sogenannte Anomalien.
Unter Anomalien verstehen wir zum Beispiel einen viral gegangenen Hit, fehlende Abrechnungen oder aber Ausreißer, die auf bestimmte Events zurückzuführen sind. Es könnte sich aber auch um einen Hinweis auf eine betrügerische Musik Streaming Aktivität handeln. Dahinter stecken Streaming-Farmen, die mit Bots rund um die Uhr bestimmte Tracks streamen.
Dazu muss man auch das Geschäftsmodell der Streamingdienste verstehen. Diese haben einen Topf an Einnahmen, der zum Beispiel mit Werbe- oder Abo-Einnahmen gefüllt ist. Der Inhalt wird dann aliquot auf alle Musik Streams aufgeteilt. Das heißt, je mehr gestreamt wurde, desto höher fällt die Abrechnung aus. Deshalb gibt es immer wieder Versuche, die Anzahl der Streams durch diese Bots in die Höhe zu treiben.
Um die eben genannten Anomalien auszuschließen, normalisieren wir die Datenmengen und erhalten dadurch eine Datenbasis, die eine robuste Schätzung zukünftiger Umsätze ermöglicht – und somit den aktuellen Wert der Musikrechte. Das ermöglicht den Rechteinhabern eine angemessene wirtschaftliche Verwertung.
Wer sind ihre potenziellen Kunden – und wie können Sie die Technologie nutzen?
Aktuell arbeiten wir hauptsächlich Business-to-Business. Sprich unsere Kundinnen sind Musiklabels, Vertriebe, Verwertungsgesellschaften, Verlage und Auditfirmen. Sie bekommen eine App, mit der sie die Analysen sehen können. Sie können aber auch zu einem Software-as-a-Service-Modell übergehen und von uns kontinuierlich Analysen zu den Abrechnungen erhalten.
Unter anderem bieten wir einen Health Check an, der sehr rasch Problemfelder im Katalog zeigt. Man kann etwa sehen, in welchen Regionen und bei welchen Streamingdiensten und Titeln es Abweichungen gibt. Dadurch können unsere Kunden schon einmal einschätzen, ob die Abweichungen in einer Bandbreite sind, die vernachlässigbar ist oder nicht.
Was war das größte Hindernis, das ihr überwinden musstet?
Im Start-up-Bereich gibt es viele potenzielle Hindernisse. Aber eine Herausforderung, die viele Start-ups beschäftigt, ist es, den richtigen Product/Market-Fit zu finden. Herauszufinden, wo man den größten Wert für seine Zielgruppe stiften kann. Dazu bedarf es vieler Feedback-Schleifen und einer entsprechenden Produktausrichtung.
Wir waren gefordert, zu verstehen, wo die Probleme in der Datenverarbeitung liegen und wo wir den größten Hebel für unsere Kunden und Kundinnen setzen können.
Was waren die bisher schönsten Momente?
Es ist schön, das Feedback glücklicher Kundinnen und Kunden zu bekommen. Wenn sie erleben, wieviel Effizienz sie in ihrer täglichen Arbeit tatsächlich dazugewinnen, wieviel Information die Analysen liefern und wie das dann tatsächlich ihre Arbeit erleichtert.
Wie hat sich die Finanzierung gestaltet?
Bis jetzt haben wir uns über Förderungen und Umsätze finanziert. Wir haben aber eine sehr große Nachfrage und sehen daher auch den Bedarf zu wachsen. Deshalb wird das Thema zunehmend relevant.
Wo möchtet ihr mit eurem Unternehmen in fünf Jahren sein?
Wir wollen neue Standards im Musik Streaming schaffen. Standards für transparente Abrechnungen und faire datengetriebene Bewertungen von Musikrechten.
Was macht eure Innovation besser/anders als existierende Dinge?
Bis jetzt hat ein Auditor für die Abrechnung eines Albums bis zu 300 Stunden gebraucht, das sind 7 ½ Wochen. Uns gelingt das innerhalb von ein paar Minuten. Also bringen wir sehr viel Effizienz in den Prozess hinein.
Im Hinblick auf den Wettbewerb ist unser Zugang viel breiter. Es gibt zum Beispiel bereits Software, die auf das Auffinden von Fake Plays ausgerichtet ist. Wir suchen hingegen ganz allgemein nach Anomalien im Musik Streaming und bieten zusätzlich noch die Möglichkeit der Bewertung an.
Weiters heben wir uns auch von bestehender Software zur Bewertung der Musikrechte ab, indem wir die Historie bereinigen und Anomalien herausrechnen. Dadurch kommen wir zu viel robusteren Schätzungen.
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