Man würde es nicht erwarten aber es gibt kein anderes europäisches Land, in dem Elektrobusse für den öffentlichen Verkehr so beliebt sind wie in Polen. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass Polen selbst ein großer Hersteller von Elektrobussen ist. Schätzungen zufolge wird etwa ein Drittel aller Elektrobusse in Europa in Polen hergestellt.
Die Führungsposition nimmt hierbei der Bus- und Straßenbahnhersteller Solaris ein. In diesem Jahr bedeutet das einen Marktanteil von rund 20% in ganz Europa. Volvo, Scania, MAN und Rafako E-Bus produzieren ebenfalls Elektrobusse in Polen.
Innovation Origins führte ein Interview mit dem Leiter der E-Mobilitätsentwicklung bei Solaris, Mateusz Figaszewski:
Solaris ist einer der größten europäischen Hersteller von Elektrobussen. Wie viele dieser Busse sind für den lokalen polnischen Markt?
Die Zahl der Elektrofahrzeuge, die Solaris an polnische Kunden liefert, ändert sich von Jahr zu Jahr. Insgesamt hat unser Unternehmen über 360 Batteriefahrzeuge an Kunden in 18 europäischen Ländern geliefert, inklusive 119 in Polen.
Darüber hinaus haben wir mehr als 500 Bestellungen für unsere elektrischen Urbino-Busse, von denen 194 in den Jahren 2019 und 2020 an lokale polnische Kunden ausgeliefert werden.
Welche polnischen Städte setzen Ihre E-Busse ein und wie viele Elektrobusse gibt es in Polen?
Die Städte in Polen, in denen unsere Batteriefahrzeuge zu finden sind, sind: Inowrocław, Jaworzno, Krakau, Ostrołęka, Warszawa, Ostrów Wielkopolski, Września, Chodzież, Katowice, Sosnowiec, Stalowa Wola, Ciechanów, Rzeszów, Ostróda, Bełchatów, Łomianki. Andere Städte, die Fahrzeuge bestellt haben, sind: Kutno, Miechów, Poznań, Radom, Tychy und Włocławek.
Der E-Bus-Markt in Polen besteht derzeit aus 155 Fahrzeugen, 119 davon wurden von Solaris hergestellt. Weitere 254 Einheiten sind bestellt, 194 davon von Solaris.
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Was können wir in den nächsten Jahren bei der Elektrifizierung des öffentlichen Verkehrs erwarten?
Das Ziel der Europäischen Kommission ist, die Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 bis heute und bis 2050 um mindestens 60% zu senken. Eine der Möglichkeiten, das zu erreichen, besteht darin, den europäischen Verkehrssektor, einschließlich des städtischen öffentlichen Nahverkehrs, zu verändern und zu elektrifizieren.
Im Hinblick auf dieses Ziel haben 50 europäische Städte bereits die „Clean Bus Deployment Initiative” unterzeichnet – eine Absichtserklärung zur Förderung des groß angelegten Einsatzes sauberer, alternativ angetriebener Busse. Viele dieser europäischen Städte haben sich für Elektrobusse entschieden.
Die europäische Flotte an Elektrobussen hat sich in den letzten 5 Jahren bereits fast verfünffacht. Dennoch sind wir überzeugt, dass wir das Auftragsvolumen weiter steigern werden. Nach Schätzungen des ZeEUS-Programms der UITP werden im Jahr 2020 22% aller Bus-Neuzulassungen elektrisch sein und diese Zahl wird bis 2030 weiter auf 45% steigen.
Der Rest der Busflotte wird zumindest teilweise elektrisch angetrieben oder beispielsweise auf Wasserstoffbasis betrieben.
Wie wichtig sind europäische Subventionen für den Übergang zu umweltfreundlichen Bussen?
Europäische und lokale Subventionen der europäischen Mitgliedstaaten sind entscheidend, damit die Geschwindigkeit des Marktwachstums aufrechterhalten werden kann. Ohne sie könnten viele Kunden Schwierigkeiten haben, die Budgets für eine Anschaffung von emissionsfreien Fahrzeugen zu sichern. Das ist heutzutage besonders wichtig, da die Technologie noch relativ neu ist.
Wenn es uns gelingt, einen Skaleneffekt bei höheren Auftragsvolumina zu erzielen, werden auch die Preise für einzelne Kunden immer günstiger.
Allerdings muss ich auch sagen, dass wir als Lieferant auch ein wachsendes Interesse an Elektrofahrzeugen von privaten Verkehrsunternehmen sehen, die nicht staatlich gefördert werden. Der Betrieb mit Strom ist billiger als Diesel.
Wie hoch ist der Marktanteil von Solaris auf dem europäischen Markt für Elektrobusse?
Der Marktanteil von Solaris lag 2018 bei 17%. Damit belegte unser Unternehmen den zweiten Platz in Europa, einschließlich Großbritannien. Betrachtet man jedoch nur das europäische Festland, dann sind wir im vergangenen Jahr Marktführer geworden.
Da 2019 noch nicht zu Ende ist, können wir keine genaue Zahl nennen. Wir haben jedoch in diesem Jahr über 20 % der Aufträge für Elektrobusse in Europa bekommen.
Ein Problem in Polen ist, dass Elektrobusse Strom benötigen und dieser Strom immer noch größtenteils aus (schmutziger) Kohle stammt. Wann wird sich das deiner Meinung nach ändern?
Zunächst einmal ist das eine Frage, die an die politischen Entscheidungsträger gerichtet werden sollte. Aber soweit wir sehen können, sind sich alle politischen Parteien in Polen, einschließlich der führenden Partei bewusst, dass verschiedene Industriezweige, einschließlich des Energiesektors, entkarbonisiert werden müssen.
Das Tempo, in dem das geschehen wird, ist jedoch sehr schwer abzuschätzen. Als führender Hersteller eines ökologischen öffentlichen Verkehrsmittels im Land unterstützen wir ausdrücklich alle Aktivitäten, die auf den Übergang zu wiederverwendbaren Energiequellen abzielen und unseren Energiesektor effizienter und nachhaltiger machen.