Das EMotion-Projektkonsortium aus insgesamt zehn Partnern aus Industrie und Wissenschaft – unter anderem Motorradhersteller KTM – entwickelt unter Leitung des Austrian Institute of Technology (AIT) ein neues Elektromotorrad, das dazu beitragen soll, den CO2-Ausstoß, insbesondere in Städten, zu senken. Dieses elektrisch angetriebene Zweirad der Kategorie L soll speziell für 16- bis 18-Jährige und die Generation 50+ eine kostengünstige, energieeffiziente und komfortable eine Alternative zu herkömmlichen Fortbewegungsmitteln sein.
Bei EMotion (Electric Mobility in L-Category Vehicles for all Generations) stehen insbesondere drei Ziele im Fokus: Erstens “eine in Relation zu aktuell verfügbaren und vergleichbaren Fahrzeugen deutlich effizientere Ressourcennutzung”, zweitens “Leichtbauweise für hervorragende Fahrleistungen”, drittens “eine innovative, benutzer*innenzentrierte Mensch-Maschine-Schnittstelle mit integriertem Informationssystem”. Kurz gesagt ein völlig neues Mobilitätserlebnis für Motorradfans.
Trotz Coronakrise gute Fortschritte
Der Startschuss für EMotion fiel im März 2020, kurz vor Beginn der Coronakrise in Österreich – die die Zusammenarbeit aufgrund seitdem erschwerte. “Natürlich ist der persönliche Austausch schwer zu ersetzen”, sagt Projektkoordinator Thomas Bäuml vom AIT Center for Low-Emission Transport. “Der Einsatz modernster Augmented-Reality-Technologien hilft uns jedoch beispielsweise, ungeachtet der physischen Distanz gemeinsam virtuell am Zweiradmodell zu stehen, zu diskutieren und Ergebnisse zu analysieren.“
Nicht beeinträchtigt von den Corona-Beschränkungen war eine europaweite Onlinebefragung bezüglich der Erwartungen an ein neues Mobilitätskonzept. Auch die technische Entwicklung des Fahrzeugrahmens und des elektrischen Antriebsstrangs liefen nach Plan. Nur bei den Interviews zur Erhebung der Bedürfnisse an die innovative Benutzer-Schnittstelle hätte man kleine Abstriche machen müssen, sagen die Forscher. Die Interviews hätten nur eingeschränkt und mit einem besonderen Hygienekonzept durchgeführt werden können, weshalb beispielsweise auch auf Onlinebefragungen zurückgegriffen wurde.
Sechs wichtige Punkte abgehakt
Am Ende des ersten Projektjahres, in dem es in erster Linie um die Rahmen- und Antriebsentwicklung und die Benutzerfreundlichkeit ging, berichten die Projektpartner den Abschluss folgender Arbeitsschritte:
• Es wurde ein Sensorfahrzeug zur Bestimmung der Belastungszustände und Lastkollektive aufgebaut und auf Testfahrten im Stadtgebiet, auf Landstraßen, Autobahnen und im Gelände eingesetzt. Auf den gewonnenen Daten bauen die Entwickler nun für mechanische Finite-Elemente-Simulationen zur Rahmen- und Antriebsstrangentwicklung auf.
• Es wurden unterschiedliche Rahmenkonzepte untersucht, um so ein optimales Zusammenspiel zwischen Gewicht, Festigkeit, Sicherheit, Fertigbarkeit und Produktionskosten zu erreichen. Am Ende fiel die Wahl auf einen Stahlgitterrohrrahmen mit Elementen aus einer Aluminiumlegierung.
• Die optimale Sitzposition ebenso wie die Form und Lage der Batteriepacks wurden im Zuge einer Ergonomiestudie ermittelt, damit Fahrer oder Fahrerin problemlos auf- und absteigen können. Außerdem muss ein ergonomisches Sitzen und ein optimales Stauraumangebot ermöglicht werden. Im Rahmen einer Anwenderstudie wurde zudem der Batteriewechsel analysiert.
• Um die passende Maschine zu ermitteln, wurden zahlreiche Simulations- und Designschleifen durchlaufen. Das Ziel war, eine kleine, leichte Maschine mit hohem Wirkungsgrad und hoher Torsionssteifigkeit zu bekommen, die gleichzeitig für ein hohes Drehmoment sorgt. Nach einer Analyse unterschiedlicher elektrischer Maschinentypen entschied man sich schließlich für eine permanenterregte Synchronmaschine.
• Natürlich war auch der ökologische Fußabdruck des neuen Fahrzeugs ein wichtiger Punkt. Der wurde mittels Ecodesign-Modell im Sinne eines kreislaufwirtschaftlichen Ansatzes über den gesamten Lebenszyklus des Fahrzeugs analysiert. Hier wurde alles miteinbezogen, von der Gewinnung der Materialien über deren Transport, die Verarbeitung und die eigentliche Nutzung bis hin zum Recycling. Die so gewonnenen Erkenntnisse ließen “Optimierungen in der Materialbeschaffung und der Produktion zu und verringern somit den ökologischen Fußabdruck des Fahrzeugs”, betonen die Forscher.
• Schließlich wurden auch verschiedene Prototypen der Benutzer-Schnittstelle entworfen, die sich vor allem darauf konzentrieren, wann und wie den Fahrern Informationen angezeigt werden, “um ihr Fahrverhalten effektiv rückzumelden und möglicherweise hin zu energieeffizienterem Fahren zu verbessern”.
“In wenigen Jahren ein integraler Bestandteil des Verkehrssystems”
“Wir sind auf einem guten Weg, das E-Zweirad tatsächlich auf die Straße zu bringen“, so AITProjektleiter Bäuml. Zur Zeit arbeiten er und seine Kollegen an einem On-Board Ladegerät, das auf innovativen Galliumnitrid-Halbleitern basiert und dank hoher Leistungsdichte “eine hohe Ladeleistung bei minimalem Volumen erlauben” soll. Ein weiterer zentraler Punkt der Entwicklung sind ein On-Board Informationssystem, eine neuartige Mensch-Maschinen-Schnittstelle und ein Eco-Coaching Algorithmus. “Das System soll intuitiv zu bedienen sein und zum energieeffizienten Fahren anregen.”
“Bis zum Aufbau des Prototyps gilt es jedoch noch einige technologische Hürden zu überspringen”, sagt so Bäuml. “Die geballte Innovationskraft des EMotion-Konsortiums stimmt mich jedoch zuversichtlich, dass unsere Mobilitätslösung bereits in wenigen Jahren ein integraler Bestandteil des Verkehrssystems sein wird.” Das Leuchtturmprojekt „EMotion – Electric Mobility in L-Category Vehicles for all Generations” wird vom Klima- und Energiefonds (KLIEN) in Kooperation mit dem Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) im Rahmen der 2. Ausschreibung „Zero Emission Mobility“ gefördert.
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