Die Etablierung eines Innovationscampus, von Smart-City-Lösungen und einer ausgeglichenen Work-Life-Balance sind die Themen, die die nachhaltige Stadtentwicklung der Zukunft bestimmen. Gerade die Bundeshauptstadt Berlin steht dabei im Fokus des Interesses. Zuletzt unterzeichnete hier im Herbst 2018 der Technologiekonzern Siemens einen Zukunftspakt. Bis zum Jahre 2030 soll auf dem historischen Firmengelände in Spandau die Siemensstadt 2.0 entstehen.
Das etwa 70 Hektar große Industriegelände soll hierfür in eine zukunftsweisende Lebens- und Arbeitswelt verwandelt werden. Siemens plant einen hochmodernen Stadtteil mit vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten zu bauen. “Das Gründungskonzept der Siemensstadt 1897 bestand darin, Arbeiten, Forschung und Wohnen zu vereinen und damit eine intakte Symbiose für eine erfolgreiche Zukunft zu schaffen. Auch heute müssen wir die Zukunft der Arbeit neu denken […] wir wollen Industrie 4.0 auch im sozio-ökonomischen Umfeld führend gestalten. Dazu gehört ein vernetztes Ökosystem mit flexiblen Arbeitsbedingungen, gesellschaftlicher Integration und bezahlbarem Wohnraum”, erklärte Joe Kaeser, Vorstandsvorsitzender der Siemens AG, zum Mega-Projekt des Konzerns.
Stärkung von Innovationsstandort Deutschland
Im Rahmen der Vereinbarung wurde zudem eine zweite Absichtserklärung zur Entwicklung eines Industrie- und Wissenschaftscampus mit der Stadt Berlin, der TU Berlin, der Fraunhofer-Gesellschaft und der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) unterzeichnet. Auf dem Gelände sollen Zukunftsthemen wie dezentrale Energiesysteme, Elektromobilität, künstliche Intelligenz und das “Internet der Dinge” erforscht werden. Entsprechend sind moderne Büro-, Forschungs- und Produktionsflächen genauso angedacht wie neue Formen des Wohnens. Insgesamt 600 Millionen Euro will der Elektronikkonzern dafür in die Hand nehmen. Damit setzt das Unternehmen, das immerhin nach Umsatz zu einem der größten des Landes zählt, ein deutliches Zeichen, um den Innovationsstandort Deutschland zu stärken. In Abstimmung mit dem Berliner Senat wird Siemens einen städtebaulichen Wettbewerb durchführen. Dieser wird Grundlage für die weitere Entwicklung des Projekts sein. Inwieweit sich auch Berlin an den Kosten beteiligt, ist bis dato noch nicht geklärt.
High Tech Campus Eindhoven
Vorbild des gigantischen Bauprojekts in Spandau könnte der High-Tech-Campus (HTC) von Eindhoven sein. Das ehemalige Philips-Gelände gilt heute als einer der wichtigsten Wissenschafts-Parks der Welt. Denn neben bekannten Konzernen wie Philips, Intel und IBM haben sich hier Forschungslaboratorien sowie Entwicklungsingenieure angesiedelt. Mittlerweile arbeiten über 11.000 Menschen aus mehr als 60 Nationen vor Ort. Kernthema des Campus ist die Philosophie der “Open Innovation”, die Philips schon im Jahre 2003 einführte. Entsprechend wurde in den sozialen Mittelpunkt des Campus der Begegnungsort “The Strip” ins Leben gerufen. Hier befinden sich ein Konferenzzentrum, Restaurants und Geschäfte. Aber vor allem gilt The Strip als der Ort, wo sich die Menschen aus den verschiedenen Unternehmen und Bereichen zum Austausch treffen können. Und das mit Erfolg: Laut Campus-Informationen werden täglich bis zu vier neue Patente aus dem HTC angemeldet. Der niederländische Campus liegt übrigens in der Brainport Region Eindhoven, die zur Provinz Nordbrabant gehört.
Bund fördert Forschungscampus
Auch der Bund setzt sich für offenen Wissenschaftstransfer ein: Im Jahre 2013 rief er unter der Obhut des Bundesministeriums für Bildung und Forschung die Initiative Forschungscampus ins Leben. Das Ziel: Die Förderung von Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen, die längerfristig an einem gemeinsamen Forschungsthema zusammenarbeiten. Mittlerweile werden neun Forschungskooperationen unterstützt. Dazu gehören Projekte aus der Medizin, der Mathematik aber auch Materialentwicklung. Die im Herbst 2018 vom Bund veröffentlichte Hightech-Strategie 2025 zeigt zudem Handlungsfelder, Maßnahmen und Ziele auf, wie Deutschland als Innovationsnation weiter gestärkt werden kann.
Unternehmen prägen weitere Städte
Und dass Unternehmen wiederum ganze Städte prägen, ist ebenfalls nicht neu. So ist Wolfsburg eng mit der Autostadt verbunden, während zum Beispiel der Pharma Konzern Boehringer Ingelheim seine Heimatstadt sogar gleich im Namen trägt. In Stuttgart-Vaihingen soll dem ausgedienten IBM-Campus wieder neues Leben eingehaucht werden. Ab 2020 wird hier unter dem Namen VAI Campus ein Stadtteil mit einem Drittel Gewerbe und zwei Dritteln Wohnfläche entstehen. In den denkmalgeschützten, sogenannten Eiermann-Bauten – Eiermann war der erste Architekt des Geländes –, sind Flächen für Start-ups und Kreative geplant.
Mit Spannung darf auch die neue Zalando-Zentrale rund um das Areal der Mercedes Benz Arena in Berlin Friedrichshain erwartet werden. Das umstrittene Projekt bietet eine Stadt in der Stadt. Es ist ein umfassendes Ökosystem mit Restaurants, Fitnessstudio, Kita und vielem mehr. Die Arbeitswelt der Mitarbeiter ist durch kreative Orte wie Living Rooms, Urban Cat Walks und Neighborhoods aufgelockert. Das vom Unternehmen gesetzte Ziel: die Mitarbeiter näher zusammenzubringen, um Transparenz, Feedback, grenzüberschreitendes Denken und die Kommunikation zu stärken. Die ersten Räume wurden schon bezogen, weitere Teams werden ab Mitte Februar bis Mitte März 2019 folgen. Nur zum Wohnen verlassen die Zalando-Angestellten noch ihr soziales Umfeld.
Bild oben: Mit dem “Zukunftspakt – Siemensstadt 2.0” plant Siemens das größte Entwicklungsprojekt in seiner Geschichte auf dem historischen Siemens-Gelände in Berlin Spandau. ©www.siemens.com/presse
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