© Institut für Pathologie/MHH
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Dreidimensionale Bildgebungsverfahren sind in der Medizin nichts Neues. Man kennt sie aus der herkömmlichen klinisch genutzten Computertomografie (CT). Allerdings sind diese Bilder bisher von “normalen” hochauflösenden Aufnahmen noch recht weit entfernt. Forscher der Medizinische Hochschule Hannover (MHH), der Universitätsmedizin Mainz sowie vom HELIOS Universitätsklinikum Wuppertal der Universität Witten/Herdecke haben nun aber einen Weg gefunden, die Ergebnisse um ein Vielfaches zu verbessern.

Sie leiten ein internationales, multidisziplinäres Konsortium, das hochauflösende, dreidimensionale Röntgenaufnahmen des menschlichen Körpers ermöglicht. Diese entsprechen mit einer maximalen Auflösung von bis zu 300 Nanometer dem Zehntel des Durchmessers eines menschlichen Haares.

“Die Vernetzung zwischen Radiologie, Pathologie und molekularen diagnostischen Ansätzen wird in Zukunft eine enorme klinische Bedeutung einnehmen“, betont der Pathologe Prof. Dr. Danny Jonigk, MHH-Institut für Pathologie. “Mit der hochauflösenden dreidimensionalen Darstellung können wir Gewebeschädigungen der Lunge bei COVID-19 besser verstehen“, ergänzt sein Kollege PD Dr. Maximilian Ackermann, vom Institut für Pathologie des Helios Universitätsklinikums Wuppertal, Universität Witten/Herdecke, und des Instituts für Funktionelle und Klinische Anatomie der Universitätsmedizin Mainz.

Hundertmal genauer als ein herkömmliches CT

Hochauflösende Mikrocomputertomografie mithilfe von Synchrotron-Strahlung basiert auf hochenergetischer Röntgenstrahlung, die mithilfe von Synchrotron-Teilchenbeschleunigern erzeugt wird. Das Ergebnis sind sehr viel höhere Auflösungen der Aufnahmen. Die Wissenschaftler des “Human Organ Project“ aus Deutschland, der europäischen Synchrotron-Einrichtung ESRF in Grenoble und Bioinformatik- und -mechanik-Experten des University College London (UCL), haben dabei Zugang zu einer erst kürzlich neukonstruierten Strahlenquelle der ESRF in Grenoble.

Diese “Extremely Brilliant Source“ (EBS) ist laut Aussagen der Forscher die “weltweit erste hochenergetische Synchrotronquelle der vierten Generation und derzeit die hellste Röntgenquelle der Welt”. Das Projekt verspreche Aufnahmen des gesamten menschlichen Körpers mit einer Auflösung von zwei Mikrometern, also eine über hundertmal bessere Auflösung als ein CT-Scanner. „Uns hat sehr gefreut, dass die Chan Zuckerberg Initiative unseren translationalen Ansatz fördert“, erklärt PD Dr. Ackermann.

Konzentration auf Gewebsschädigungen durch COVID-19

Dieses neuartige, hochauflösende Bildgebungsverfahren werde sicher auch bei anderen Erkrankungen, wie Krebs oder Alzheimer-Demenz neue faszinierende Erkenntnisse liefern, sind sich die Forscher sicher. Aus gegebenem Anlass konzentrieren sie sich gemeinsam mit Kollegen in England und Frankreich zur Zeit darauf, die Gewebsschädigungen der COVID-19-Pneumonie mit diesem innovativen Verfahren räumlich zu charakterisieren und zu verstehen.

Gefördert wird das Projekt von der Chan Zuckerberg Initiative (CZI) des Facebook-Gründers Mark Zuckerberg und seiner Frau, der Ärztin Dr. Priscilla Chan mit einer Million US-Dollar. Die Initiative wurde im Dezember 2015 von Mark Zuckerberg, Gründer von Facebook, und seiner Frau, der Kinderärztin Dr. Priscilla Chan, in East Palo Alto ins Leben gerufen und fördert das Ingenieurwesen, biomedizinische Grundlagenforschung und künstliche Intelligenz.

Titelbild: Dreidimensionale Segmentierung und Rekonstruktion einer Lunge mit Covid-19 Pneumonie. Über das hochauflösende Verfahren der Hierarchical Phase-Contrast Tomography (HiP-CT) lassen sich einzelne Thromben (gelb), Gefäßveränderungen (rot) und Veränderungen der Luftwege (türkis) darstellen. Copyright: Institut für Pathologie/MHH