Mehr als zwei Millionen deutsche Haushalte sind überschuldet. Das geht aus den Zahlen des jüngsten Armutsberichts hervor. Laut einer Untersuchung des Amsterdamer Start-ups Dyme entstehen viele Schulden dadurch, dass die Betroffenen den Überblick über ihre finanzielle Situation verlieren. Mit einer App wollen die Gründer das ändern und zum Geldsparen verhelfen. Über die Applikation lassen sich verschiedene Konten verknüpfen. So werden die Geldströme innerhalb kurzer Zeit sichtbar. Für die sichere Datenübertragung nutzt das Start-up eine 256-Bit-Verschlüsselung. So wird schnell deutlich, für was Geld sinnlos ausgegeben wird. Beispielsweise für das Abonnement im Fitnessstudio, das ungenutzt nur Geld kostet. Die App stellt aber nicht nur Datenströme dar. Besonderes Plus: Über die App lässt es sich einfach kündigen. Mit Dyme lässt sich der Stromanbieter wechseln oder einen besseren Tarif aushandeln. Wir haben beim Start-up nachgefragt.
Ist diese Idee aus persönlichem Frust entstanden?
Wir haben selbst festgestellt, wie wenig Einblick wir in unsere eigene finanzielle Situation hatten. Ich habe immer noch für ein Abonnement einer Museumskarte bezahlt, ohne es zu wissen. Einmal im Jahr wurde dieser Betrag abgebucht. Das ist leicht zu übersehen. Und weil ich umgezogen bin, wurde diese Karte an meiner früheren Adresse verschickt. Einer unserer anderen Gründer hatte zwei Jahre lang für ein Fitnessstudio bezahlt, ohne jemals dorthin zu gehen. Also, ja, wir hatten dieses Problem auch schon selbst.
Wie funktioniert die App und überprüft Abonnements?
Heutzutage tätigt man praktisch alle seine Ausgaben online. Dadurch lässt sich schnell der Überblick verlieren. Der erste Schritt ist die Geldströme zu analysieren. Man sollte wissen wollen, wohin das Geld fließt. Aber viele Leute haben keine Ahnung, wo sie anfangen sollen, oder trauen sich nicht, anzufangen. Sie fürchten, dass es eine unglaubliche Menge Arbeit ist. Mit unserer App sind sie in wenigen Minuten fertig. Die App importiert, kategorisiert und sortiert automatisch alle ihre verknüpften Konten.
Sie funktioniert gemäß der PSD-2, der europäischen Verordnung, die es den Verbrauchern ermöglicht, ihre Zahlungsdaten gesichert an Dritte weiterzugeben. Sie stellt sicher, dass die Banken kein Monopol mehr auf diese Daten haben. Man muss alle möglichen strengen Sicherheitsanforderungen erfüllen, bevor einem diese Art von Lizenz erteilt wird. Wenn Sie Ihr Konto mit Dyme verknüpfen, erhalten Sie innerhalb weniger Minuten einen Überblick über alle Ihre Abonnements. Unnötige oder doppelte Abonnements können nachträglich gekündigt werden. Unser Algorithmus sucht auch für die Energieversorgung nach dem besten Marktpreis. Sie haben die Möglichkeit, über uns zu wechseln oder über einen besseren Tarif zu verhandeln.
Sie sind nicht die Einzigen, die daran arbeiten, was macht Sie anders?
Ja, das ist wahr. Nur durch den Überblick, den wir bieten, können wir uns nicht von den anderen abheben. Was uns einzigartig macht, ist, dass Sie über unsere App auch Benachrichtigungen über Abonnements erhalten können. Vielleicht haben Sie diese zwar schon lange, benutzen sie aber nicht. Diese können Sie über die App abbestellen. Wir können auch in Ihrem Namen über eine Senkung Ihres Energietarifs verhandeln, wenn Sie schon eine Weile Kunde sind. Oder der Algorithmus sucht bei einem anderen Anbieter nach einem günstigeren Tarif. Wenn er einen gefunden hat, Sie einverstanden sind, können wir die Umstellung veranlassen. Wir wollen das bald auch für All-in-One- und Telefonabonnements einführen. Im Moment erkennt der Algorithmus noch nicht alle Abonnements. Aber daran arbeiten wir.
Wie verdienen Sie Ihr Geld?
Wir erheben eine kleine Gebühr für die Kündigung von Abonnements, aber wir verdienen nichts daran. Nur wenn Sie Geld sparen, verdienen wir etwas. Wenn Sie es zum Beispiel schaffen, einen günstigeren Tarif zu vereinbaren. Oder wenn Sie persönlich von einem Wechsel profitieren. Wir berechnen etwa 30 Prozent der gesamten Ersparnis. Vielleicht werden wir in Zukunft zu einem Premium-Modell übergehen, wenn wir die App um weitere Instrumente und Dienstleistungen erweitern. Eine Sache, die wir definitiv nicht tun, ist, dass wir Benutzerdaten speichern, um sie weiterzuverkaufen.
Wo wird mit Hilfe der App am meisten Geld gespart?
Das ist schwer zu sagen. Wenn man sich die Zahlen der EU anschaut, geben die Haushalte im Durchschnitt einige hundert Euro zu viel für Energiekosten pro Jahr aus. Das liegt daran, dass sie nicht wissen, dass sich ein Wechsel lohnt oder dass sie ihren Tarif nicht neu verhandeln, wenn sie schon lange irgendwo Kunde sind. Aber auch bei den All-in-One-Abonnements können Sie viel sparen. So wie zum Beispiel bei der Telefonie. Das bieten wir noch nicht an, aber wir arbeiten auch daran.
Gibt es noch etwas, mit dem Sie die App erweitern wollen?
Wir hören oft von unseren Benutzern, dass sie mehr Einblick in ihre variablen Kosten erhalten möchten. Dinge wie Kleidung, Ausflüge und Lebensmittel. Ein bisschen wie das traditionelle Haushaltsbuch. Das ist es, was wir kurzfristig anbieten wollen. Aber wir schauen auch auf die langfristige Perspektive. Es gibt zum Beispiel viele Verbraucher, die Laptops kaufen, aber sie wissen nicht, dass die EU-Gesetzgebung ihnen eine Standard-Garantie von zwei Jahren gewährt. Wir wollen es ihnen ermöglichen, mit unserer App ein Garantieverfahren zu starten. Wir wollen den Verbrauchern auch ermöglichen, über die App Geld von Webshops zurückzufordern. Unser Ziel ist es, ihnen die volle Kontrolle über ihre Finanzen zu geben.