Wasserknappheit ist in Deutschland auch in diesem Sommer wieder ein Thema. Politiker haben bereits angedeutet, dass es bei anhaltender Trockenheit künftig zum Beispiel verboten werden könnte, seinen Garten zu wässern, um die Trinkwasserversorgung zu sichern. Allerdings schlägt der Verbrauch in unseren Gärten dabei gar nicht so bedeutend zu Buche. Weltweit verbraucht die Landwirtschaft rund 70 Prozent aller Trinkwasservorräte. Studenten der TU Berlin forschen nun an einer neuen Hydroponik-Methode, der in diesem Bereich Wasser sparen kann.
Bei der Hydroponik werden Pflanzen ohne Erde und ausschließlich in einer wässrigen Nährlösung herangezogen. Im Gegensatz zu herkömmlichen hydroponischen Anlagen setzen die Berliner Studenten bei ihrer vertikalen Hydroponik-Farm „Shower-Tower 61“ in der Beachvolleyballanlage „Beach 61“ des Gleisdreieck-Parks, aber auf recyceltes Wasser.
Zusammenarbeit mit Wasserrecyclinganlage
In dieser vertikalen hydroponischen Farm unweit des Potsdamer Platzes wird das aufbereitete Wasser für die Nahrungsmittelproduktion genutzt. Die Farm, die in Kombination mit einer lokalen Wasserrecyclinganlage aufgebaut wurde, besteht aus acht zwei Meter hohen weißen Vierkantsäulen, die direkt an der Rückwand der Duschen der Beachvolleyballanlage angebracht sind.
In jede der Säulen wurden jeweils 16 Pflanzrohre eingelassen, in die dann die Netztöpfe mit den Pflanzen gesteckt werden. Stabilisiert werden die Pflanzen Blähton und einem Wurzelfließ. „Das aufbereitete und mit Nährstoffen angereicherte Duschwasser rieselt von oben in die Säulen und benetzt die hineinragenden Wurzeln“, erklären die Studenten. „Dadurch werden die Pflanzen mit Wasser und Nährstoffen versorgt.“ Geeignet sei die vertikale Hydroponik-Farm für den Anbau von Salaten, Kräutern wie Basilikum, Kohl wie Pak Choi und rotem Grünkohl, Rüben wie Mangold und essbaren Blüten.
Kaum Flächenbedarf
Die Forscher wollen mit ihrem Projekt vier wichtigen Fragen auf den Grund gehen. „Erstens: Gelingt es, Duschwasser mit gängigen Technologien so aufzubereiten, dass es für die Nahrungsmittelproduktion verwendet werden kann und die Salate und Kräuter für den Verzehr völlig unbedenklich sind?“, sagt Grit Bürgow. Wasser, das für die Nahrungsmittelproduktion verwendet wird, muss der DIN-Norm für Bewässerungswasser entsprechen.
Die zweite Frage, die beantwortet werden soll ist, ob sich eine solche vertikale hydroponische Farm für die lokale kommerzielle wie nichtkommerzielle Lebensmittelproduktion in einem städtischen Umfeld wie Berlin eignet, erklärt Bürgow weiter. „Drittens: Gelingt es, die Bevölkerung in ein solches Projekt dauerhaft einzubinden mit dem Ziel, dass solche blau-grünen Infrastrukturen von den Menschen künftig eigenverantwortlich betrieben und genutzt werden? Viertens: Welche Auswirkungen hat eine solche Hydroponik-Farm kombiniert mit verdunstungswirksamen Schilf-Hochbeeten auf das städtische Mikroklima.“
Den großen Vorteil einer solchen vertikalen Farm sehen die Betreiber in der Tatsache, dass sie keine städtischen Flächen, die rar und teuer sind, in Anspruch nimmt. Sie kann auch an Fassaden und Häuserwänden installiert werden – wie beim „Shower-Towers 61“ an der Rückwand der Duschen. „Das ist sehr effektiv“, sagt Grit Bürgow.
Macht die Bevölkerung mit?
Da ihre Farm ein Reallabor sei und direkt im städtischen Raum geforscht werde, stünden sie auch in engem Kontakt zu den Betreibern der Bar von „Beach 61“, betonen die Wissenschafter. „Dieser Austausch ist wichtig, um herauszufinden, auf welche Akzeptanz solche innovativen Ideen für die städtische Nahrungsmittelproduktion in der Bevölkerung stoßen, ob die Betreiber Interesse daran haben, die Salate und Kräuter in ihrer Beachbar zu verwerten und es ein realistisches Szenario wäre, dass sie nach Ablauf der Reallaborforschung eine solche Farm mit oder gar in eigener Regie bewirtschaften würden.“ Der Mehrwert sei klar: unter anderem kurze Transportwege und taufrische Kräuter.
Staatliche Förderung
Das „Reallabor Mobile Blau Grüne Infrastruktur“ wurde gemeinsam mit Studenten der Projektwerkstatt „Roof Water-Farm tu-project“ unter Leitung von Dr. Grit Bürgow, dem studentischen Koordinator Andreas Horn sowie dem Architekturstudenten Gabriel Sigler, gebaut und ist ein Prototyp. Im Rahmen des Forschungsvorhaben „GartenLeistung. Urbane Gärten und Parks: Multidimensionale Leistungen für ein sozial, ökologisch und ökonomisch nachhaltiges Flächen- und Stoffstrommanagement“ soll hier untersucht werden, „wie die Bedeutung der Gärten und Parks für das städtische Klima, die Biodiversität und die Lebensqualität der Menschen in politische Entscheidungen einfließen kann, um das städtische Flächenmanagement nachhaltiger zu gestalten.“
Außerdem wollen die Wissenschaftler herausfinden, „wie der soziale Austausch, Integration, Partizipation und transformatives Lernen mit solchen Reallaboren befördert werden können“. Das Projekt „GartenLeistung“ wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Fördermaßnahme „Ressourceneffiziente Stadtquartiere für die Zukunft (RES:Z)” gefördert. Geleitet wird es vom Institut für ökologisches Wirtschaften (IÖW) Berlin. Dr. Grit Bürgow, Fachgebiet Städtebau und Siedlungswesen, koordiniert das „Reallabor Mobile Blau Grüne Infrastruktur“.