Tuberkulose-Erreger unter dem Elektronenmikroskop (c) Forschungszentrum Jülich
Author profile picture

Tuberkulose steht an erster Stelle in der Statistik der tödlichen Infektionskrankheiten. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) starben 2018 rund 1,6 Millionen Menschen an Tuberkulose. Meist ist es der Verursacher der  Tuberkulose-Erreger Mycobacterium Tuberculosis. Warum Tuberkulose-Bakterien dem angeborenen menschlichen Immunsystem widerstehen können, ist noch ungeklärt. Wissenschafter gehen davon aus, dass es an deren Ernährung liegt.

Die Abwehr von Krankheitserregern obliegt bestimmten weißen Blutkörperchen – den Makrophagen. Sie haben die Aufgabe, körperfremde Proteine und Mikroorganismen zu fressen. Während andere Krankheitserreger im Inneren der Makrophagen zugrunde gehen, können Tuberkulose-Erreger überleben.

Ernährung der Tuberkulose-Erreger

Jetzt gelang es in einem länderübergreifenden Forschungsprojekt die Ernährung der Tuberkulose-Erreger im Inneren der Makrophagen zu entschlüsseln. Die Befunde ergaben auch einen neuen vielversprechenden Ansatz für die Entwicklung von Medikamenten.

Beteiligt waren das Forschungszentrum Jülich und die Universität Surrey in Guildford (Großbritannien).

Konkret gingen die Forschenden der Frage nach, woher der lebensnotwendige Stickstoff kommt, von dem sich der Tuberkulose-Erreger im Inneren der Makrophagen ernährt.

Fokus auf Serin

Sie fanden heraus, dass sich die Tuberkulose-Erreger von verschiedenen Aminosäuren seiner Wirtszellen, den Makrophagen, ernähren. Die wichtigste Nahrungsquelle ist dabei Glutamin. Aber auch Glutamat, Aspartat, Alanin, Glycin und Valin spielen eine Rolle. Hingegen hat der Tuberkulose-Erreger keinen Zugang zum Serin des Makrophagen. Diesen Nährstoff benötigt es ebenfalls zum Überleben, muss ihn allerdings selber herstellen.

Dieser Aspekt bot den Forschenden einen Ansatz für die Entwicklung neuer Medikamente: Sie wollen die Serin-Produktion des Tukerkulose-Erregers lahmlegen, um ihn so zu bekämpfen. Konkret könnte ein solcher Wirkstoff etwa die Phosphoserin-Transaminase blockieren, ein Enzym, auf das dieser bei der Serinherstellung angewiesen ist.

Analyse des Stickstoff-Stoffwechsels

Der Weg zu diesem Befund führte über die Analyse des Stickstoff-Stoffwechsel des Tuberkulose-Erregers. Für die Produktion des lebensnotwendigen Serin benötigt das Bakterium nämlich bestimmte Bausteine. Einer der wichtigsten Bausteine ist Stickstoff, den er aus den Aminosäuren des Makrophagen bezieht.

Für die Analyse entwickelten die Forschenden eine spezielle Methode: Sie verknüpften experimentelle Untersuchungen und Computersimulationen. Bei den Experimenten fütterten sie die infizierten Makrophagen mit verschiedenen Aminosäuren. Bei jeweils einer davon ersetzten sie gleichsam normalgewichtige Stickstoffatome – Stickstoff-Isotope mit der Massenzahl 14 (14N) – durch schwerere Stickstoffatome – Massenzahl 15 (15N).

Computersimulationen

Später stellten sie Mithilfe der Massenspektrometrie fest, in welchen Mengenverhältnissen und in welchen Stoffwechselprodukten des Bakteriums die 15N-Isotope aufzufinden sind. Die Auswertung dieser Experimente oblag den britischen Forschern – und bildete die Basis für die Computersimulationen. Diese wurden im Institut für Bio- und Geowissenschaften im Forschungszentrum Jülich entwickelt. Das Computermodell bildet den Stickstoff-Stoffwechsel ab, der die Wege der Aminosäuren ermittelt, die vom Tuberkulose-Erreger aufgenommen werden.

Originalpublikation:

Intracellular Mycobacterium tuberculosis Exploits Multiple Host Nitrogen Sources during Growth in Human Macrophages. Borah et al., Cell Reports 29, 3580-3591, 2019, DOI: 10.1016/j.celrep.2019.11.037

Auch interessant:

Eigenes Toxin treibt Tuberkulosebakterien in den „Selbstmord“

Pretomanid erhält US-Zulassung zur Behandlung resistenter Tuberkulose