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Ein Verbot, mit Apps Daten zu erfassen und damit Werbung zu personalisieren, würde das App-Angebot und die Zahl der Updates deutlich reduzieren. Dies zeigt eine Studie der Technischen Universität München (TUM) anhand des Verbots bei Kinder-Android-Apps. Die Ergebnisse können den Unternehmen bei ihren Geschäftsmodellen und der Politik bei der Regulierung des „Targeted Advertising“ helfen.

  • Eine Studie von TUM-Forschern ergab, dass das Verbot personalisierter Werbung in Apps die Zahl neuer Apps um ein Drittel reduziert und zu weniger App-Updates führt.
  • Die Studie analysierte die Auswirkungen von Googles Verbot gezielter Werbung in Android-Apps für Kinder im Jahr 2019.
  • Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass ein breiteres Verbot von gezielter Werbung ähnliche Auswirkungen haben könnte und Unternehmen vor die Herausforderung stellt, alternative Geschäftsmodelle zu finden.

Die meisten Smartphone-Apps sind kostenlos, die Anbieter:innen finanzieren sie mit Werbung – vielfach mit sogenanntem Targeted Advertising. Die Apps werten Daten wie das Nutzungsverhalten und den Standort bis hin zu Fotos und Nachrichten aus, um dann Werbung anzuzeigen, die auf die Personen zugeschnitten ist. Diese Praxis steht als Eingriff in die Privatsphäre in der Kritik, ihr Verbot wird vielfach gefordert. Die EU wird Targeted Advertising mit dem Digital Services Act ab 2024 stärker regulieren, in den USA gibt es ähnliche Pläne. Unternehmen wenden sich gegen Einschränkungen und argumentieren, ohne Einnahmen aus personalisierter Werbung könnten viele Apps nicht mehr angeboten werden und fehle der Anreiz, neue Produkte zu entwickeln.

Prof. Jens Förderer und Tobias Kircher von der Professur für Innovation und Digitalisierung am TUM Campus Heilbronn haben deshalb erstmals empirisch untersucht, wie sich ein Wegfall von personalisierter Werbung auf das App-Angebot auswirkt. Dafür analysierten sie die Folgen des Verbots von Targeted Advertising, das Google 2019 in seinem Play Store für Android-Apps erließ, die sich an Kinder richten. Die Forscher verglichen den Zeitraum ein Jahr vor und zehn Monate nach dem Bann.

Neue Angebote um ein Drittel reduziert

Die Studie zeigt, dass nach dem Verbot personalisierter Werbung weniger neue Apps auf den Markt kamen, mehr Apps als zuvor eingestellt wurden und weniger Updates in bestehenden Apps angeboten wurden als vor dem Bann:

  • Die Zahl neuer Apps, die pro Anbieter:in veröffentlicht wurde, ging um mehr als ein Drittel zurück.
  • Die Wahrscheinlichkeit, dass eine App vom Markt genommen wurde, stieg um gut 10 Prozent.
  • Die Betreiber:innen spielten 17 Prozent weniger Updates ein. Dabei handelte es sich nicht nur um Weiterentwicklungen der Apps, sondern auch um Wartungs- und Sicherheitsupdates.

Die Forscher stellten diese Entwicklung bei nahezu allen Anbieter:innen fest. Besonders ausgeprägt war sie bei kleinen und jungen Firmen, also vor allem bei Start-ups. Ausgenommen waren lediglich außerordentlich beliebte Apps, auf deren Weiterentwicklung sich die Unternehmen offenbar konzentrierten. Die Forscher gehen davon aus, dass es einen ähnlichen Rückgang des App-Angebots nach einem Verbot von Targeted Advertising auch bei Apps für Erwachsene geben würde.

„Herausfinden, wofür Nutzer:innen zahlen würden“

„Besserer Datenschutz bei Smartphone-Apps ist ein wichtiger Schritt, gerade bei Kindern“, betont Jens Förderer. „Die Frage ist: Wie finden wir einen Weg aus der Falle, dass die Verbraucher:innen gewohnt sind, Apps kostenlos zu nutzen, und die Unternehmen ihr Geschäftsmodell auf personalisierter Werbung aufgebaut haben? Und zwar ohne das Angebot bei innovativen Apps zu verringern, die für die Verbraucher:innen sehr nützlich sind? Unsere Erkenntnisse bieten sowohl für die Politik als für die Wirtschaft eine Entscheidungsgrundlage.“

Unternehmen sollten sich rechtzeitig auf gesetzliche Regulierungen einstellen. „Für den Fall eines Targeted-Advertising-Verbots müssen Unternehmen mit gravierenden Folgen für ihren Umsatz rechnen“, sagt Tobias Kircher. „Sie sollten deshalb dringend herausfinden, für welche App-Funktionen Nutzer:innen zahlen würden. Mehr noch: Sie sollten Strategien entwickeln, die Zahlungsbereitschaft zu erhöhen.“