Auf Apple tv+ läuft derzeit eine erstaunlich anspruchsvolle Serie mit dem vielsagenden Titel „For all Mankind“. Der Plot ist schnell erzählt: Im Juli 1969 landeten in einer alternativen Realität die Russen auf dem Mond. Gebannt starrten US-Amerikanische Testpiloten der NASA auf die hinreichend bekannten Bilder von den ersten Menschen auf dem Mond, nur dass die die sowjetische Flagge hissten.
Der Inhalt der inzwischen auf 3 Seasons angewachsenen Serie ist schon etwas komplexer. Die Amerikaner beginnen eine Verfolgungsjagd, um die Schmach durch die russischen Raumfahrterfolge so schnell wie möglich zu überwinden.
Die alternative Realität kommt schneller voran
Durch die Anstrengungen, möglichst schnell den Vorsprung der Russen wett zu machen, entwickelt sich diese alternative Realität technologisch und auch gesellschaftlich schneller. Bereits 10 Jahre später wird der Mond kommerziell ausgebeutet, der kalte Krieg dort fortgesetzt. Schließlich wird der kalte Krieg sogar heiß, als die Russen und Amerikaner ihre Konflikte auf dem Mond austragen.
In den 1990er-Jahren hat sich die Technologie durch den Wettlauf der Supermächte auf unserem Planeten bereits so weit entwickelt, dass sie stellemweise unser heutiges Niveau erreicht hat. Die ersten Elektroautos sind auf den Straßen Amerikas unterwegs, Flatscreens haben die Röhrenfernseher ersetzt und im Orbit dreht das erste kommerzielle Space-Hotel seine Runden – nicht unähnlich zu Stanley Kubriks „Riesenrad“ aus 2001.
Und dann der Mars
Die dritte Staffel berichtet vom Wettlauf zum Mars. Russen, NASA und ein amerikanischer Milliardär wollen die ersten sein und kämpfen mit härtesten Bandagen. Der US-Milliardär ist eine Mischung aus Steve Jobs, Elon Musk und anderen heutigen Entrepreneuren.
Rückschläge und Katastrophen
Die alternative Menschheit der Vor-2000er lebt immer noch im Kalten Krieg, die Russen sind immer noch die Antagonisten zur westlichen Demokratie und mit Korea schaltet sich ein neuer Mitspieler in das Weltraumrennen ein.
Positive Zukunft bei allen Problemen
Trotzdem zeigt „For all Mankind“ eine helle Zukunft, in der die Menschen mit unglaublicher Energie die Entwicklung antreiben, sogar Kernfusion scheint bereits kurz vor der Marktreife zu stehen, auf dem Mond wird Helium 3 abgebaut. Und als auf dem Mars eine Katastrophe passiert, müssen Amerikaner, Koreaner und Russen zusammenhelfen um zu überleben.
Unsere Realität ist anders – introvertierter
Die Menschheit hat sich seit der ersten Mondlandung in „unserer Realität“ anders entwickelt. Man könnte fast sagen, man ist von extrovertierten zu introvertierten Terranern (Erdgeborenen) geworden. Die Weltraumfahrt wurde als teurer Wahnsinn einiger weniger Phantasten diskriminiert, die technologischen Entwicklungen, die aus der Raumfahrt entstanden schlicht negiert.
Mikrochips und Co.
Als die reale Mondrakete, die Saturn 5 entwickelt wurde, war IBM mit der „Elektronik“ der Raketensteuerung betraut. Allein der Platzbedarf für die ersten digitalen Steuerelemente inklusive Gyros etc. war gigantisch und nahm den gesamten Umfang der dritten Stufe ein. Die Rechenkapazität lag jedoch unter der einer Digitaluhr der 1980er-Jahre. Und doch war die Weltraumfahrt der Anfang der digitalen Revolution durch die Entwicklung des Mikrochips. Ohne die integrierten Schaltkreise gäbe es kein Internet, keine Smartphones und keine Elektromobilität.
Eine positive Einstellung
Die Aufbruchstimmung der 1960er-Jahre, die bis weit in die 1970er-Jahre anhielt, bekam einen jähen Dämpfer, als der erste Space-Shuttle mit 11 Astronauten beim Start explodierte. Da war allerdings die Entwicklung zu einer introvertierten Menschheit bereits in vollem Gange.
Die Leistung innerhalb von weniger als 10 Jahren zum Mond zu fliegen ist heute nicht mehr machbar und schon gar nicht vermittelbar, so scheint es. Wo ist die helle Zukunft hin verschwunden, die 1967 in Kubriks „2001“ bereits programmiert schien?
Elon Musk – ein Überbleibsel aus dem letzten Jahrhundert
Viele halten Elon Musk für einen modernen Dampfplauderer, und doch ist seine Strategie die eines dynamischen Entrepreneurs aus dem letzten Jahrhundert, nur dass er auf der digitalen Klaviatur des 21. Jahrhunderts wie kein anderer spielt. Ohne Musk gäbe es (noch) keine vehemente Hinwendung zu Elektromobilität, ohne Musk keine wiederverwendbaren Raketen und ohne Musk, wäre der Mars zwar ein Ziel, aber eines , das in weiter Ferne liegt und sich immer weiter entfernt.
Es wird Zeit, dass die Menschheit wieder extrovertierter wird. Dazu müssen wir – und das klingt in diesen harten Zeiten wie ein Hohn – endlich wieder positiv nach vorne schauen. Und wir müssen dies einer jungen Generation nahe bringen, die gerade dabei ist den Kopf in den Sand zu stecken, statt aktiv und pragmatisch nach Lösungen zu suchen. Dagegen scheint ein Flug zum Mars tatsächlich die kleinere Herausforderung zu sein.
Über diese Kolumne:
In einer wöchentlichen Kolumne, die abwechselnd von Eveline van Zeeland, Eugene Franken, Katleen Gabriels, PG Kroeger, Carina Weijma, Bernd Maier-Leppla, Willemijn Brouwer und Colinda de Beer geschrieben wird, versucht Innovation Origins herauszufinden, wie die Zukunft aussehen wird. Diese Kolumnisten, die manchmal durch Gastblogger ergänzt werden, arbeiten alle auf ihre Weise an Lösungen für die Probleme unserer Zeit. Bitte lesen Sie hier die bisherige Episoden.