Das österreichische Start-up Etagrow entwickelte ein hocheffizientes Beleuchtungssystem für Gewächshäuser und vertical farming. LED-basiert, gibt es nicht nur Licht ab, sondern sorgt auch für das richtige Klima.
Als die Co-Gründer Stefan Huebl und Florian Ablinger erstmals versuchten, mit selbst angebautem Gemüse im Wohnraum über den Winter zu kommen, verwendeten sie die gängigen Natriumdampflampen. Licht ist für das Wachstum der Pflanzen essentiell. Unter anderem liefert es die Energie für die Photosynthese.
Womit sie nicht gerechnet hatten, war der hohe Energieverbrauch der Natriumdampflampen. Die Beiden hatten unter anderem die Höhere Technische Lehranstalt für Elektrotechnik absolviert und wollten herausfinden, was die LED-Technologie zur Gewächshausbeleuchtung beitragen kann. Bis ihr Produkt serienreif war, bauten sie zahlreiche Prototypen. 2018 war es dann soweit: Das Beleuchtungssystem für Gewächshäuser war hocheffizient. Außerdem war es ihnen gelungen, die Abwärme der LED-Lampen für das Klimamanagement zu nutzen.
Co-Gründer Florian Ablinger im Interview:
Was ist Ihre Motivation?
Den Einsatz von LED-Technologien im Sektor Gewächshäuser auf höchste Effizienz zu optimieren, ist ein zukunftsweisendes und spannendes Feld. Wir sind begeistert von innovativen Herangehensweisen an ökonomische Probleme und wollen das Klima positiv beeinflussen.
Welches Problem lösen Sie mit Ihrem Beleuchtungssystem für Gewächshäuser und warum ist das wichtig?
Die Fläche für den Anbau von Nahrungsmitteln pro Person, wird bis 2050 durch Bevölkerungszuwachs um die Hälfte schrumpfen. Also muss die Produktion deutlich effizienter werden. Gewächshäuser beanspruchen weniger Fläche, Wasser und Dünger als Agrarflächen. Allerdings benötigen sie wesentlich mehr Energie.
Bis jetzt werden für die Beleuchtungssysteme von Gewächshäusern noch zu achtzig Prozent günstige Natriumdampflampen eingesetzt. Das ist eine sechzig Jahre alte Technologie, die mittlerweile als äußerst energie-ineffizient gilt.
Mit Etagrow reduzieren wir den Energiebedarf von Gewächshäusern um mehr als die Hälfte. Nur eine unserer Leuchten spart über ihre Lebensdauer zehn Tonnen CO2. Das Einsparungspotenzial ist also gigantisch.
Was war das größte Hindernis, das Sie überwinden mussten?
Wir sehen unser Produkt als nachhaltige Antwort auf festgefahrene, kurzfristige Marktsysteme. Unser ausgeprägter Effizienzgedanke war für profitorientierte Investoren bisher uninteressant. Deshalb haben wir uns entschieden, unsere Vision mit Eigenmitteln durchzusetzen.
Gab es einen Moment in dem Sie aufgeben wollten?
Durch die erwähnte Eigenfinanzierung nehmen wir vieles selber in die Hand. Dabei haben wir auch schon Fehler gemacht und unseren Fortschritt aufs Spiel gesetzt. Bis jetzt konnten wir aber immer davon lernen – und diese Momente werden seltener.
Was waren die bisher schönsten Momente? Welche Leistungen haben Sie wirklich stolz gemacht?
Unsere Produkte machen uns stolz: Unser wassergekühltes Beleuchtungssystem ist weltweit das erste seiner Art und eignet sich für unbegrenzte Skalierung. Wir konnten durch Umverteilung der Wärmeabgabe bisher unerreichte Effizienz erreichen. Außerdem haben wir ein Online-Steuerungssystem integriert, mit dem man Werte wie Helligkeit, Temperatur und Luftfeuchtigkeit zu jeder Zeit und an jedem Ort regulieren kann.
Wir decken bisher Flächen von einem bis zu 10.000 Quadratmeter ab. In unserem ersten Pilotprojekt haben wir eine Anbauhalle für Cannabidiol (CBD) mit unserem Beleuchtungssystem ausgestattet. CBD ist ein nicht psychoaktives Cannabinoid aus dem weiblichen Hanf und wird für Kosmetik, Rauchwaren, Tees und Mehl verwendet. Als die Anbauhalle in Betrieb genommen wurde, war das ein ganz besonderer Moment.
Als zweite Produktlinie haben wir eine kleine Variante der Beleuchtungsanlage entwickelt, die auf einer Fläche von ein bis vier Quadratmetern funktioniert. Diese Variante adressiert Floristen, aber auch Stadtbewohner, die im Wohnraum das ganze Jahr über Pflanzen anbauen wollen.
Wo möchten Sie mit Ihrem Unternehmen in fünf Jahren sein – was ist Ihr höchstes Ziel?
In den nächsten fünf Jahren werden wir die Marke Etagrow und unsere Technologie weltweit etablieren. Außerdem streben wir einen Jahresumsatz von 1,5 bis 2 Millionen Euro an und werden einen neuen Firmenstandort für unsre Produktion aufbauen.
Könnten Sie sich einen besseren oder idealen Ort für Ihr Start-up vorstellen?
Bis jetzt funktioniert unser Standort gut. Eine größere Stadt wie Amsterdam würde aber klar Vorteile bringen. Die Niederlande hat einen Technik Hub in Hortikultur und die Universität Wageningen genießt hohes Ansehen in den Zweigen Biologie und Botanik. Auch die Netzwerke sind dort besser. Außerdem könnten wir in den Niederlanden im Cannabis-Bereich forschen.
Was macht Ihre Innovation besser oder anders als existierende Dinge?
Wir geben dem Effizienz-Gedanken mehr Raum und gehen mit dem Klimasystem neue Wege. Außerdem haben wir überdurchschnittlich viel Zeit und Energie in die das technische Konzept gesteckt. Dadurch ist unser Produkt sehr durchdacht. Das Design ist minimalistisch – mit Ausnahme des lichterzeugenden Teils. Das System ist leicht zusammenzubauen und macht – bei Entsorgung – wenig Müll. Last but not least ist die Investition in das Beleuchtungssystem für Gewächshäuser refinanzierbar.
Danke für das Gespräch.
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