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Mehr als 40 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms wurde im Jahr 2018 aus erneuerbaren Energien gewonnen. Den Löwenanteil lieferten hierbei Windkraftanlagen, dank des Supersommers konnte auch die Solarenergie zulegen. Mehr als die Hälfte des Stroms wird jedoch weiterhin aus fossilen Brennstoffen gewonnen. Länder wie Costa Rica sind Deutschland da bereits weit voraus.

Das zentralamerikanische Land hat die erneuerbaren Energien in den letzten Jahren enorm ausgebaut. So wird auch der Strom für die immer zahlreicher werdenden E-Autos vollständig aus erneuerbaren Quellen erzeugt. Mittlerweile deckt Costa Rica mehr als 99 Prozent seines gesamten Strombedarfs aus regenerativen Energien – und die Sonne spielt dabei nur eine kleine Rolle. Der größte Teil des Stroms (78 Prozent) entsteht aus Wasserkraft, jeweils rund zehn Prozent aus Wind und Erdwärme, Sonnen- und Bioenergie haben nur einen verschwindend geringen Anteil von knapp einem Prozent.

Bis 2030 hat sich auch die Bundesregierung zum Ziel gesetzt, 65 Prozent des Energiebedarfs aus Ökostrom zu produzieren und ein Weg dahin könnte über Power-to-X (PtX) führen. In einer PtX-Anlage wird Strom, der bei besonders günstigen Wind- oder Sonnenverhältnissen im Überfluss produziert wird, für anderweitige Nutzung umgewandelt. Dazu gehört die Transformation von Strom zu Wärme (Power-to-Heat, PtH), zu Gas (Power-to-Gas, PtG), zu chemischen Produkten (Power-to-Chemicals, PtC) oder zu Kraftstoffen (Power-to-Fuel, PtF).

Um die Möglichkeiten der unterschiedlichen Techniken weiter zu erforschen, hat das Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen (MWIDE) in den vergangenen Jahren ein Projekt des Virtuellen Instituts „Strom zu Gas und Wärme“ gefördert. In diesem virtuellen Institut arbeiten sieben Forschungsinstitutionen aus NRW (unter anderem Fraunhofer UMSICHT, die Ruhr Universität Bochum RUB und das Forschungszentrum Jülich) im Auftrag der Landesregierung daran, diese Flexibilitätsmaßnahmen unter Einbeziehung des Energiemarktes, der Netzstabilität und des stetig wachsenden Gesamtsystems weiterzuentwickeln. Erste Ergebnisse aus den Jahren 2015 bis 2017 wurden jetzt veröffentlicht.Erneuerbare Energien

Power-to-X-Technologien

Mit Fokus auf Verkehr und Industrie haben die Forscher in Langzeitszenarien die Möglichkeit betrachtet, mit unterschiedlichen Strategien der Power-to-X-Technologien die Treibhausgase zu reduzieren und haben diese Ergebnisse in ein integriertes Strommarkt- und Stromnetzmodell einfließen lassen.

Desweiteren wurden Standortanalysen für Power-to-X-Anlagen durchgeführt und die Pfadanalyse von Fraunhofer UMSICHT beschreibt ein „3-Säulen-Modell“, bestehend aus der direkten Verwendung von Strom für energieintensive Prozesse, aus Methoden, mit denen schwer aufzuarbeitende Ressourcen erschlossen werden können und aus sogenannten „Carbon-Capture-and-Utilisation-(CCU) Verfahren“. Bei diesen CCU-Verfahren wird mit Hilfe von elektrischem Strom Wasserstoff erzeugt, mit dem man CO2chemische Grundstoffe und sogar Treibstoffe herstellen kann.

Im Rahmen der Experimente hat das Forschungszentrum Jülich eine Anlage zur Demonstration der Power-to-Gas-Technologie errichtet und in Betrieb genommen. Neben der Elektrolyse und einer auf einer chemischen Methanerzeugung basierenden Demonstration des PtG-Verfahrens haben die Wissenschaftler bei Fraunhofer UMSICHT auch ein biologisches Verfahren zur Herstellung von Methan aus CO2 an einer eigens hierzu entwickelten Technikumsanlage untersucht. Dabei kamen Bakterien zum Einsatz, die unter anaeroben Bedingungen CO2 und Wasserstoff zu Methan verarbeiten können. Wie bei der chemischen Methanisierung wurde der Wasserstoff auch hier durch eine Elektrolyse bereitgestellt. Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigten, dass bei der Umsetzung des Verfahrens der Stofftransport zu den Mikroorganismen entscheidend ist und für eine industrielle Umsetzung noch verbessert werden muss.

Aufgrund der Forschungsergebnisse riet das Konsortium unter anderem dazu, PtX-Anlagen als Teil der Netzentlastung zu integrieren. „Der Zusammenschluss von sieben verschiedenen Forschungseinrichtungen aus NRW hat gezeigt, dass eine Zusammenarbeit auf dieser Basis sehr effektiv gestaltet werden kann. Die Bündelung der unterschiedlichen Kompetenzen ergibt einen deutlichen Mehrwert für die deutsche Energieforschung“, resümiert Dr. Thomas Marzi, Abteilungsleiter Ideenfabrik am Fraunhofer UMSICHT. In einem geplanten Folgeprojekt wird Fraunhofer UMSICHT PtX-Technologien zur Herstellung von Chemikalien für die chemische Industrie weiterentwickeln.

Fotos: Pixabay

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