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Stickstoff aus Luftverunreinigungen regt das Baumwachstum an. Zuviel Stickstoff bewirkt allerdings das Gegenteil. Ein länderübergreifendes Forscherteam konnte jetzt erstmals den Wert ermitteln, der zum Kippeffekt führt.

Der Stickstoff in der Luft stammt zum größten Teil aus der Landwirtschaft wie zum Beispiel aus Gülle, Tierfutter und Kunstdünger. Im Wald wirkt dieser wie Dünger und regt das Baumwachstum an. Ist der Stickstoffausstoß zu hoch, kann dies allerdings zum gegenteiligen Effekt führen und das Baumwachstum hemmen. Der Grund: Ein Übermaß an Stickstoff führt zu einem übersäuerten Boden, der den Bäumen in der Folge die wichtigen Nährstoffe nicht mehr liefern kann.

Ab welcher Grenze das Baumwachstum gehemmt wird, war bisher unbekannt.

Hemmung des Baumwachstums

Jetzt wiesen Forschende nach, dass das durch Stickstoffausstoß bewirkte Baumwachstum auf eine jährliche Menge von etwa 30 Kilogramm pro Hektar Wald begrenzt ist.

Die Studie lief von 1995 bis 2010 und wurde in 23 europäischen Ländern durchgeführt. Beobachtet wurden 442 Waldflächen. In die Untersuchung gingen etwa 100.000 Laub- und Nadelbäume ein, die mehrere Millionen Messdaten lieferten. Messgrößen waren Art, Höhe und Durchmesser des Stammes genauso wie verschiedene Klima- und Umweltfaktoren – wie etwa der Schadstoffeintrag aus der Luft und die Bodenqualität. Die Laufzeit der Studie erstreckte sich über 15 Jahre und zeigte dadurch auch die Entwicklung der verschiedenen Messgrößen.

Die Waldflächen waren durchwegs natürlich gewachsen und bewirtschaftet. Wobei die Form der Bewirtschaftung den größten Einfluss auf das jährliche Baumwachstum zeigte. Entscheidend waren zwei Aspekte:

  • das Alter der Waldbestände;
  • die Anzahl der Bäume – und somit der Konkurrenzdruck;

Faktor Umwelt

Die Waldbeobachtungsflächen wiesen große Unterschiede in Geographie, Geologie, Boden, Meereshöhe, Klima und anderen Umweltfaktoren auf. Trotzdem: der größte Umweltfaktor war der über die Luft in den Boden eingetragene Stickstoff. Sobald der lokale Stickstoffausstoß über dem Kipppunkt liegt, kam es zu einer Hemmung des Baumwachstums. Am stärksten zeigte sich dieser Effekt bei Buchen.

Andere Umweltfaktoren wie zum Beispiel Lufttemperatur, Niederschlag oder Ozon hatten einen geringeren Einfluss auf das Baumwachstum.

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Manuelle Messung des Stammumfangs (c) Anne Thimonier, WSL

Vorangegangene Studien

In Versuchen der vergangenen Jahrzehnte ermittelten Forschende für mitteleuropäische Wälder einen Stickstoffgrenzwert von zehn bis 20 Kilogramm pro Hektar und Jahr. Ein direkter Vergleich dieser Ergebnisse ist jedoch nicht möglich. Die betreffenden Studien beziehen sich auf einen langfristig erhöhten Stickstoffausstoß. Untersucht wurde nicht nur dessen Auswirkung auf das Baumwachstum, sondern auch auf andere mögliche Aspekte wie etwa Biodiversität, Flechten, Pilze und Nitratauswaschung.

Die Resultate legen nahe, dass der Stickstoffausstoß weiterhin begrenzt werden sollte, um einer globalen Hemmung des Baumwachstums in Wäldern vorzubeugen.

Über die Studie

Die in der Studie verwendeten Daten und Standorte stammen vom europäischen Waldbeobachtungs-Netzwerk International Co-operative Programme on Assessment and Monitoring of Air Pollution Effects on Forests (ICP Forests). Die Leitung der Studie lag bei der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL Birmensdorf. Erstautorin war Sophia Etzold von der WSL.

Originalpublikation:

Etzold, S.; Ferretti, M.; Reinds, G.J.; Solberg, S.; Gessler, A.; Waldner, P.; Schaub, M.; Simpson, D.; Benham, S.; Hansen, K.; Ingerslev, M.; Jonard, M.; Karlsson, P.E.; Lindroos, A.; Marchetto, A.; Manninger, M.; Meesenburg, H.; Merilä, P.; Nöjd, P.; De Vries, W., 2020: Nitrogen deposition is the most important environmental driver of growth of pure, even-aged and managed European forests. Forest Ecology and Management, 458: 117762 (13 pp.). doi: 10.1016/j.foreco.2019.117762

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