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Innenstädte bieten mehr und mehr ein trauriges Bild. Geschäfte schließen und die Flächen können nicht neu vermietet werden, da die Mieten teuer sind und die Kunden ausbleiben. Die sitzen nämlich lieber in ihren vier Wänden vor ihrem Computer und bestellen online. Während der kleine Laden um die Ecke immer seltener wird, boomt der Onlinehandel.

„Viele Innenstädte in Deutschland sind in höchster Not. Früher attraktive und vitale Zentren verlieren an Zugkraft, vielerorts finden beunruhigend wenige Menschen den Weg in die Fußgängerzonen und Ladenzeilen“, schrieb der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE) Stefan Genth im Februar 2019 an Bundesinnenminister Horst Seehofer. In der Folge würden Leerstände für eine Verschlechterung der Versorgungssituation in vielen Kommunen sorgen.

Darüber hinaus sei der Verlust des lebendigen Stadtzentrums für viele Bürger auch ein Verlust ihrer Heimat. „Es müssen dringend Sofort-Maßnahmen ergriffen werden, um diese Entwicklung abzufedern. Die Politik darf diesem Erosions-Prozess nicht länger nur zuschauen.“ Die schaut jedoch weiter zu und wirkt einer Verbesserung der Situation mit Fahrverboten noch entgegen. „Hier werden die Bemühungen um die Innenstadtentwicklung der letzten Jahre sowie die Erfolge der Städtebauförderung ad absurdum geführt“, bedauert Genth.

Einzelhandel
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Onlinehandel und stationären Handel verbinden

Laut aktueller Zahlen bekommen insbesondere kleine und mittelständische Einzelhandelsgeschäfte die Online-Konkurrenz zu spüren. Im Jahr 2018 legte der Onlinehandel um satte zehn Prozent zu, während der stationäre Einzelhandel gerade mal ein Prozent Zuwachs zu verzeichnen hatte.

In Forschungszentrum Jülich hat man sich dieses Problems mit dem Forschungsprojekt „ON4OFF“ nun aber angenommen und vielleicht einen Weg gefunden, das Veröden der Innenstädte zu stoppen: Man möchte Online-Shopping und stationären Handel besser verbinden. Zunächst soll allerdings nur dem Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen auf die Sprünge geholfen werden, um ihn wettbewerbsfähiger gegenüber Online-Anbietern zu machen. Möglich gemacht werden soll das durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz und einer Software, die im Jülich Supercomputing Centrespeziell für dieses Projekt entwickelt wird.

ON4OFF setzt auf Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernens. Dabei soll KI „den Dialog mit Kunden verbessern, die bevorzugt in Läden in ihrer Region einkaufen und so stationären und Online-Handel intelligent verzahnen.“ Das heißt, eine lokale Parfümerie mit einem eigenen Onlineshop könnte ihren Kunden zum Beispiel speziell auf sie zugeschnittene Angeboten anbieten. Die nötigen Informationen bekommen die Betreiber auf Basis einer detaillierten Analyse von freigegebenen Kundendaten wie Kaufhistorie, Feedback im Webshop, Hauttyp, Unverträglichkeiten, allgemeinen Verkaufstrends und Social Media Influencern.

Stellen sich diese Modelle bei Test-Einsätzen in ausgesuchten Ladenlokalen als geeignet und effektiv heraus, soll das Konzept auf weitere Branchen ausgeweitet werden

… sagen die Jülicher Forscher. Ein Team des Jülich Supercomputing Centre unter der Leitung von Prof. Morris Riedel arbeitet bereits daran, KI-Modelle zur Vorhersage vom künftigen Kaufverhalten der Kunden zu erarbeiten. Dabei nutzen sie personalisierte Datenanalysen und überprüfen gleichzeitig auch deren Effektivität. Außerdem muss sich erweisen, ob sie auch für einen Einsatz im Ladenlokal geeignet sind.

ON4OFF beschäftigt sich mit Konzepten und Anwendungen von KI, um den Dialog mit den Kunden verbessern, die hauptsächlich in den ihrer Region einkaufen und widmet sich der Verschmelzung von Online-Shopping und stationärem Handel. Schwerpunktthemen sind Cyber Physical Systems, Industrie 4.0, IT-Sicherheit, Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen.

Das Projekt ist auf drei Jahre angelegt und wird mit rund 2,1 Millionen Euro vom NRW-Wirtschaftsministerium und dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung der EU (EFRE) gefördert. Weitere 1,2 Millionen Euro werden als Eigenmittel von den beteiligten Projektpartnern aufgebracht. Beteiligt sind neben dem Forschungszentrum Jülich das Kommunikationsunternehmen IN-telegence GmbH, das Software-Unternehmen adesso AG, die Universität Duisburg-Essen, die Hochschule Niederrhein sowie, als Anwendungspartner, die Parfümerie Pieper.

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