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Die gängige Behandlung von Prostatakrebs beginnt nach der Diagnose im Allgemeinen mit der Entfernung der Prostata, danach folgt Strahlentherapie von außen oder innen, und/oder auch eine Chemo- oder Hormontherapie. Ist der Krebs aber schon fortgeschritten, gibt es oft kaum noch Therapiemöglichkeiten. Eine Möglichkeit ist, radioaktive Moleküle über eine Andockstelle der Tumoroberfläche, PSMA, in die Zelle einzuschleusen. Diese Moleküle sollen die Zelle dann zerstören. Nuklearmediziner der Universität des Saarlandes in Saarbrücken haben jetzt herausgefunden, dass eigentlich schon wirkungslos gewordenes Medikament dazu führt, dass auf der Tumoroberfläche viel mehr PSMA-Moleküle entstehen, die wiederum weit mehr Radioaktivität in die Tumorzellen senden, als das bis dato der Fall ist.

Entscheidend dabei sind zwei Rezeptoren auf der Tumoroberfläche: Das „Prostataspezifische Membranantigen“ (PSMA), das sehr häufig auf der Oberfläche von Prostatatumoren vorkommt. Außerdem spielt eine Sorte Rezeptoren auf dem Tumor eine Rolle, an die männliche Geschlechtshormone wie Testosteron andocken. Über das PSMA ist es den Wissenschaftlern gelungen‚ radioaktiv strahlende Substanzen in die Tumorzelle einzuschmuggeln, um so die bösartigen Zellen von innen zu zerstören. Prinzipiell können die Ärzte umso mehr Radioaktivität in die Zellen einbringen, je mehr es davon gibt, ohne die Gesamtdosis zu erhöhen.

„Prostatatumore benötigen Testosteron wie ein Auto Benzin“, erklärt der Nuklearmediziner Professor Samer Ezziddin. Wie seine Kollegen ist Endizzin auf die Behandlung von fortgeschrittenem Prostatakrebs spezialisiert. Eine bestimmte Therapie zielt daher darauf ab, diese Rezeptoren zu blockieren und dem Krebs somit den Sprit zu entziehen. „Das funktioniert mit Medikamenten wie zum Beispiel Enzalutamid eine Zeitlang sehr gut, der Tumor schrumpft dann in der Folge”, weiß der Mediziner. „Nach einer gewissen Zeit – einige Monate, vielleicht zwei Jahre, wenn es gut läuft – wirkt das Medikament aber nicht mehr, der Tumor wächst dann wieder.“ Das das Medikament dann nicht mehr wirkt, wird es meistens abgesetzt.

Weitere Studien nötig

Die besondere Wirkung dieses eigentlich wirkungslosen Medikaments entdeckten die Wissenschaftler, indem sie ihrem Bauchgefühl folgten. „Wir hatten den Verdacht und später eindeutige Hinweise, dass die PSMA-Dichte zunimmt, wenn der Androgenrezeptor auf der Tumoroberfläche, an den das Testosteron andockt, blockiert ist“, sagt Ezziddin. Und sie hatten Recht. „Wir konnten nachweisen, dass mit der Gabe von Enzalutamid die PSMA-Dichte auf der Tumoroberfläche deutlich zugenommen hat, selbst wenn es eigentlich gar keine Wirkung mehr in seinem ursprünglichen Sinn gezeigt hat und schon abgesetzt wurde“, erläutert Samer Ezziddin.

Die Studie war zwar auf nur zehn Patienten begrenzt, nach der Verabreichung von Enzalutamid stieg die Anzahl der PSMA-Moleküle auf den Tumorzellen bei allen aber deutlich an. „Auf diese Weise ist es uns möglich, viel mehr radioaktive Substanz in die Tumorzellen einzuschleusen und diese gezielt bis auf Mikrometerebene hinab zu von innen zu bestrahlen“, erklärt Ezziddin. Mit der so genannten PSMA-gerichteten Radioligandentherapie ließen sich Prostatatumore künftig viel effizienter und schonender behandeln als bisher.

Als nächstes müssten diese Studienergebnisse in größeren Studien weiter erforscht und untermauert werden, erklärt Samer Ezziddin das weitere Vorgehen in der Forschung. Er und seine Kollegen wollten ihre Entdeckung jedoch so schnell wie möglich verbreiten, da diese neuen Erkenntnisse vielen Patienten helfen könnten, betont er. „Daher haben wir uns für diese ‚short communication‘ entschieden. Denn ich gehe davon aus, dass selbst diese kleine Studie zu einem drastischen ‚Management change‘ in der Behandlung des fortgeschrittenen Prostatakrebses führen wird.“