In Seen, Flüssen und im Meer ertrinken jedes Jahr Hunderte Menschen. 2020 waren es laut Zahlen der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) – trotz Coronapandemie und eines relativen durchwachsenen Sommers – mindestens 378 Menschen, die hauptsächlich in Seen und Flüssen ihr Leben ließen. Da diese Gewässer in der Regel nicht durch Rettungsschwimmer bewacht sind, kommt Hilfe oft erst viel zu spät. Gerade bei Ertrinkungsunfällen sind schnelle Hilfemaßnahmen allerdings dringend nötig.
Vor Kurzem berichtete IO über einen schwimmenden Wasserroboter, der in Zukunft Menschen vor dem Ertrinken retten soll. Der bekommt jetzt Unterstützung aus der Luft. Wissenschaftler der TH Köln wollen gemeinsam mit der Nickel Holding GmbH ein modernes drohnenbasiertes Rettungssystem entwickeln, das Ertrinkenden ebenfalls helfen soll. “Da es für nicht fachlich ausgebildete Personen oftmals sehr gefährlich ist, selbst aktiv einzugreifen, arbeiten wir an technischen Lösungen für schnelle Hilfe bei solchen Unfällen“, sagt Projektleiter Prof. Dr. Ompe Aimé Mudimu vom Institut für Rettungsingenieurwesen und Gefahrenabwehr.
Immer einsatzbereit
Dazu will die Nickel Holding GmbH eine Outdoor-Drohne entwickeln, die in wenigen Sekunden bei dem Ertrinkenden sein und zum Beispiel einen Rettungsring zum ihm herablassen kann. Positioniert wird die Drohne in einem Hangar an einer “taktisch wichtigen Stelle”, also an einem Ort, an dem keine schelle Hilfe durch Rettungsschwimmer möglich ist. Da sie immer einsatzbereit gehalten wird, kann sie im Notfall in kürzester Zeit am Einsatzort sein und Leben retten.
Gestartet wird die Drohne von einer Rettungsleitstelle, nachdem diese einen Notruf mittels einer von der Nickel Holding GmbH bereits entwickelten App oder per Telefon erhalten hat. “Ein mögliches Szenario ist, dass Passanten einen Notruf an die zuständige Rettungsleitstelle absetzen”, sagt Lennart Landsberg, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt. “Mit Hilfe der Smartphone-Anwendung können dann GPS-Daten übermittelt werden. Die Leitstelle gibt daraufhin den Start der Drohne frei, die autonom zum Einsatzort fliegen und das Auftriebsmittel herablassen oder eine Verbindung via Mikrofon herstellen kann.” Außerdem soll die Leitstelle die Drohne aus der Ferne steuern können.
Einbindung in bestehende Einsatzorganisationsstrukturen
Um die Anforderungen für so ein drohnenbasiertes Rettungssystem zu erarbeiten, arbeitet das Institut für Rettungsingenieurwesen und Gefahrenabwehr mit der DLRG und Organisationen wie der Feuerwehr zusammen. Außerdem muss die neue Technologie auch in die bestehende Einsatzorganisationsstruktur eingebunden werden.
“Wir ermitteln, wie das System optimal in den Alarmweg integriert werden und die Leitstelle es möglichst effizient nutzen kann. Dazu entwickeln wir in Zusammenarbeit mit den im Projekt beteiligten Organisationen wie der DLRG ein einsatztaktisches Konzept”, so Landsberg. “In Workshops werden neben Expertinnen und Experten zudem Studierende in den Prozess mit eingebunden.” Die Wissenschaftler wollen das drohnenbasierte Rettungssystem im Rahmen von Feldtests und einer Abschlussübung evaluieren.
Das Forschungsvorhaben GUARDIAN wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Rahmen des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) über zwei Jahre gefördert.