Was tun, wenn plötzlich viele Mensche Handys & Co. laden wollen, aber keine Infrastruktur vorhanden ist? Ganz einfach: Ausrangierte Solar-Panels als Einzelmodule upcyceln und zur Verfügung stellen – bei Naturkatastrophen, in Entwicklungsländern oder aber auch auf Festivals. Genau diesen Gedanken hatten die Macher von Suncrafter, einem Berliner Start-up, das überall auf der Welt für sauberen Strom sorgen und gleichzeitig die Kreislaufwirtschaft durch Upcycling ankurbeln möchte. Wir sprachen mit Lisa Wendzich, die gemeinsam mit ihrem Partner Bryce Felmingham das nachhaltige Start-up ins Leben rief.
Welche Motivation steckte hinter der Idee, Suncrafter zu gründen?
Die Idee zu SunCrafter kam mit der steigenden Anzahl an Geflüchteten im Jahr 2015. Hier haben wir gesehen, dass es an einer zuverlässigen ad-hoc Stromquelle mangelt, um den Menschen sofortigen Zugang zu Energie zu ermöglichen. Auch mit Blick auf die Gesamtbevölkerung offenbart sich dieses Defizit: Weltweit gibt es immer noch eine Milliarde Menschen ohne Zugang zu Strom. Finanzielle Mittel sind das eine Problem, aber es fehlt auch an technischen Lösungen. Hier setzen wir an!
Technische Expertise bringen mein Vater und mein Lebensgefährte mit, die gemeinsam in der Solar-Wartung selbstständig waren. Mit fallenden Preisen für Solarmodule wurde die Wartung für die Industrie unrentabel – statt die Fehlerquelle in einem Solarfeld zu finden und zu beheben, werden nun alle Module ausgetauscht.
Es wird erwartet, dass so bis zum Jahr 2050 80 Mio. Tonnen Solarschrott anfallen. Das Recycling ist aufwendig und extrem energieintensiv. Deshalb arbeiten wir mit Second-Life Panels als Ressource und upcyceln sie im Sinne der Kreislaufwirtschaft.
Was ist das Besondere an euren Modulen?
Das Besondere an unseren Modulen ist die Technologie dahinter. Sie ermöglicht es, dass die Module ohne weitere Komponenten zuverlässig grünen Strom produzieren. Dadurch haben wir eine Stromquelle, die ohne technisches Know-how von jedem Menschen genutzt werden kann. Sie ist extrem robust gegen äußere Einflüsse ist und bleibt trotzdem bezahlbar. Das sind für uns die entscheidenden Faktoren, um allen Menschen in jeder Lage Strom zugänglich zu machen.
Gab es Hürden, die euch fast zum Aufgeben gezwungen hätten?
Natürlich! Sich selbst zu finanzieren und dabei organisch zu wachsen stellt ein Start-up vor viele schwierige Entscheidungen, gerade, wenn es um Investitionsfragen geht. Die Verantwortung, die eigenen Mitarbeiter fair zu bezahlen, ist groß. Unser Entschluss, vorerst nicht mit Investoren zu arbeiten und Verantwortung in die “falschen” Hände zu legen, spielt da auch nochmal mit rein.
Welcher Moment im Bezug auf die Gründung macht dich besonders stolz?
2019 haben wir es endlich geschafft, erste Module in energiearme Regionen außerhalb von Europa zu bringen. Zum Beispiel konnten wir eine Siedlung im brasilianischen Amazonasgebiet als Partner für ein Pilotprojekt gewinnen, das uns erlaubt hat, unser Produkt anhand eines echten Anwendungsfalls zu untersuchen. Zeitgleich konnten wir den Menschen dort, die in guten Zeiten lediglich wenige Stunden Strom am Tag haben, eine Stromquelle zur Verfügung stellen, die einen wesentlichen Beitrag zu ihrer Lebensqualität beigetragen hat. Solche Situationen zeigen einem auf, dass unsere Arbeit hier tatsächlich ein Potenzial und einen tieferen Sinn hat. Stolz sind wir auch auf die tollen Partner, die wir in letzter Zeit dazugewonnen haben. Es ist schön und wichtig, dass das Interesse an erneuerbaren Energien größer wird und man gemeinsam an Lösungen arbeiten kann.
Was sind eure Pläne für die Zukunft?
Aktuell konzentrieren wir uns auf den urbanen Markt. Energielösungen für die Mikro-Mobilität sind ein heißes Thema. Es zeigt ein akutes Problem auf, das wir mit unserem Produkt direkt angehen können. Gleichzeitig bauen wir unser Netzwerk im Energiesektor aus. Wir arbeiten weiter mit Partnern zusammen an Pilotprojekten und Produkttests in energiearmen Regionen, um unsere Produkte dort sobald wie möglich verfügbar zu machen. Sobald wir alle Anforderungen für den Relief-Bereich erfüllen – die sind nämlich extrem hoch – können wir uns unserem ursprünglichen Ziel widmen und Menschen in Katastrophenregionen und Geflüchteten-Lagern unterstützen.
Und wann würdest du sagen: Ziel erreicht?
Wenn Zugang zu sauberem Strom gerade im globalen Süden weitgehend gegeben ist und Kreislaufwirtschaft und erneuerbare Energien selbstverständlich zusammen gehören.