Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) haben Parallelen zwischen der Corona-Pandemie und der Klimakrise analysiert. In ihrer Analyse zeigten sie einerseits auf, was politische Entscheidungsträger und Bürger von der Corona-Pandemie lernen können und andererseits, wie man die Lektionen daraus anwenden könnte, um die globalen CO2-Emissionen zu reduzieren.
Der Umgang mit der aktuellen COVID-19-Pandemie könnte wertvolle Erkenntnisse für die Bemühungen zur Eindämmung des Klimawandels liefern, erklären die Wissenschaftler. Einen Weg zu diesem Ziel sehen sie in einem „Klima-Corona-Vertrag”. Der müsse sowohl die jüngere als auch ältere Generation gleichermaßen miteinbeziehen.
„Die Corona-Krise ist ein Testfall für globale Notfallvorsorge und -management im Allgemeinen“, sagt Kira Vinke, die Hauptautorin des Artikels „Corona and the climate: a comparison of two emergencies“. „Die Pandemie hat gezeigt, dass eine noch größere Gesundheitskrise abgewendet werden kann, wenn die Reaktionszeit auf ein Minimum beschränkt wird. In der Tat sollten wir uns genau diese Lektion zu Herzen nehmen und sie auf die Klimakrise anwenden.“
Vier Dimensionen an Risiken
Vinke und ihre Kollegen teilten das Risikomanagement für beide Gebiete in vier Dimensionen ein: Diagnose, Prognose, Therapie und Rehabilitation. Daraus leiten sie ab, „welche Lehren aus der COVID-19-Pandemie zur Stabilisierung der globalen Mitteltemperatur gezogen werden könnten“. Man müsse sowohl die Risiken und Ursachen der Coronavirus- als auch der Klimakrise wissenschaftlich untersuchen und quantifizieren, erklärt PIK-Direktor und Co-Autor Johan Rockström.
Genauso wichtig wie die Diagnostik seien aber auch prognostische Ansätze: „Länder wie Neuseeland und Deutschland waren in der Lage, die möglichen Auswirkungen des Ausbruchs präventiv abzufedern und sofort zu handeln. Die Weltgemeinschaft muss ebenso die Bewertung der Klimarisiken in die Entscheidungsfindung einbeziehen und entsprechend handeln.“
Erkenntnisse, die man aus Corona-Krise gewonnen habe, könnten dazu beitragen, diese auch in Bezug auf den Klimawandel anzuwenden und so Wege zur Behandlung der Ursachen und Symptome des Problems zu entwickeln. „Sowohl die Corona- als auch die Klimakrise sind das Ergebnis des zunehmenden, durch Menschen verursachten Drucks auf den Planeten,“ sagt Ko-Autorin Sabine Gabrysch. „Aber die gute Nachricht ist, dass die Pandemie gezeigt hat, dass es mit einer Kombination aus staatlichem Handeln und individuellen Veränderungen des Lebensstils möglich ist, Schäden zu verhindern. Wenn es einen Willen gibt, gibt es auch einen Weg.“
Mitgefühl und Solidarität
Um dies zu erreichen, schlagen die Forscher einen generationenübergreifenden „Klima-Corona-Vertrag”. Dieser soll „von Vernunft und dem Prinzip der sozialen Gerechtigkeit“ geprägt sein. „Die jüngeren Generationen würden sich damit einverstanden erklären, die Älteren vor COVID-19 zu schützen, indem sie an Maßnahmen wie Social Distancing festhalten, während die älteren Generationen auf Maßnahmen drängen würden, um die globale Erwärmung im Einklang mit dem Übereinkommen von Paris zu halten“ beschreibt der ehemalige PIK-Direktor und Ko-Autor Hans Joachim Schellnhuber beschreibt den Ansatz.
Inwieweit sich ein solcher Vertrag im Alltag aber realisieren ließe, ist fraglich. Die Wissenschaftler sind jedoch „vorsichtig optimistisch“. Die Solidarität, die sich während der Pandemie gezeigt habe, sei vielversprechend. Im Kombination mit den neuen Formen sozialer Interaktionen, die sich aufgrund der Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus entwickelt haben, sehen die Forscher darin das Potenzial „für die dringend notwendige Stabilisierung des Weltklimas“.