Austrian Start-ups will das innovative Unternehmertum in Österreich so populär machen, wie das Skifahren. Dass es dazu eine Vereinigung braucht, zeigt, dass das nicht so einfach ist.
Austrian Start-ups wurde aus der Community für die Community gegründet – von engagierten Gründern und Investoren. Damit wollten sie innovatives Gründertum fördern. Das war 2013, als der Verein gegründet wurde. Zu diesem Zeitpunkt war Runtastic das damals erfolgreichste österreichische Start-up, auf ein Volumen von 22 Millionen Euro gewachsen. Zwei Jahre später ging die erfolgreiche Fitness-App für Smartphones um 220 Millionen Euro an Adidas. Das weckte den Enthusiasmus in der Community. Gleichzeitig verbreitete sich das Gefühl, den Anschluss an die Weltwirtschaft zu verlieren, in der die Speerspitze von Technologie-Unternehmen gebildet wurde.
Seit drei Jahren ist Markus Raunig Geschäftsführer von Austrian Start-ups. Der Betriebswirt kennt die Community nicht nur gut, sondern er bringt selbst Gründererfahrung mit. Im folgenden Interview spricht er über die Orientierung der österreichischen Start-up Szene und das politische Umfeld:
Austrian Start-ups will innovatives Unternehmertum in Österreich so selbstverständlich machen, wie Skifahren. Mit welcher Strategie?
(Lacht) Österreich ist Weltklasse im Skifahren. Sobald die Kinder drei Jahr alt sind, werden sie auf die Skier gestellt und mit sechs oder sieben fahren sie schon wie kleine Weltmeister. In der Schule fährt dann die ganze Klasse gemeinsam zum Schulskikurs – und bei den olympischen Spielen sitzen alle vor dem Fernseher und jubeln den Skistars zu. In Österreich hat wirklich jeder einen Bezug zum Skifahren – und genau diesen Bezug möchten wir mit Austrian Start-ups zum Unternehmertum herstellen. Das tun wir über drei zentrale Aktivitätsfelder:
- Wir sind kommunikationsorientiert und versuchen, Menschen zur Gründung zu motivieren. Sie sollen daran glauben, dass sie etwas bewegen können.
- Wir versuchen sie zu vernetzen – untereinander und mit Menschen, die sie unterstützen können. Das tun wir, indem wir eine erste Anlaufstelle online bieten und 60 bis 70 Events pro Jahr in Österreich organisieren.
- Der dritte Punkt ist, dass wir die Rahmenbedingungen in Österreich verbessern wollen – durch Forschung und politische Entscheidungsträger.
Österreichische Start-ups sagen, die heimische Förderlandschaft sei sehr gut. Ist sie das auch im Vergleich zu anderen europäischen Ländern?
In Umfang und Auswahl an Förderungen sicher. Aber das System hat auch eine Schwäche – es ist unflexibel. Die Start-ups leben von ihrer Flexibilität und der Möglichkeit sehr schnell auf Feedback aus dem Markt reagieren zu können – und Pläne umzustoßen. Das Fördersystem ist sehr rigide, man muss im Vorhinein detailliert darlegen, was man mit dem Geld plant und an diesen Plan muss man sich auch halten. Das schränkt die Flexibilität der Start-ups ein und birgt viel Verbesserungspotenzial.
Nur jedes achte österreichische Start-up denkt, dass die Regierung ein ernsthaftes Interesse an der Förderung von Start-ups hat. Das ergab der Austrian Start-up Monitor 2018. Was ist das Problem?
Es ist Interesse für die Start-up Szene vorhanden – und auch der Wille etwas zu tun, aber um strukturelle Verbesserungen umzusetzen, braucht es Mut. Auf politischer Ebene ist das nicht so einfach. Es gibt Menschen und Organisationen, die gegen Veränderung sind und vor allem gewisse Marktpositionen schützen wollen. Wir haben in Österreich ein Problem mit dem Protektionismus. Das heißt der Markteintritt ist schwierig.
Das Gros der österreichischen Start-ups (34,9%) ist im Bereich Software tätig und 21 Prozent davon haben das Geschäftsmodell Software as a Service. Ist diese Wahl vom Interesse der österreichischen Investoren geprägt?
Start-ups in Österreich neigen zu einem Weg der frühen Profitabilität; anders als in anderen Ländern, wo es normal ist, dass man stark auf Wachstum setzt und einige Jahre hinweg nicht profitabel ist – besonders im Consumer-Bereich. Der Approach österreichischer Start-ups ist konservativer. Das wird einerseits kulturell weitergegeben und andererseits von Investoren – und es führt dazu, dass es sehr attraktiv ist, Business-to-business zu arbeiten. Weil da die Voraussetzungen für die Umsetzung gut sind und schnell Geld zu holen ist. Ich glaube, daran liegt es, dass Software as a Service in Österreich ein Fokus ist. Andererseits gibt es auch schon einige Erfolgsbeispiele in dem Bereich – wie etwa Runtastic – und das hat dann Sogwirkung.
Wie innovativ ist die österreichische Wirtschaft? Das heißt, wie schwierig ist es für die Start-ups Kooperationspartner unter heimischen Unternehmen zu finden?
Das ist sehr vom Fall abhängig. Aber prinzipiell sind Kooperationen immer eine Herausforderung, weil sich Start-ups in Kultur und Geschwindigkeit sehr von bestehenden Unternehmen unterscheiden. Und wenn zwei verschiedene Kulturen aufeinanderprallen, dann birgt das oft sehr viele Herausforderungen.
Natürlich gibt es Synergie-Effekte. Start-ups profitieren vom Marktzugang und der Glaubwürdigkeit von Unternehmen. Es öffnen sich Türen, die sich sonst wahrscheinlich nicht geöffnet hätten. Gleichzeitig profitieren die Unternehmen von der Innovativität und dem Image der Start-ups.
Aber wenn ein Start-up zu früh eine Kooperation mit einem großen Unternehmen eingeht, dann fokussiert es sich zu sehr auf das Unternehmen und das kann die Geschwindigkeit enorm bremsen. Entscheidungen in großen Unternehmen dauern oft mehrere Monate.
Rund drei Viertel der befragten Startups haben bereits internationale Märkte erschlossen, 42 Prozent wollen von Tag eins globale Märkte erschließen. Ist der österreichische Markt zu klein? Die Produkte zu speziell?
Start-ups haben das wachstumsorientierte Denken in ihrer DNA. Jedes Land hat seine Eigenheiten und es kann durchaus falsche Schlüsse hervorrufen, wenn man alle Entscheidungen und alle Erfahrungswerte auf einem Markt aufbaut. Daher ist es sinnvoll, schnell auch länderübergreifend zu agieren – wenn das Produkt das ermöglicht.
Oft sind aber die Unternehmen am erfolgreichsten, die einen starken Heimmarkt haben?
Das ist sicher ein Faktor, der für Europa allgemein und im Vergleich zu Amerika gilt. Wir haben in Europa 27 Einzelmärkte, die individuell reguliert sind und keinen gemeinsamen Markt wie in den USA. In einem gemeinsamen europäischen Markt wäre es einfacher ein wirklich erfolgreiches Start-up zu starten.
Danke für das Gespräch.
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