Weltweit erkranken jedes Jahr mehr als 1,7 Millionen Frauen an Brustkrebs, bei rund einer halben Million verläuft er tödlich. Während es im Bereich der Therapie in den letzten Jahren immer weitere Fortschritte gegeben hat, gab es diese Fortschritte auch auf dem Gebiet der Diagnostik. Die neueste Entwicklung kommt nun aus der Schweiz, wo Forscher der Universität Zürich (UZH) einen Weg gefunden haben, Brustkrebs-Antikörper einfach und schnell radioaktiv zu markieren.
In der Nuklearmedizin werden radioaktive Antikörper für die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) verwendet. Diese Untersuchung macht biochemische und physiologische Funktionen im Organismus sichtbar, verbessert die Krebsdiagnose und hilft, Chemotherapien zu überwachen. Außerdem werden radioaktiv markierte Antikörper auch für die Krebsbehandlung entwickelt.
Diese sogenannten Radiopharmaka (=radioaktive Substanzen wie z.B. Gallium, Kupfer, Zirkonium) werden an ein Medikament (z.B. Trastuzumab, einen Antikörper zur Behandlung von Brustkrebspatientinnen) angedockt oder auch an ein von Krebszellen produziertes Antigen, wie das das HER2-Antigen. Dabei werden die Radiopharmaka zur Diagnostik (d.h. Abklärung, wo im Körper solche Antigene lokalisiert sind, an die sich die Antikörper andocken) oder zur Therapie intravenös in den Körper der Untersuchungsperson gespritzt. Nachdem sie die Tumorzellen im Körper gezielt aufgespürt haben, bestrahlen sie diese im Therapiefall direkt am Zielort, ohne das umliegende, gesunde Gewebe unnötig zu beschädigen.
Durch die Kombination von Photo- und Radiochemie können wir Proteine viel schneller und einfacher radioaktiv markieren – buchstäblich im Handumdrehen
Bisher waren die Verfahren zur Radiomarkierung von Eiweißen sehr zeitaufwändig und schwierig automatisierbar, da das Protein in einem mehrstufigen Verfahren gereinigt, an eine metallbindende chemische Substanz gekoppelt, isoliert, gelagert und dann radioaktiv markiert werden muss. Das Team von Jason P. Holland, Professor am Institut für Chemie der UZH hat nun eine neuartige Methode entwickelt, um radioaktive Diagnostika und Medikamente mithilfe von UV-Licht herzustellen. „Durch die Kombination von Photo- und Radiochemie können wir Proteine viel schneller und einfacher radioaktiv markieren – buchstäblich im Handumdrehen“, sagt Holland.
Die Forscher produzierten hierzu eine Reihe neuartiger chemischer Verbindungen, die radioaktive Metallionen wie Gallium, Kupfer und Zirkonium binden können. Außerdem haben die Moleküle eine spezielle chemische Gruppe, die durch die Bestrahlung mit UV-Licht aktiviert wird. „Das UV-Licht bewirkt, dass der kleine Metallkomplex extrem schnell und effizient mit bestimmten Aminosäuren reagiert, die in Antikörpern und anderen Proteinen vorkommen“, betont Holland. Dadurch konnten die Wissenschaftler den Prozess einer solchen Ankettung von Antikörpern an radioaktiven Substanzen wie Gallium oder Zirkonium somit die Herstellung von Radiopharmaka mittels UV-Strahlung extrem beschleunigen.
Radiomarkierung in weniger als 20 Minuten
Die Problematik bei der Radiomarkierung von Eiweißen für die PET-Bildgebung ist die Zeit. Die in den Körper einzuspritzenden schwach radioaktiven Substanzen müssen eine sehr kurze Halbwertzeit haben, damit deren Strahlung nicht gesunde Zellen schädigt oder gar abtötet – wie Gallium, das in der Nuklearmedizin häufig verwendet wird und sehr schnell zerfällt. Das erfordert eine kurze Zeitspanne zur Herstellung solcher radioaktiv markierter Substanzen, was extrem schwierig ist und eine enorme Logistik erfordert.
Dem Team der UZH ist es mit einem bahnbrechenden Verfahren, bei dem Antikörper, Chelat und Metallion zusammengemischt und mit Licht bestrahlt werden, gelungen, Trastuzumab in weniger als 20 Minuten mit radioaktivem Gallium zu markieren. Diese Methode sei auch mit dem Medikamentenpräparat, das den Patienten gespritzt wird, ohne den Antikörper zuvor aufzureinigen, erfolgreich gewesen, betonen die Forscher. „Das effiziente Verfahren vereinfacht die Produktion radioaktiv markierter Proteine enorm. Es ist nicht notwendig, das Zwischenprodukt zu isolieren und zu charakterisieren, bevor das radioaktive Metallion angeheftet wird – ein immenser Vorteil“, sagt Holland.
Das Team entwickelte die Methode anschließend so weiter, dass die Radiomarkierung auch mit dem langsamer zerfallenden Zirkonium gelang. Dadurch konnten sie den radioaktiv markierten Brustkrebs-Antikörper in weniger als 15 Minuten in hoher Ausbeute und Reinheit synthetisieren. Ein Test mit Mäusen zeigte weiterhin, dass der Antikörper für die PET-Bildgebung ebenso gut funktioniert, wie herkömmlich hergestellte.
Patentanmeldung eingereicht
„Die automatisierte photoradiochemische Synthese hat das Potenzial, Art und Weise, wie radioaktiv markierte Antikörper und andere Proteine in Wissenschaft und Medizin verwendet werden, zu revolutionieren“, freut sich Jason P. Holland. Er hat bereits ein Patent für das neue Verfahren angemeldet und will die Technologie kommerziell weiterentwickeln. In Zukunft soll die Methode so weiterentwickelt werden, dass sie auch bei anderen Krebsarten eingesetzt werden kann.
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