Obwohl sie im Arbeitsalltag große Vorteile bringen können, schrecken viele kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) vor Anwendungen, die auf Künstlicher Intelligenz beruhen, zurück. Insbesondere in der Qualitätskontrolle bietet KI aber viel Potenzial. Allerdings ist das Trainieren der Modelle schwierig und ohne mathematisches Wissen kaum machbar, da es unzählige Parameter gibt, die in eine solche Analyse fließen können. Und nachdem ein KI-Algorithmus angelernt ist, ist er nur auf die gelernten Spezifikationen trainiert. Wird ein Produktdesign oder die Geometrie eines Bauteils später auch nur leicht geändert, erkennt der Algorithmus das als Fehler und die KI muss neu trainiert werden.
Forscher des Fraunhofer-Instituts für Digitale Medientechnologie IDMT in Ilmenau haben nun die Software “IDMT-ISAAC” entwickelt, die auch ohne umfangreiches KI-Expertenwissen bedient werden kann. IDMT-ISAAC steht für Industrial Sound Analysis for Automated Quality Control. “Wir wollen KMU befähigen, die KI-Algorithmen selbst anzupassen und zu adaptieren”, sagt Judith Liebetrau, Gruppenleiterin Industrial Media Applications am Fraunhofer IDMT. “Sie können IDMT-ISAAC auf ihre eigenen Audiodaten anwenden, neu trainieren und somit schnelle und verlässliche Ergebnisse und Entscheidungshilfen für ihre Qualitätssicherung erhalten.”
KI auch ohne Expertenwissen bedienbar
IDMT-ISAAC setzt bei der Analyse auf Akustik, da man Fehler vielfach schon am Klang des Prozesses erkennen kann. Zum Training der KI nutzen die Wissenschaftler aufgezeichnete akustische Daten von Schweißprozessen. Dabei analysiert die KI die typischen Geräusche, die entstehen und zieht aus den Audiodaten Rückschlüsse auf die Qualität der jeweiligen Schweißnaht. Sollte dann beispielsweise die Geometrie eines Produkts geändert werden, kann der Anwender diese IDMT-ISAAC mit nur ein paar Klicks beibringen. Bereits im Sommer 2021 soll die Software soweit an den Live-Betrieb angepasst sein, dass das System Echtzeit-Daten aus der Produktion umgehend analysieren und die Qualitätssicherung optimieren kann. In drei bis vier Jahren soll es es sogar in der Lage sein, aktiv in die Produktion eingreifen zu können.
Das Framework, das im Zentrum von IDMT-ISAAC steht, bietet aber nicht nur beim Schweißen neue Analysemöglichkeiten. “Wir haben im Baukasten diverse Methoden integriert, um andere Prozesse wie Fräsen relativ schnell abbilden zu können”, erläutert Liebetrau. Unternehmen, die bereits über eine eigene Software verfügen, sollen diese in Zukunft auch nutzen können. Zudem sollen sie aber auch über eine Schnittstelle auf dem Server des Fraunhofer IDMT auf die KI des Instituts zugreifen können. Den Entwicklern ist es hier wichtig zu betonen, dass Datenschutz und Datensicherheit stets beachtet und die Daten anonymisiert verarbeitet würden. Egal ob die Unternehmen über eine Schnittstelle auf die KI zugreifen oder sie über das Framework im Unternehmen integriert wird.
KI nachvollziehbar machen
Für unterschiedliche Nutzergruppen – KI-Neulinge ebenso wie KI-Experten – kann die Software über verschiedene Nutzerprofile angepasst werden. So sei es beispielsweise für Entwickler von KI-Algorithmen sehr interessant, ein Gefühl dafür zu bekommen, auf welche Weise die KI ihre Entscheidung trifft und an welchen Geräuschen sie diese festmacht, sagt Judith Liebetrau. “Wir gehen mit dem Framework daher auch ein Stück weit Richtung Explainable AI, um die KI nachvollziehbarer zu machen”, sagt Liebetrau.
Die Forscher stellen IDMT-ISAAC auf der Hannover Messe vom 12. bis 16. April 2021 vor. Am virtuellen Messestand können Bescher Modelle der Künstlichen Intelligenz mit IDMT-ISAAC auf industrielle Audiodaten anwenden und so deren Qualität zu überprüfen.
Titelbild: Das neue Software-Framework IDMT-ISAAC des Fraunhofer IDMT liefert KI-basierte Audioanalyse-Werkzeuge, welche auch von Anwendern ohne KI-Expertenwissen genutzt werden können. © istock.com/Byjeng, istock.com/TIMETOFOCUS
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