Quantencomputer (c) R. Knabl
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Alpine Quantum Technologies entwickelt einen kommerziell nutzbaren Quantencomputer – und misst sich dabei mit Konzernen wie Google und IBM. Anders als Google arbeitetdie Ausgründung mit der Ionenfalle – und hält mehr von einer funktionierenden Fehlerkorrektur als von der Steigerung der Qubits.

Alpine Quantum Technologies ist eine Ausgründung der Universität Innsbruck und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Gründer sind Quantenphysiker, die 2022 einen Prototypen für einen Quantencomputer vorstellen wollen. Das Modell soll die Größe eines 19-Zoll-Server-Racks haben und modular aufgebaut sein, um einsatzspezifische Lösungen zu ermöglichen.

Quantencomputer können viele Zahlen gleichzeitig verarbeiten

Grundlegend für alle Quantentechnologien sind Quantenbits, die nicht wie klassische Bits nur einen Wert von null oder eins haben, sondern zugleich null oder eins sein können. Dieser Überlagerungszustand von Qubits – als Superpositionsprinzip bekannt – ermöglicht es Quantencomputern, viele Zahlen gleichzeitig zu verarbeiten. Hingegen führen konventionelle Rechner eine Rechenoperation nach der anderen durch – und sind im Vergleich langsamer.

Zudem müssen in einem Quantencomputer mehrere Qubits miteinander verschränkt werden. Bei diesem Phänomen bleiben zwei Quantensysteme über beliebige Distanzen miteinander verbunden. Manipuliert man einen Qubit, so beeinflusst das unmittelbar auch den Zustand des anderen.

Dennoch funktioniert der Rechenvorgang im Quantencomputer deterministisch, wie jede klassische Rechnung. Das Ergebnis erhält man durch Messen des Quantenregisters. Die Messungen basieren auf Wahrscheinlichkeiten, so Mitgründer Professor Rainer Blatt, Leiter des Instituts für Experimentalphysik an der Universität Innsbruck. Gegebenenfalls kann der Algorithmus mehrfach ausgeführt werden, um das Ergebnis zu erhalten.

Vorteile der Ionenfalle

Die Universität Innsbruck machte sich einen Namen in der Ionenfallen-Forschung – und Blatt hält die Technologie für die ausgereifteste weltweit. Nicht zuletzt, weil auch die ersten Quantenschaltkreise mit Ionenfallen realisiert wurden. Es waren die ausgezeichneten Quantenphysiker Peter Zoller und Ignacio Cirac, welche die Technologie für den Quantencomputer vorschlugen. Zoller ist Mitgründer von Alpine Quantum Technologies. Cirac ist Mitglied des Beirats.

Die Entwicklung Technologie für die Ionenfalle erfolgte am Institut für Experimentalphysik an der Universität Innsbruck und am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der ÖAW.

In einer Ionenfalle werden Ionen, also elektrisch geladene Atome mittels elektrischer und magnetischer Felder festgehalten. Abhängig von Art und Stärke der einwirkenden Felder kann man gezielt Ionen einer bestimmten Masse festhalten. Durch das Manipulieren von einzelnen identischen Atomen kann das Team von Alpine Quantum Technologies die vollständige Verschränkung der einzelnen Qubits garantieren. Dies sei bei supraleitenden Schaltkreisen nicht der Fall. Unter den weiteren Vorteilen der Technologie sind

  • eine topologisch kodierte Quantenfehlerkorrektur;
  • die Realisierung eines skalierbaren Kurzalgorithmus;

Quantum Supremacy

Google hatte zuletzt behauptet, mit supraleitenden Schaltkreisen erstmals die Überlegenheit von Quantencomputern gegenüber klassischen Rechnern demonstriert zu haben. Supraleitende Schaltkreise basieren auf Computerchips – und in den vergangenen Jahren floss viel Geld in die Herstellung von Computerchips. Deshalb ortet Blatt darin lediglich die Hoffnung von Forschern und Investoren, diese für Quantencomputer nutzen zu können. Aus seiner Sicht gibt es bis dato noch keinen Beleg für die Überlegenheit einer technologischen Plattform. Zwei entscheidende Probleme habe auch Google noch nicht gelöst:

  • die bislang mangelnde Skalierbarkeit;
  • den Nachweis der Verschränkung der Qubits;

Funktionierende Fehlerkorrektur

Problematisch sei auch, dass sich die Entwicklung von Quantencomputern in der Steigerung von Qubits erschöpfe. Für Berechnungen, die über die Leitungsfähigkeit klassischer Computer hinausgehen, seien zunächst 45 Qubits ausreichend. Und diese werden an der Universität Innsbruck bald möglich sein, so Blatt.

Wichtiger sei es, zunehmend komplexe Berechnungen auf Quantencomputern einer funktionierenden Fehlerkorrektur zu unterziehen. Zwar seien bereits Techniken vorhanden und auch implementiert – deren serielle Anwendung sei allerdings noch nicht gegeben. Die Entwicklung einer funktionierenden Fehlerkorrektur geht laut Blatt eng einher mit der Entwicklung skalierbarer Techniken.

Ausgezeichnete Forschungsbasis

Peter Zoller und Ignacio Cirac aus dem Team von Alpine Quantum Technologies wurden im August 2019 gemeinsam mit dem John-Stewart-Bell-Preis für die Erforschung grundlegender Fragen der Quantenmechanik und ihrer Anwendungen ausgezeichnet. Zoller ist Professor für Theoretische Physik an der Universität Innsbruck und Wissenschaftlicher Direktor am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Innsbruck. Cirac ist Direktor der Abteilung Theorie am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching.

Die Forschungsarbeiten der Ausgründung wurden durch eine Unterstützung der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) ermöglicht.

 

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