Im Radsport zählt jedes Gramm. Gleichzeitig steht Leichtigkeit meist im Widerspruch mit Widerstandsfähigkeit. Das Wiener Start-up Tubolito entwickelte einen Fahrradschlauch, der die beiden Eigenschaften verbindet und bei Durchstichen bis zu dreimal so robust ist wie ein konventioneller Fahrradschlauch.
Co-Gründer Akos Kertesz im Interview:
Was habt ihr vor der Gründung eures Start-ups gemacht und wie ist die Idee entstanden?
Wir sind beide Techniker. Christian ist Chemiker und ich bin Maschinenbau-Ingenieur. Wir haben gemeinsam in der Smartphone-Industrie gearbeitet und an einem möglichst langlebigen Material für Lautsprechermembranen geforscht. Dabei sind wir auf thermoplastisches Polyurethan (TPU) gestoßen, einen sehr leistungsfähigen Kunststoff. Beide leidenschaftliche Mountainbiker, vermuteten wir darin auch ein geeignetes Material für einen Fahrradschlauch. So entstand die Idee zu Tubolito.
Ihr sagt, der Fahrradschlauch hat dringend eine Innovation gebraucht. Was war das Problem und warum ist das wichtig?
Während es in anderen Bereichen der Fahrradtechnik permanent Innovation gibt, wurden Fahrradschläuche schon seit Ewigkeiten nicht weiterentwickelt. Herkömmliche Schläuche bestehen aus Butyl beziehungsweise Latex. Beides hat Vor- und Nachteile. Unsere Tubolitos verbinden alle Vorteile und können je nach Anlassfall auf bestimmte Eigenschaften optimiert werden.
Dabei konzentrieren wir uns vor allem auf die Aspekte Leichtigkeit, Stabilität und Kompaktheit.
- Leichtigkeit: Im Radsport zählt jedes Gramm. Tubolitos sind bis zu 80 Prozent leichter als herkömmliche Produkte. Das Gewicht wird an der rotierenden Masse eingespart – also dort, wo eine Gewichtsreduktion am effektivsten ist.
- Stabilität: Das von uns verwendete Material wird in anderen Branchen wie zum Beispiel der Automobilindustrie bereits angewendet. Die Vorteile liegen in der Verbindung von Leichtigkeit und Widerstandsfähigkeit. Gegenüber Durchstichen ist ein Tubolito bis zu dreimal so robust wie ein konventioneller Fahradschlauch.
- Kompaktheit: Im Vergleich zu herkömmlichen Fahrradschläuchen sind Tubolitos dank der geringen Wandstärke im aufgerollten Zustand äußerst klein. Dadurch können sie problemlos in jeder Trikot- oder Satteltasche mitgeführt werden.
Was war das größte Hindernis, das ihr überwinden musstet? Gab es einen Moment in dem ihr aufgeben wollten?
Die Fahrradindustrie hat ihre eigenen Regeln – und Stakeholder, die für den Endverbraucher meist nicht ersichtlich sind. Als Branchenneulinge mussten wir viel lernen, zum Beispiel über die Vertriebsstruktur, die Anforderungen an eine Verpackung, etcetera. Allerdings fanden wir schon früh Partner, die uns in der Vermarktung unterstützt haben. Inzwischen sind wir in der Lage, unsere Produkte weltweit anzubieten.
Was waren die bisher schönsten Momente? Welche Leistungen haben euch wirklich stolz gemacht?
Wenn wir Tubolitos im Fachhandel oder an einem Fahrrad im Einsatz sehen, sind das ganz besondere Momente. Dabei wird uns immer wieder bewusst, dass sich all die Arbeit gelohnt hat und wir eine ursprünglich abstrakte Idee tatsächlich in die Realität umsetzen konnten.
Wie schwer war es, eine Finanzierung zu bekommen?
Auch in der Finanzierung hatten wir eine sehr gute Beratung und Unterstützung durch INiTS, den Start-Up Inkubator der TU Wien. Nach einigen Verhandlungen wurden wir schnell mit einem Business Angel einig und konnten uns wieder auf die Entwicklung und Industrialisierung der Produkte konzentrieren.
Wie nachhaltig ist Tubolito?
Als leidenschaftlichen Radfahrern ist uns die Umwelt ein großes Anliegen. Durch den Einsatz hochwertiger Materialien können wir unsere Fahrradschläuche mit deutlich weniger Wasserverbrauch und CO2-Emissionen herstellen, als dies bei Fahrradschläuchen aus Butyl oder Latex der Fall ist. Im Vergleich zu einem Fahrradschlauch aus Latex spart die Herstellung eines Tubolitos bereits die Wassermenge von rund 15 gefüllten Badewannen. Außerdem sammeln wir die Produktionsabfälle um diese der Herstellung anderer Produkte zuzuführen, wie zum Beispiel der Schuhsohlenproduktion.
Wo möchtet ihr mit Ihrem Unternehmen in fünf Jahren sein – was ist euer höchstes Ziel?
Wir sehen uns als Tube-Engineers und arbeiten ständig an der Weiterentwicklung unserer Produkte. Unser Ziel ist es, den perfekten Fahrradschlauch für jeden Anwendungsfall zu schaffen.
Was macht Tubolito besser/anders als existierende Dinge?
Unsere Erfahrung ist in der Industrie sicher von großem Nutzen. Als Techniker haben wir ein permanentes Interesse, unsere Produkte weiter zu verbessern. Wir forschen, entwickeln und testen täglich und sind erst dann zufrieden, wenn die Ergebnisse unseren hohen Standards entsprechen.
Danke für das Gespräch.
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