Hydrogenious ist das Produkt eines universitären Forscherteams, das schon an Wasserstoff glaubte, als dieser in Deutschland noch keine Bedeutung hatte. Sie haben es geschafft, den schwer handzuhabenden Wasserstoff speicherbar und transportabel zu machen. Nach einer erfolgreichen Finanzierungsrunde wollen sie ihre LOHC-Technologie jetzt global positionieren und „Wasserstoff zum Erdöl des regenerativen Zeitalters machen“, so Mitgründer Daniel Teichmann.
Wasserstoff hat – bezogen auf die Masse – den dreifachen Energiegehalt von Benzin. Das ist für einen Energieträger eine beeindruckende Eigenschaft. Allerdings hat Wasserstoff auch die niedrigste Dichte aller Gase und ist damit schwer zu handhaben. Er verflüchtigt sich leicht, ist entzündlich und muss aufwändig unter hohem Druck oder niedrigen Temperaturen gelagert werden.
Hydrogenious LOHC Technologies nahm die Herausforderung an und löste beide Probleme: Verflüchtigung und Entzündlichkeit. Das Start-up entwickelte ein Verfahren, in dem Wasserstoff mit Öl (Dibenzyltoluol) risikolos gespeichert und transportiert werden kann. Der Effekt? Die bestehende Infrastruktur kann genutzt werden – sowohl die Kraftstofftanks an Tankstellen als auch die Leitungen für den Transport. Damit wäre der Weg für eine emissionsfreie Mobilität und Industrie bereitet.
Hydrogenious LOHC Technologies ist eine Ausgründung aus der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Der Geschäftsführer und Mitgründer Daniel Teichmann beschäftigt sich schon seit Beginn seiner Promotion 2009 mit LOHC (liquid organic hydrogen carriers). Zur Gründung führte ein entscheidender technologischer Durchbruch 2013. Mitgründer sind die Professoren Peter Wasserscheid, Wolfgang Arlt und Eberhard Schlücker.
2016 konnte das, was zuvor schon bei Laborbedingungen funktionierte, erstmals in technischer Größenordnung umgesetzt werden. Die erste LOHC-Dehydrierungsanlage ging im Fraunhofer IAO in Stuttgart in Betrieb. Elektrolyse und Hydrierung erfolgen am Firmensitz in Erlagen. Das Verfahren funktioniert folgend:
- Der Wasserstoff wird auf Basis von Solarstrom mittels PEM-Elektrolyse erzeugt.
- Die Hydrierung erfolgt durch die chemische Bindung von Wasserstoffmolekülen an den flüssigen Träger durch katalytische Reaktionen.
- Bei der Dehydrierung werden erneut katalytische Reaktionen eingesetzt, um die Wasserstoffmoleküle aus dem flüssigen Trägermedium freizusetzen.
- Das Trägermaterial verbraucht sich nicht und kann immer wieder verwendet werden.
Zielgruppen sind sowohl der Industrie- als auch der Mobilitäts- und der Energiesektor. Überall dort wo Wasserstoff in großen Mengen zum Einsatz kommt, beispielsweise die Lebensmittel- oder Chemieindustrie, Stahlindustrie und natürlich Wasserstofftankstellen. Dabei sind es zwei Typen von Anlagen, die Hydrogenious verkauft:
- Die StoragePLANT oder die StorageBOX kann in wasserstofferzeugenden Windparks für die Hydrierung genutzt werden.
- Die ReleasePLANT oder die ReleaseBOX kann an den Tankstellen beziehungsweise den Industriebetrieben für die Dehydrierung genutzt werden.
Daniel Teichmann im Interview:
Was motiviert sie und welches Problem lösen Sie?
Wir glauben an Wasserstoff als regenerative Energie. Das hat uns 2013 motiviert, die Firma zu gründen. Damals hätten wir die Technologie auch mit Industriepartnern entwickeln können, aber wir wollten uns lieber unternehmerisch betätigen.
Was war das größte Hindernis, das Sie überwinden mussten? Gab es einen Moment in dem Sie aufgeben wollten?
Aufgeben kam uns nie in den Sinn und es gab glücklicherweise auch nie einen Anlass dafür. Dennoch ist das Gründen und die Entwicklung einer Firma eine große Herausforderung. Am Anfang steht zumeist die Aufgabe, eine Finanzierung zu finden. In Deutschland gibt es keine besonders ausgeprägte Kultur für Wagniskapitalfinanzierung. Im angelsächsischen Raum und in China ist das anders. Vor sechs Jahren hat Wasserstoff in Europa noch keine große Rolle gespielt. Seit einem Jahr hat sich das geändert. Als Universitäts-Ausgründung haben wir mit einer Technologie begonnen, die auf Laborebene funktioniert. Wir mussten sie erst auf Industrieebene bringen und kommerziell relevant skalieren.
Was waren die bisher belohnendsten Momente?
Die erfolgreiche Finanzierungsrunde im Juli 2019, bei der wir gleich vier Partner gefunden haben, die nicht nur als Kapitalgeber fungieren, sondern sich auch strategisch einbringen. Das war ein großer Meilenstein in der Geschichte von Hydrogenious LOHC Technologies.
Wie sind die Bedingungen an Ihrem Standort?
Für uns ist der Standort Erlangen ideal, aufgrund der Nähe zur Universität, mit der wir auch eng zusammenarbeiten. Außerdem gibt es hier eine gute Verfügbarkeit von Fachkräften. Wir haben auch großes Glück mit unserem Vermieter, der uns tolle Räumlichkeiten für Büro und Werkstatt bietet.
Wo möchten Sie mit Ihrem Unternehmen in fünf Jahren sein?
Wir wollen aus dem Demo-Level in große industrielle Projekte kommen und Hydrogenious LOHC Technologies global erfolgreich positionieren. Unsere Technologie soll dann Wasserstoff einfach und effizient über große Entfernungen transportieren – wie zum Beispiel von Afrika nach Europa – und eine emissionsfreie Industrie ermöglichen.
Was unterscheidet Ihre Innovation von vergleichbaren Produkten im Bereich des Energieträgers Wasserstoff?
Wasserstoff wird als industriell genutztes Gas seit hundert Jahren produziert und gespeichert. Unsere Technologie ermöglicht die Handhabung von Wasserstoff als Flüssigkeit und dadurch die Nutzung der bestehenden Infrastruktur. Damit machen wir Wasserstoff zum emissionsfreien Kraftstoff der Zukunft. In Japan gibt es ähnliche Technologien, die aber nicht deckungsgleich sind. Mit LOHC sind wir Technologieführer und wir haben die Hoffnung, einen großen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels zu leisten zu können.
Danke für das Gespräch.
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