Luftverschmutzung, Abgasskandal, Dieselfahrverbote, es vergeht kaum noch ein Tag, an dem „Deutschlands liebstes Kind“, das Auto, nicht für mindestens eine Nachrichtenmeldung sorgt. Im letzter Zeit drehen sich diese Meldungen aber immer mehr um die Möglichkeiten neuer Antriebsarten und -stoffe, die nach Möglichkeit keine oder nur sehr wenig schädliche Emissionen abgeben.
Insgesamt gibt es weltweit aktuell etwa 750 Millionen PKWs und 250 Millionen Nutzfahrzeuge, die fleißig Abgase in die Umwelt ausstoßen. Schätzungen zufolge soll sich diese Zahl von einer Milliarde Fahrzeugen bis zum Jahr 2030 noch verdoppeln. „Bezogen auf das Basisjahr 2010 wird bis zum Jahr 2030 ein Anstieg der Personenkilometer im motorisierten Individualverkehr um 12,9 Prozent prognostiziert, während die Tonnenkilometer im Güterverkehr um 16,8 Prozent steigen sollen”, erläutern Peter Gutzmer und Uwe Wagner vom Automobilzulieferer Schaeffler im Jubiläumsheft der ATZ.
Im Hinblick auf diesen Zuwachs sind neue, schadstoffarme, beziehungsweise schadstofffreie Antriebsarten und neue Transportmöglichkeiten dringend nötig, wenn wir einerseits nicht nur noch im Stau stehen und andererseits auch die Luft nicht völlig verpesten wollen. Ein riesiger Markt, der sich da für Unternehmen eröffnet. Kein Wunder, dass das Rennen um den besten und vielversprechendsten Antrieb immer mehr an Fahrt aufnimmt.
Die momentane Nummer eins scheint der Elektromotor zu sein, wobei allerdings auch der Strom, der die Fahrzeuge dann antreibt, erst CO2-neutral produziert werden muss. Andere Lösungsansätze sind, die altbewährten Benzin- und Dieselmotoren durch eine intelligente Regelung und Steuerung der innermotorischen Prozessabläufe so zu verbessern, dass auch sie weniger Schadstoffe produzieren. Eine weitere, mögliche Lösung des Problems, an der fleißig geforscht wird, sind umweltfreundliche Kraftstoffe wie Ethanol, Erdgas, Wasserstoff oder OME (siehe: Synthetische Kraftstoffe für emissionsfreie Verbrennungsmotoren). Dazu kommen Car Sharing, fliegende Autos, oder auch das Hyperloop-Prinzip.
“Verbrennungsmotoren, die 2030 noch im Mobilitätsmix mitspielen wollen, müssen deutlich effizienter und sauberer sein als heutige Fahrzeuge”, erklärt Otmar Scharrer vom Automobilzulieferer Mahle in der ATZ und spricht dabei die Notwendigkeit zur Optimierung der Motormechanik, sprich die Verringerung der Reibleistung an. Hierbei könnte der CO2-Ausstoß durch Innovationen im Luftpfad, ein intelligentes Thermomanagement, einen optimierten Ölkreislauf, niederviskosen Ölen und weniger Reibung den Motorkomponenten um zwei bis fünf Prozent gesenkt werden. „Eine flächendeckende Anhebung von E10 auf E20 würde bei synthetischer Erzeugung durch regenerativen Strom bis zu zehn Prozent CO2 bei Ottomotoren sparen”, sagt er und erklärt, die entsprechende Technik dazu sei bereits heute vorhanden.
Beim Ausbau der Elektromobilität sieht Scharrer momentan noch die Infrastruktur zum Batterieladen und die Kapazität der Batterien wie Speicherkapazität, Lebensdauer und Kosten als Hindernis. Neben der CO2-neutralen Gewinnung von Strom müsse auchdie Batterieentwicklung vorangetrieben werden. „Insbesondere die Verfügbarkeit von Schnellladestationen muss deutlich erhöht werden”, betont er.
Technologie für Elektromobilität auf dem Vormarsch
Dem Thema Elektromobilität hat sich unter anderem Freudenberg Sealing Technologies in Weinheim an der Bergstraße verschrieben, die ihr umfassendes Portfolio für die Elektromobilität auf der Battery Show North America 2018 zeigen. „Energie ist der ausschlaggebende Faktor, von dem die erfolgreiche Markt- und Technologieentwicklung der Elektromobilität abhängt“, so Claus Möhlenkamp, CEO des Unternehmens, das vor einiger Zeit Teile des Brennstoffzellen-Herstellers Elcore in München übernommen hat. „Jeder Zulieferer, der sich zu stark auf die verbrennungsmotorischen Antriebssysteme konzentriert, ist gefährdet. Deshalb ist es unerlässlich, die Veränderungen in der Branche als Chance für das eigene Unternehmen zu nutzen.“
Auf der Battery Show North America präsentiert Freudenberg Komponenten für das Thermomanagement von Batterien, wie beispielsweise Fixierungselemente für Pouch-Zellen, das Druckausgleichselement DIAvent sowie ein innovatives Hitzeschild. Dieses verhindert, dass eine einzelne schadhafte Zelle zu einer Überhitzung eines gesamten Batteriemoduls führt. Auch der Simmering mit elektrisch leitfähigem Vlies wird präsentiert: Damit werden Achsantriebe einerseits höchst zuverlässig abgedichtet und andererseits die bei Elektromotoren üblicherweise entstehende elektrische Aufladung der Antriebswelle sicher an das Gehäuse abgeleitet.
Außerdem stellt Freudenberg Lithium-Ionen-Batterien aus, zu denen unter anderem Gas Diffusion Layer und Dichtungen für Brennstoffzellen, Flachdichtungen und Zweikomponenten-Plug & Seals gehören. Diese sorgen in Elektrofahrzeugen unter anderem für die Reduzierung des Systemgewichts und ermöglichen komplexe Dichtungsgeometrien sowie eine chemische Verbindung der harten und weichen Materialien des Bauteils zur Vermeidung von Leckagen.
Ein weiteres Ausstellungshighlight ist ein keramisch imprägnierter Separator mit einem Gerüst aus ultradünnem Polyester-Vliesstoff von Freudenberg Performance Materials. Der Safety Separator bleibt im Gegensatz zu herkömmlichen Membranen wie Polyolefin-Folien auch bei extrem hohen Temperaturen von bis zu mehreren hundert Grad Celsius stabil und schrumpft nicht. Die Keramikimprägnierung sorgt dafür, dass die Porosität des Separators bei hohen Temperaturen erhalten bleibt. Zudem ist er gegenüber mechanischer Beanspruchung in der Batterieanwendung deutlich weniger empfindlich als herkömmliche Produkte.
Wasserstoffmotoren und Brennstoffzellen auf dem Abstellgleis
Noch schlechter als bei der Infrastruktur für Elektromobilität sieht es – zumindest in Europa – bei der für Brennstoffzellen aus. Ganz anders ist die Entwicklung da in Asien, wo die Japaner und Südkoreaner schon viel weiter sind. Dazu kommt, dass die Forschung in Europa stagniert, weil der Fokus immer mehr auf der Elektromobilität liegt. Dr. Nikolai Ardey von Audi sieht für diese Technik allerdings auch eine Zukunft. „Die Konzepte sind verfügbar, und wir orientieren uns daran, wie die Infrastruktur vorankommt. Wir stecken sehr viel Energie in das Ziel, die Infrastruktur selbst mit voranzubringen. Und wir planen, in der ersten Hälfte nächsten Jahrzehnts das erste Auto auch in einer Kleinserie wirklich auf den Markt zu bringen“, sagt Arday in der ATZ.
Für den Wasserstoffmotor sieht aber auch Arday ziemlich schwarz. „Der Wirkungsgrad ist einfach geringer als bei der Brennstoffzelle. Der ist aber für ein Brennstoffzellenfahrzeug eminent wichtig, denn auch beim Lkw mit 700-bar-Wasserstofftank ist das Thema Reichweite schon ein limitierendes“, erklärt er. Außerdem verrenne ein Wasserstoffmotor das Gemisch bei sehr hohen Temperaturen, „deutlich oberhalb des Zeldovich-Punktes, wo sehr viel NOX entsteht. Das heißt, man muss eine sehr umfangreiche NOX-Abgasnachbehandlung machen, was natürlich wieder die Attraktivität schmälert.“
Welche Antriebsformen sich letztlich durchsetzen werden, bleibt abzuwarten. Vermutlich wird von jedem etwas dabei sein, vermuteten Scharrer, Gutzmer und Wagner.