Am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) entsteht eine weltweit einzigartige Versuchsanlage. Ihre Aufgabe wird es sein, CO2 (Kohlendioxid) aus der Umgebungsluft abzuziehen und in hochreines und industriell nutzbares Carbon Black umzuwandeln.
Die globale Erderwärmung soll bis Ende des Jahrhunderts auf unter zwei Grad begrenzt werden. Dazu haben sich die globalen Regierungen im Pariser Klimaabkommen 2015 verpflichtet. Um dieses Ziel zu erreichen, sind nicht nur Treibhausgasemissionen zu reduzieren, sondern auch bereits emittiertes CO2 wieder aus der Atmosphäre zu entfernen. Technische Lösungen sind noch zu finden.
In der Versuchsanlage am KIT will man das schädliche Treibhausgas CO2 aus der Umgebungsluft abziehen und daraus Carbon Black machen, einen Rohstoff für High-Tech Anwendungen. Der pulverförmige, hochreine Kohlenstoff Carbon Black kann etwa in der Elektronik-, Druck-, oder Bauindustrie eingesetzt werden. Forschungspartner sind die Ineratec GmbH, eine Ausgründung aus dem KIT, sowie Climeworks, eine Ausgründung der ETH Zürich.
Postfossiler Rohstoff
Der Ansatz unterscheidet sich von bisherigen Konzepten zur Reduzierung von atmosphärischem CO2. So ist etwa bei den Carbon-Capture-and-Storage-Methoden (CCS) lediglich die Speicherung von CO2 in tiefen Gesteinsschichten vorgesehen. Gegenüber flüchtigem CO2 sei fester Kohlenstoff weniger komplex in der Handhabung, erklärt der Projektkoordinator Benjamin Dietrich vom Institut für Thermische Verfahrenstechnik (TVT) am KIT. Darüberhinaus sei dieser als Rohstoff nützlich. Bislang wurde Carbon Black hauptsächlich aus fossilem Erdöl hergestellt. Weshalb Dietrich von einer postfossilen Rohstoffversorgung spricht.
Die Versuchsanlage am KIT soll mehrere Prozessschritte miteinander kombinieren. Diese wurden im Labormaßstab bereits entwickelt und untersucht. Jetzt sollen sie erstmals im Verbund in einer integrierten Anlage realisiert werden. Der Erfolg des Versuchs wird wesentlich von der Integration der Prozessbausteine und der Prozessführung abhängen.
Von CO2 zu Carbon Black
Zunächst wird CO2 aus der Umgebungsluft gefiltert. Das geschieht im Direct-Air-Capture (DAC)-Verfahren und mit Hilfe eines Adsorbers. Der nächste Schritt erfolgt in einem mikrostrukturierten Reaktor. Darin wird das CO2 mit erneuerbarem Wasserstoff kombiniert und in Methan und Wasser umgewandelt. Das erzeugte Methan wird in einen mit flüssigem Zinn befüllten Blasenreaktor geleitet und dient im weiteren Prozess als Kohlenstoffträger. Hier wird durch die aufsteigenden Methanblasen eine Pyrolysereaktion ausgelöst und Methan zerfällt in seine Bestandteile:
- Wasserstoff, der direkt in die Methanisierung zurückgeführt wird;
- fester Kohlenstoff in Form von mikrogranularem Pulver, dem Carbon Black;
Die Versuchsanlage soll auf dem Gelände des KIT entstehen und den Betrieb über einen längeren Zeitraum demonstrieren. Es sind mehrere Ausbaustufen geplant, um die Leistungsfähigkeit pro Container zu steigern und den parallelen Betrieb mehrerer Anlagen beobachten zu können.
Organisation
Das KIT ist für die Projektkoordination und den Betrieb der Anlage verantwortlich und trägt darüberhinaus mit der Pyrolysetechnologie zum Projekt bei. Folgende KIT-Institute sind beteiligt:
- das Karlsruher Flüssigmetalllabor (KALLA) als Einrichtung des Instituts für Thermische Energietechnik und Sicherheit (ITES);
- das Institut für Thermische Verfahrenstechnik (TVT);
Das Projekt läuft unter der Bezeichnung NECOC (NEgative CarbOn dioxide to Carbon) und wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) über die Laufzeit von drei Jahren mit insgesamt 1,5 Millionen Euro gefördert.
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