Die Augen von Fruchtfliegen haben – wie auch die vieler anderer Insekten – eine dünne, transparente Beschichtung mit antireflektierenden, antiadhäsiven Eigenschaften. Wissenschaftler der Universität Genf (UNIGE), der Universität Lausanne (UNIL) und der ETH Zürich (ETHZ) haben eine solche Beschichtung nun künstlich hergestellt, die nur aus zwei Bestandteilen besteht: einem Protein namens Retinin und Hornhautwachs.
„Die Nanobeschichtung, die die Oberfläche der Augen einiger Insekten bedeckt, wurde Ende der 1960er Jahre bei Motten entdeckt”, sagt Vladimir Katanaev, Professor in der Abteilung für Zellphysiologie und Stoffwechsel an der medizinischen Fakultät der UNIGE und leitender Forscher der Studie. „Sie besteht aus einem dichten Netz kleiner Vorsprünge von etwa 200 Nanometern Durchmesser und mehreren Dutzend Nanometern Höhe. Sie hat den Effekt, die Lichtreflexion zu verringern.”
Kleiner, aber wichtiger Effekt
Die Hornhaut eines Insekts ohne diese Schicht reflektiere typischerweise etwa 4% des einfallenden Lichts, mit der Schicht sinke dieser Wert auf null, erklären die Wissenschaftler. Vier Prozent würden zwar nicht viel erscheinen, bei Dunkelheit könnten sie aber entscheidend sein. Außerdem würde die Schicht, dank ihrer antiadhäsiven Eigenschaften, auch gegen kleinste Staubpartikel in der Luft schützen. Um diese gewünschten Effekte künstlich zu erzielen, mischte das Team Retinin und Wachs auf verschiedenen Arten von Oberflächen wie Glas oder Kunststoff.
„Es ist uns in der Folge gelungen, Retinin mit Hilfe von Bakterien, die zu diesem Zweck gentechnisch verändert wurden, sehr kostengünstig herzustellen”, so Professor Katanaev weiter. „Nach der Reinigung haben wir es mit verschiedenen kommerziellen Wachsen auf Glas- und Kunststoffoberflächen gemischt. Danach konnten wir die Nanobeschichtung sehr leicht reproduzieren. Sie ähnelt im Aussehen der Beschichtung, die man bei Insekten findet, und hat antireflektierende und antiadhäsive Eigenschaften. Wir glauben, dass wir diese Art von Nanobeschichtung auf fast jede Art von Oberfläche aufbringen können, einschließlich Holz, Papier, Metall und Kunststoff.“
Beschichtung bleibt im Wasser stundenlang stabil
In ersten Tests konnten die Forscher zeigen, dass die Beschichtung im Wasser bis zu 20 Stunden stabil ist. Diese vielversprechenden Ergebnisse haben bereits das Interesse bei Herstellern von Kontaktlinsen und von medizinischen Implantaten geweckt. Diese Art der Beschichtung könnte es nämlich ermöglichen, zu kontrollieren, wo sich menschliche Zellen anheften. In der Industrie werden bisher Laser oder Säuren verwendet, um diese Ergebnisse zu erzielen, während die Methode des Genfer Teams nicht nur kostengünstig, sondern auch vollständig biologisch abbaubar ist.
Die Ergebnisse ihrer Studien haben die Wissenschaftler in der Fachpublikation Nature veröffentlicht.
Titelbild: Sukzessive Vergrößerungen eines Fliegenauges. Das Auge besteht aus vielen Facetten, die ihrerseits von einer dünnen Schicht von Ausstülpungen von einigen zehn Nanometern Höhe bedeckt sind. 1 Mikrometer (μm) = 1000 Nanometer (nm). © UNIGE/Wladimir Katanaev