Niederländer essen gerne Käse. Damit sind vor allem Milchprodukte gemeint – veganer Käse eher nicht. Nicht umsonst ist die Niederlande für seine Käseproduktion bekannt. Angeblich soll einer ersten Märkte, bei denen Käse verkauft wurde, bereits 1365 in der niederländischen Stadt Alkmaar statt gefunden haben.
Aber für jedes Kilogramm Käse, werden etwa zehn Liter Milch benötigt. Allein die Niederlande produzieren pro Jahr etwa 650 Millionen Kilogramm. Da braucht es keine fundierten mathematischen Kenntnisse, um festzustellen: Der Milch-Verbrauch in der Käse-Produktion ist enorm. Landwirte, Lebensmittelproduzenten und Verbraucher wollen aber nachhaltig agieren. Sie sind sich ihres CO2-Fußabdrucks bewusst. Deswegen suchen sie nach innovativen, milchfreien Alternativen, eben veganer Käse. Auch in Deutschland werden vegane Produkte immer beliebter. Etwa 1,3 Millionen Menschen verzichten gänzlich auf tierische Produkte. Das haben die Marktforscher der Skopos-Group herausgefunden.
Veganer Käse
Das Start-up Willicroft ist ein in Amsterdam ansässiges Unternehmen, das CO2-Emissionen verringern will. Dazu verwenden die Gründer bei der Herstellung von Käseprodukten anstatt Milch Cashewnüsse. Allein dadurch verringern sich die umweltbelastende Schadstoffe um das Zweieinhalbfache im Vergleich zu Milchprodukten. Doch das ist den Jungunternehmern nicht genug. Willicroft arbeitet auch daran, weiße Bohnen als Grundzutat für Käse einzusetzen. Gerade, wenn das Gemüse aus der Region stammt, könnte sich das positiv auf die Emissionen-Bilanz auswirken. Und sie um das 25-30fache reduzieren.
Die Mission des Gründers Brad Vanstone ist: Käse auf pflanzlicher Basis herzustellen. Sein veganer Käse soll aber nicht nur gut für die Umwelt sein. Sondern auch so weit wie möglich wie das echte Produkt schmecken. Seiner Meinung nach ist dies der Schlüssel, langfristig einen tragfähigen Markt zu schaffen. Wo könnte man besser beginnen als Land der Käseliebhaber? Also gründetet Vanstone Willicroft. Übrigens kam die Inspiration dazu von seinen Großeltern, die mehr als 60 Jahre lang britische Milchbauern waren.
Welche Lehren können Unternehmer aus Mehrgenerationenbetrieben ziehen?
Ich denke, es gibt viele Dinge, die sich ähnlich sind. Die Schlüssel zum Erfolg sind die gleichen – Hingabe, Partnerschaften und echte Liebe und Leidenschaft für das, was wir tun.
Wie werden die pflanzlichen Käsesorten von Willicroft hergestellt?
Wir beginnen immer damit, den Milchkäse, den wir reproduzieren wollen, zu untersuchen. Den Herstellungs-Prozess und die Nährwerte. Dann suchen wir pflanzliche Zutatengrundlagen, die eine ähnliche Zusammensetzung haben. Damit sind schon etwa 60 Prozent auf dem Weg bis zum fertigen Produkt erreicht. Es ist aber auch viel Try and Error bis zum veganen Käse. Dabei müssen wir auf unseren ständig wachsenden Zutatenpool zurückgreifen.
Wie würden Sie Ihren veganen Käse im Vergleich zum echten Käse beschreiben?
Unsere Mission ist es, Käse auf pflanzlicher Basis für Käse-Liebhaber herzustellen. Unser Maßstab ist der Milchkäse. Deshalb reproduzieren wir ihn in seiner Gesamtheit. Käse ist für viele Menschen, die sich pflanzlich ernähren, der letzte Stolperstein. Die Menschen sollten nicht das Gefühl haben, ein Opfer bringen zu müssen. Sie werden es auch nie müssen, wenn sie ein Willicroft-Produkt essen.
Wie groß ist der Markt in den Niederlanden und weltweit?
Im Vergleich pflanzenbasierten Fleisch- und Milchprodukten steckt er noch in den Kinderschuhen. Das wird sich aber bald ändern. Mit Käse wird in den Niederlanden derzeit ein Umsatz von etwa 1,6 Milliarden Euro erzielt. Der weltweite Käsemarkt wird bis 2023 etwa 148 Milliarden Euro erreichen. Der Umsatz von Käse auf pflanzlicher Basis soll bis 2024 voraussichtlich 3,6 Milliarden Euro betragen. Obwohl wir prognostizieren, dass diese Vorhersagen sehr konservativ sind.
Wie sieht Ihr Business-Plan für Willicroft-Käse aus?
Ich spreche lieber über unseren Umweltplan als über unseren Business-Plan. Denn ohne ihn ist der Geschäftsplan irrelevant. Unser Umweltplan besteht darin, unsere Lieferkette so nah wie möglich an unserem Produktionsstandort zu belassen. Zudem wollen die Wirkung jedes einzelnen Produkts messen. Damit wir bessere und fundiertere Entscheidungen treffen können.Wir wollen aber auch mit den Landwirten eng zusammenarbeiten, um unsere Zutaten für den veganen Käse auf den ehemaligen Milchviehbetrieben anbauen zu können.
Können Sie über etwas die Kosten und Gewinnspannen des Produkts sagen?
Unsere Gewinnspannen sind für die Lebensmittelindustrie ziemlich normal. Aber im momentanen Stadium kosten unsere Käse mehr als die Käse aus Milch, die sie ersetzen. Das ist auf drei Gründe zurückzuführen. Erstens kosten die meisten Lebensmittel, die wir kaufen, nicht das, was sie wirklich kosten sollten. Dagegen berechnen wir den realen Preis unter Berücksichtigung fairer Löhne für unsere Lieferanten. Aber auch eine selbst festgelegten Kohlenstoffsteuer für unsere Emissionen. Die Hauptbasis unserer Zutaten sind derzeit Cashewkerne. Sie sind jedoch sehr teuer. Wir wollen daher zu einer eher lokalen Basiszutat übergehen. Sie reduziert nicht nur unsere Emissionen , sondern auch unsere Preise deutlich. Und schließlich werden wir im Zuge unseres Wachstums von der Wirtschaftlichkeit des Scale-up profitieren können. Auch das wiederum senkt unsere Kosten. Wenn wir als Lebewesen überleben wollen, müssen wir unsere Ernährung drastisch ändern.
Welche Marketing-Ideen funktionieren bei Ihnen gut?
Wenn man seine Werte vorlebt und die Wirkung zu einem wichtigen Eckpfeiler seines Unternehmens macht, muss man nicht wirklich viel Marketing betreiben. Solange wir uns selbst treu bleiben, ökologische Entscheidungen über geschäftliche Entscheidungen stellen, unsere Entscheidungsfindung transparent ist und wir weiterhin köstliche Produkte herstellen, wird das Marketing von selbst laufen.
Wie kann die traditionelle Milchindustrie besser mit den Erzeugern pflanzlicher Produkte zusammenarbeiten?
So nehmen die Medien und viele Pflanzen- und Milchproduzenten diese Beziehung sicherlich wahr. Es wird allgemein angenommen, dass die Welten von Milch- und Pflanzenproduzenten weit voneinander entfernt sind. Oberflächlich betrachtet mag das vielleicht so aussehen. Aber wer sich intensiver damit auseinandersetzt, wird feststellen: Alles ist situationsbedingt. Die Realität ist, dass die meisten von uns nur versuchen, ihr Bestes mit dem zu tun, was wir zur Verfügung haben.
Da ich die Werte kenne, die meinen Großeltern am Herzen lagen, denke ich, dass sie an meiner Stelle heute genau den gleichen Weg einschlagen würden. Die Landwirtschaft liegt mir im Blut. Und sie wird weiterhin im Mittelpunkt unserer Arbeit bei Willicroft stehen. Wir müssen mit und nicht gegen diejenigen arbeiten, die Generation für Generation Lebensmittel produziert haben. Dazu müssen wir vielleicht die Landwirtschaft neu erfinden, aber die Bedeutung ihrer Rolle wird sich nicht ändern.
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