Buddy, the emotional roboter ist ein Gefährtenroboter, ein neues Wesen im Haushalt, das verschiedene soziale Funktionen im Alltag erfüllt: er weckt die Kinder, erinnert an Termine und patrouilliert durch das Haus, um ungewöhnliche Vorkommnisse zu melden. Feldstudien zum Nutzen von Gefährtenrobotern in privaten Haushalten gibt es noch kaum. Die Sozialwissenschafterin Astrid Weiss plant eine. Im Interview spricht sie über die Interaktion zwischen Mensch und Roboter, Buddy und ihr Forschungsprojekt Shared Space.
Weiss ist Senior Scientist am Institut für Visual Computing & Human-Centered Technology an der TU Wien. In ihren Forschungsprojekten geht es um die Auswirkung der Technologie auf das Alltagsleben und was Menschen veranlasst, eine Technologie abzulehnen oder anzunehmen. Nach Studien zu Produktions- und Service-Robotern widmet sie sich jetzt dem Gefährtenroboter Buddy, einem der ersten im Handel erhältlichen Roboter, der eine soziale Beziehung zum Menschen etablieren soll, so der Hersteller Blue Frog Robotics. Weiss im Interview:
Ein menschenähnliches Äußeres von Robotern soll auf Menschen eher unheimlich wirken. Wie sieht Buddy aus?
Buddy ist circa einen halben Meter groß, hat einen kleinen Kopf, aber keine Arme und rollt durch die Wohnung. Er hat einen freundlichen Gesichtsausdruck, der auf einem Display gezeigt wird, das aber noch andere Informationen liefert und auch als Touchscreen genutzt werden kann. Buddy hat also ein durchaus kreaturähnliches Aussehen, aber die Grenze zwischen Mensch und Maschine ist klar zu ziehen. Die Uncanny Valley Hypothese, die Sie ansprechen, hat Masahiro Mori, ein Robotik Professor am Tokyo Institute of Technology in den 1970er Jahren aufgestellt. Sie besagt, dass ein Roboter, der kaum von einem Menschen zu unterscheiden ist, als unheimlich empfunden wird. Aber Roboter mit menschenähnlichem Aussehen wirken nicht grundsätzlich unheimlich auf Menschen. Es gibt im Design von Service-Robotern verschiedene Annäherungen:
Wenn einem Roboter Kopf, Arme und Beine gegeben werden, dann mit der Annahme, dass diese in Umgebungen eingesetzt werden, die für den Menschen gemacht sind. Ein menschenähnliches Äußeres kann darin förderlich wirken.
In einer anderen Annahme geht man davon aus, dass Roboter Servicegeräte sind, die eine komplexe Bedienung erfordern, der Zweck des Geräts allerdings nicht ersichtlich ist. Das Design eines Stuhls zeigt mir, wie ich ihn nutzen muss. Beim Roboter ist das nicht der Fall. Deshalb spricht man auch von der Black Box Roboter. Ein menschenähnliches Design soll die Bedienung also intuitiver machen.
Sie gehen in Ihrem Forschungsprojekt davon aus, dass sich die Interaktion zwischen Nutzer und Gefährtenroboter mit der Zeit ändert. Wie können wir uns das vorstellen?
Techniker und Designer gestalten Produkte nach einem bestimmten Nutzungskonzept. Aber neue Technologien müssen sich im Alltag erst bewähren. Fraglich ist, wie die Produkte tatsächlich genutzt werden – und ob sie auch nachhaltig genutzt werden. Auch unterscheiden sich die Nutzungsweisen zwischen jungen, technikaffinen Menschen und Senioren, die vielleicht nur mit den Enkeln über Videotelefonie kommunizieren wollen. Die Funktionen müssen robust genug sein, sonst macht man die Dinge lieber selber.
Roboter bringen zusätzlich die Dimension Novelty Effect mit. Es ist häufig zu beobachten, dass sie am Anfang intensiv und auch spielerisch genutzt werden. Aber wenn die Erwartungen nicht erfüllt werden, kann es sein, dass sich dieser Effekt verflüchtigt. Wenn der Roboter nichts macht, wofür er im Alltag nützlich sein kann, wird er nicht mehr genutzt. Allerdings sind die Erwartungen auch verzerrt. Das liegt unter anderem an der Darstellung von Robotern in den Medien. Im Science Fiction Film I, Robot (2004), gibt es zum Beispiel eine Szene, in der ein humanoider Roboter dem Protagonisten nachläuft, weil dieser seinen Asthma-Spray vergessen hat. Das sind Eindrücke, die reale Roboter oft schwerfällig erscheinen lassen.
In meinem Projekt geht es um die Intensität der Nutzung und auch um den Nutzungsverlauf: welche Funktionen werden am Anfang genutzt, welche nachhaltig? Um den Novelty Effect auszuschließen, muss der Test mindestens ein halbes Jahr laufen.
Bisher war von sozialen Robotern eher im Zusammenhang mit älteren Menschen zu hören, die leicht in Isolation geraten. Sie beziehen auch junge Menschen und Familien ein?
Das wurde von den Medien so transportiert. In meiner Studie wird es möglichst viele verschiedene Haushaltskonstellationen geben: Seniorenpärchen, Studenten Wohngemeinschaften, Singles und Familien. Auch Haustiere spielen eine Rolle. Wenn ein Haustier am Boden herumtollt hat das eine andere Dynamik als ein minimalistisch eingerichteter Single-Haushalt.
Gefährtenroboter sind vielseitig und sollen zwei Aufgaben erfüllen:
- Menschen bei praktischen Alltagsaufgaben unterstützen;
- Eine vom Benutzer wahrgenommene Beziehung unter Verwendung von simulierten sozialen Signalen etablieren;
Problematisch an Robotern ist, dass man von außen nicht erkennt, welche Funktionen sie haben. Wenn viele Funktionen angeboten werden, muss das Gerät über Signale kommunizieren. Signale können Anzeigen auf dem Display, Sprache, Bewegungen, Töne, Melodien, die durch diese Töne entstehen oder blinkende Lichter sein. Die Kunst ist es, eine interessante Mischung an Funktionen anzubieten und einen einfachen Umgang damit zu ermöglichen. Außerdem muss der Roboter robust genug und doch erschwinglich sein. Man sieht, dass das technisch nicht einfach machbar ist. Eben wurde der Release von Buddy auf das Frühjahr 2020 verschoben. Deshalb gibt es auch noch kaum Studien – nur viele Annahmen aus Laborstudien.
Was sind das für simulierte soziale Signale, die in der Beziehung Mensch/Gefährtenroboter etabliert werden?
Man kann eine Vielzahl von sozialen Reaktionen triggern. Byron Reeves und Clifford Nass haben in ihrer Media Equation Theorie gesagt, dass wir Medien mit Lebewesen gleichsetzen. Wenn die Technik soziale Schlüsselreize anspricht, behandeln wir den Computer wie einen Menschen. Auf eine höfliche Anrede reagieren wir ebenso höflich. Aber es ist auch eine Frage der Ethik, wenn sich Buddy so benimmt, als hätte er Emotionen. Weil man dann von einer Reziprozität oder Synchronität ausgeht. Der Nutzer kann nicht mehr unterscheiden, wie authentisch die Emotionen des Roboters sind. Die sozialen Schlüsselreize können relativ schnell getriggert werden.
Bei welchen praktischen Alltagsaufgaben soll der Gefährtenroboter unterstützen – und wie?
Laut Hersteller ist Buddy unter anderem ein Spielkamerad für die Kinder. Zum Beispiel weckt er sie auf und kann Unterhaltungs- und Lernspiele spielen. Als persönlicher Assistent erinnert er an Aufgaben und Termine. Außerdem hält er den engen Kontakt zu Freunden und achtet auf das Haus. Er patrouilliert durch die Räume und meldet, wenn eine Tür offensteht, die nicht offenstehen sollte, oder etwas am Boden liegt. Wenn zum Beispiel eine ältere Person stürzt, ist das eine sinnvolle Anwendung.
Ein Video zu Buddy finden Sie hier
Braucht es bestimmte Rahmenbedingungen zur Einführung des Gefährtenroboters in den Haushalt?
Die einzige Rahmenbedingung ist die völlig freiwillige Teilnahme und die Möglichkeit, jederzeit aussteigen zu können. Ein Forscher begleitet den Prozess, um zu beobachten, wie der Gefährtenroboter von den Teilnehmern wahrgenommen wird. Nach sechs Monaten wird der Roboter rausgenommen und nach einem Monat Pause wieder reingenommen. Dadurch kann man die Nichtnutzung besser verstehen. Die Beobachtung läuft über Tagebuch und Fragebogen. Aber auch spielerisch über Zeichnungen, um die Kinder einzubeziehen.
Mit welchen Ergebnissen ist in der Studie zu rechnen?
Das hängt auch von den Standards ab, mit denen der Gefährtenroboter schließlich geliefert wird. Aber es ist zu erwarten, dass dessen Wahrnehmung nach Nutzertyp beziehungsweise soziodemographischen Merkmalen variiert. Spiele werden von Haushalten mit Kindern sicher öfter genutzt. Weiters wird es einen Unterschied machen, wenn Tiere im Haushalt sind. Auch der Novelty Effect wird sich mitunter zeigen. Das heißt, eine starke Nutzung am Anfang, die über die Zeit abflacht. Manche werden die Funktionen auch als nicht wertvoll empfinden. Es ist übrigens möglich, eigene Funktionen zu entwickeln – und so wird es auch zu Erweiterungen von Funktionen kommen.
Danke für das Gespräch.
Über Astrid Weiss
Senior Scientist Mag. Phil. Dr. Phil. Astrid Weiss ist an der TU Wien am Institut für Visual Computing & Humancentered Technology tätig. Sie hat einen sozialwissenschaftlichen Hintergrund. Ihr Forschungsfokus liegt auf der Mensch-/Roboter-Interaktion, Theory of Mind und nutzerzentriertes Design.
Shared Space ist ihre dritte Studie an der TU Wien zum Thema Mensch-/Roboter-Interaktion.
Im FWF Hertha Firnberg-Projekt: „Wahrnehmungsbasierte Mensch-Roboter-Kooperation“ untersuchte sie, wie das Zusammenspiel zwischen Mensch und Serviceroboter in Zukunft aussehen könnte. Der Fokus lag auf der Bewältigung von Fehlersituationen.
Im FFG-Projekt Assist me untersuchte Weiss gemeinsam mit Kollegen vom Forschungsinstitut Profactor die Mensch-/Maschine-Zusammenarbeit zwischen Facharbeitern und Roboterarm.