Große Streiks im öffentlichen Nahverkehr in Frankreich bringen das Land seit Wochen zum Erliegen. Für Hunderttausende Franzosen fielen die Weihnachtsferien ins Wasser. Diejenigen, die auf Züge und U-Bahnen angewiesen sind und keine Lust zum Laufen haben, sind en masse auf Fahrräder und Elektroroller umgestiegen. Wenn man die überfüllten Bahnhöfe und Busse sieht, kann man sich kaum vorstellen, dass Frankreich bei den Start-ups im Verkehrssektor an der Spitze steht. Hier ist eine kleine Auswahl von aktuellen Mobilitätsinnovatoren von Bedeutung.
Die Rückkehr des Zeppelins
BlaBlaCar ist wohl das bekannteste und mittlerweile in mehr als zwanzig Ländern aktiv. Das Unternehmen hat mit mehr als einhunderttausend Buchungen pro Tag allein in Frankreich in den letzten Wochen neue Rekorde aufgestellt – dank des Bahnstreiks. Seit diesem Jahr ist BlaBlaCar auch der Betreiber der Budgetgesellschaft BlaBlaBus in den Niederlanden. Wenn man lieber in die Luft gehen will, statt auf die Autobahn, dann gibt es Wingly. Sie arbeiten nach dem gleichen Prinzip wie BlaBlaCar, nur mit Flugzeugen. In dieser App geben die Piloten von Privatflugzeugen an, wie viele leere Plätze sie noch haben. Mit Wingly kann man zu 300 verschiedenen Flughäfen in Europa reisen. Die Tarife beginnen bei 30 Euro, ein Privatflug von Paris nach Rotterdam kostet etwa 371 Euro.
Eine weitere Art von Privatflugzeug wird von Flying Whales entwickelt. Das Unternehmen mit Sitz in einem Vorort von Paris hat Anfang dieses Monats 30 Millionen Euro für Frachtzeppeline gesammelt. Die Unternehmen Bouygues, Air Liquide und Aéroports de Paris (an denen auch Schiphol beteiligt ist) haben in diesen Luftschiffriesen investiert. Bis 2017 hatte Flying Whales bereits 25 Millionen Euro von BPI, dem französischen öffentlichen Investmentfonds, zusammenbekommen. Das Geld ist für ein grünes & sauberes 154 Meter langes Luftschiff vorgesehen, das schwere Güter mit einer Geschwindigkeit von 100 Stundenkilometern befördern soll.
Trendige Rollstühle
Gyrolift entwickelt Lösungen für Menschen mit Mobilitätsproblemen. Man könnte ihre Produkte als hippe Rollstühle bezeichnen, aber viel fortschrittlicher. Daher auch der Preis: Ein Gyrolift kostet 14.000 Euro. Bisher sind es vor allem Unternehmen, die diese Fahrzeuge kaufen, um weniger mobilen Mitarbeitern zu helfen.
Ein weiterer Logistik-Innovator ist Everoad, eine Art Uber für den Gütertransport. Das Unternehmen hat bereits im Oktober einen Vertrag über 100 Millionen Euro mit der Casino-Gruppe unterzeichnet. Das Supermarktunternehmen ist dabei, die digitale Wende einzuleiten und will in Frankreich zum Marktführer im Bereich der Hauszustellung von Lebensmitteln werden. Casino ist derzeit noch zu abhängig von der Bahn und kann sich aufgrund der vielen Streiks nicht mehr auf die Bahn verlassen. Über Everoad können die Transporteure leichter und schneller die Verteilungszentren finden, die Transportkapazitäten benötigen. Casino hat bereits einen Vertrag mit Amazon für die Verteilung von Waren der Monoprix-Kette.
Es sieht so aus, als würde der Streik bis Januar dauern, aber mit all den Neuerungen werden die Franzosen bald viel weniger von den staatlichen Unternehmen RATP und SNCF abhängig sein.