Unter dem Motto „We green the World” möchte Artifical Ecosystems unsere Städte grüner machen. Das neue an dem Konzept: Die Gründer Dr. Tobias Graf, Biologe und Pflanzenökologe, der Bauingenieur Martin Hamp sowie der IT-Spezialist Björn Stichler kombinieren natürliches Pflanzenwachstum mit Künstlicher Intelligenz. Durch die Integration von zum Beispiel Moosen in Bauwerke möchten das Team einerseits den Lebensraum von Pflanzen imitieren und gleichzeitig technologisch überwachen. Vorteile des Gesamtkonzepts zur KI-Begrünung von Smart Citys reichen hier von der Umgebungskühlung und Luftreinigung über Wärme- und Lärmeindämmung bis hin zur Biodiversität und der Förderung des Erholungswertes in unseren Städten. Noch befindet sich das Start-up in der Vorgründungsphase. Doch dank der überaus positiven Resonanz ‒ kürzlich gewannen die drei Gründer den Ideenwettbewerb des Landes Rheinland Pfalz ‒, hat es beste Chancen, sich langfristig zu etablieren.
Dr. Tobias Graf, Gründer und Geschäftsführer von Artificial Ecosystems im Interview über seine Idee, die Gründung und seine Visionen
Wie kamen Sie auf die Idee von Artificial Ecosystems?
Die Idee kam während meiner Diplomarbeit auf. Damals beschäftigte ich mich mit der Diversität und den Wachstumsbedingungen von Moosen. Im Gespräch mit einem befreundeten Architekten philosophierten wir über die besonderen gestalterischen Möglichkeiten, welche Moosflächen im Bauwesen mit sich bringen würden. Zu der Zeit sahen wir noch keine Möglichkeiten, wie man die Moose auf Flächen anbringen könnte.
Einige Jahre später ‒ ich schrieb gerade für meine Doktorarbeit an computergestützten Bewässerungskonzepten für Pflanzen ‒, griff ich die Idee wieder auf. In dem Moment erkannte, dass man die Moose gar nicht auf die Fläche bringen muss, sondern ihnen lediglich die richtigen Flächen bereitstellen sollte. Denn
„…wenn man sich in der Stadt mal bewusst umsieht, wachsen Moose an diversen Stellen von ganz alleine, eben weil die ökologischen Bedingungen passen. Damit war die Idee geboren, genau diese ökologischen Bedingungen künstlich herzustellen. Das BryoSYSTEM.“
Wo sind die speziellen Einsatzbereiche Ihres Angebots?
Theoretisch kann man das BryoSYSTEM in allen möglichen Bereichen realisieren, wo man Regenwasser und einen Internetanschluss zur Verfügung hat. Momentan konzentrieren wir uns aber hauptsächlich auf die Begrünung von Gebäudefassaden. Dazu entwickeln wir das BryoSYSTEM als hinterlüftete Vorhangfassade.
Gibt es so etwas ähnliches schon bzw. was ist an Ihrem Angebot das Besondere?
Es gibt zwar einige Mooswandkonzepte, allerdings werden hier schon ausgewachsene Moose an die Fläche gebracht. Da liegt die Herausforderung dann darin, diese Moose am Leben zu halten, was aufgrund mikroklimatischer Veränderungen schwierig ist.
Wir gehen so vor, dass sich unsere Moospolster von selbst entwickeln und damit von Anfang an an das jeweilige Mikroklima am Einsatzort angepasst sind.
Was war die größte Hürde, die Sie anfangs überwinden mussten?
Davon gab es mehrere… Ein schwieriger Schritt war es zunächst einmal Leute von dieser doch nicht so geläufigen Idee zu überzeugen. Seien es Partner, Unterstützer oder Geldgeber. Somit war es für diese doch sehr komplexe und interdisziplinäre Thematik schwierig, Fördergelder zu bekommen. Mit dem Exist-Gründerstipendium seitens des Bundesministeriums für Wirtschaft war uns dann sehr geholfen. Diese Förderung erhalten wir seit Anfang März. So können wir uns mit dieser Hilfe voll und ganz auf unsere Firmengründung und die Produktentwicklung konzentrieren.
Gab es einen Moment, an dem Sie aufgeben wollten?
Es kommen immer mal wieder Momente auf, wo man sich überfordert fühlt. Es ist nicht nur ein schwieriges hochkomplexes Terrain, auf dem wir uns hinsichtlich unserer Produktentwicklung bewegen, sondern insbesondere auch eine Firma aufzubauen stellt einen immer wieder vor besondere Herausforderungen. Aber aufgeben kam bislang noch nie in Frage.
Und umgekehrt: Was war für Sie in Bezug auf die Gründung von Artificial Ecosystems der beste Moment, was hat Sie besonders stolz gemacht?
Wir haben im Zuge unserer jungen Firmenentwicklung vor Kurzem eine großartige Anerkennung vom Land Rheinland-Pfalz erhalten. Hier haben wir den ersten Platz beim Ideenwettbewerb gewonnen. Das war eine tolle Motivation, dass wir auf dem richtigen Weg sind und auch Leute, die sich so gar nicht mit der Thematik auskennen, von einer guten Idee überzeugen konnten.
Worauf dürfen wir uns in den nächsten Jahren freuen, sprich: Was können wir in den kommenden Jahren von Ihnen erwarten?
Ich hoffe wir können das, was wir im Kleinen bereits zeigen konnten, nämlich Moose auf unseren Flächen zum Wachsen zu bringen, bald in große Bauprojekte integrieren. Damit sollten Großstädte zukünftig lebenswertere und grünere Plätze durch unsere Systeme aufweisen.
Was treibt Sie jeden Morgen an?
Die Tatsache eine eigene Idee zu verwirklichen, welche nicht nur ein spannendes Projekt für uns bedeutet, sondern gleichzeitig auch einen enormen Mehrwert für die Gesellschaft mit sich bringt.
Wie ist Ihre Vision: Wo sehen Sie Ihr Unternehmen in 5 Jahren und was ist Ihr ultimatives Ziel?
Unsere Vision ist, mit den Moosen noch lange nicht am Ende.
Wir träumen von kleinen, in sich geschlossenen Ökosystemen mithilfe von Botanik und Zoologie, die sich miteinander ergänzen und die Natur zurück in die Stadt holen und den Mehrwert in Smart City Konzepten integriert.
“Wer weiß, vielleicht schwirren einmal bunte Schmetterlinge an Gebäudefassaden mit allerlei bunten Pflanzen.”