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Unter dem Motto „Große Ideen auf den Punkt gebracht“ fasst das Berliner Start-up Blinkist die Kernaussagen von Sachbüchern in 15-minütige Hörbücher zusammen. Aktuell umfasst die Bibliothek mehr als 3.000 Sachbücher aus 27 Kategorien. Jeden Monat kommen 40 weitere hinzu – und die Resonanz bei den Kunden kann sich sehen lassen. Bisher nutzen 10 Millionen Menschen weltweit das Angebot von Blinkist und auch bei den Nutzern kommen jeden Monat weitere hinzu.

Holger Seim, Co-Founder Blinkist im Interview mit Innovation Origins

Wie kamen Sie auf die Idee zur Gründung des Start-ups?

Die Idee zu Blinkist kam uns Ende 2011. Wir vier Gründer waren gerade ein Jahr im Job und standen vor der Herausforderung, dass wir nicht mehr so viel lesen konnten, wie noch in Uni-Zeiten, da unsere Jobs zu viel Zeit in Anspruch nahmen. Zur gleichen Zeit haben sich immer mehr Menschen ein Smartphone zugelegt und mehr Inhalte mobil konsumiert. Diese sich veränderten Lese- bzw. Nutzungsgewohnheiten brachten uns auf die Idee zu Blinkist. Zunächst haben wir die Kurzformen nur als Text produziert, zwei Jahre später wurde dann mit der Audioproduktion nachgezogen.

Wie funktioniert dieses Zusammenfassen der Bücher? Freie Mitarbeiter? Journalisten? Lektoren?

Die Bücher werden in mehreren Schritten durch freischaffende Autoren zusammengefasst, von Experten der Redaktion einem Sprach- und Faktencheck unterzogen und schließlich von professionellen Sprechern und einem eigenen Audio-Team aufgenommen und produziert. Vom fertiggestellten Text bis zur Audioversion vergehen bei Blinkist etwa 10 Tage. Durchschnittlich sieben Personen sind an der Erstellung eines Titels beteiligt.

Wer entscheidet, welche Bücher ins Programm aufgenommen werden?

Wir haben bei Blinkist eine deutschsprachige und eine englischsprachige Redaktion. Wir beschäftigen eine Kuratorin vollzeit, die täglich den Buchmarkt und Bestsellerlisten beobachtet, sich über Neuerscheinungen informiert und schließlich auch entscheidet, welche Bücher in unsere Bibliothek aufgenommen werden sollen, da nicht jedes Sachbuch für Blinkist geeignet ist (Bücher mit einem hohen Bildanteil beispielsweise lassen sich schwer auf Ihre Kernaussagen konzentrieren)

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Was macht Blinkist im Vergleich zu anderen Hörbüchern besonders? Kann man sagen, Ihre Leistungen sind für Menschen, die zu faul sind, „echte“ Bücher zu lesen?

Nein, das kann man so nicht sagen, ganz im Gegenteil: Unsere Nutzer sind neugierige und interessierte Menschen, die lebenslanges Lernen aktiv in ihren Alltag integrieren möchten. Wir sehen viele Nutzer, die Blinkist als Einstieg in neue Titel und Themen nutzen, um so herauszufinden, wo sie tiefer einsteigen möchten, und wo ihnen kurze Denkanstöße ausreichen. Alle Nutzer haben jedoch gemeinsam, dass sie neben Blinkist auch weitere Formate konsumieren, mit denen sie tiefer in Themen einsteigen können, wie eben z.B. Sachbücher, oder auch längere Podcasts.

Was war die größte Hürde, die Sie überwinden mussten?

1,5 Jahre nach der Gründung, das war Ende 2013, standen wir knapp vor der Insolvenz, da wir es nicht geschafft hatten, unser Geschäftsmodell schnell genug zu etablieren, und nicht genügend Umsätze erzielen konnten, um unsere Kosten zu decken. Aufgrund des noch sehr wackeligen Gerüstes war das Einsammeln neuer Investorengelder eine große Herausforderung und dauerte letzten Endes länger als geplant.
Einer der schwersten Momente bei Blinkist war, als wir Ende November 2013 unseren damals 10 Mitarbeitern mitteilen mussten, dass wir im Dezember und Januar keine Gehälter zahlen können, und diese nur dann nachzahlen können, wenn die Finanzierungs-Verhandlungen, in denen wir uns befanden, im Januar erfolgreich abgeschlossen würden.
Wir „kämpfen“ natürlich immer noch… – aber das ist als Start-up normal! Vor allem mit der Suche nach Kunden, strategischen Partnern und Investoren…

Gab es einen Moment, an dem Sie aufgeben wollten?

In dem Moment hat es sich für uns Gründer angefühlt, als hätten wir versagt und unsere Mitarbeiter im Stich gelassen. Ans Aufgeben haben wir aber in keinem Moment gedacht – ganz im Gegenteil haben wir es als unsere Verantwortung gesehen, uns aus dieser Lage wieder zu führen.
Letzten Endes sind wir gestärkt aus dieser Zeit herausgegangen: alle Mitarbeiter sind an Bord geblieben und wir sind noch stärker als Team zusammengerückt. Wir Gründer haben uns damals geschworen, uns so gut es geht nie mehr so abhängig von Investorengeldern zu machen und lieber etwas langsamer zu wachsen, wenn nötig.

Und umgekehrt: Was war für Sie in Bezug auf die Gründung der beste Moment? Was hat Sie besonders stolz gemacht?

Die Tatsache, dass wir inzwischen 130 Mitarbeiter aus über 40 Ländern beschäftigen, und mehr als 10 Millionen Menschen schon unser Produkt genutzt haben, fühlt sich noch immer überwältigend an.
Darüber hinaus gibt es noch viele kleine Momente die mich stolz machen. Einer dieser Momente ist schon länger her: Ich saß im  Zug von Düsseldorf nach Berlin und im Dortmund ist ein Mann zugestiegen, hat sich neben mich gesetzt, sein Smartphone herausgeholt, und angefangen auf Blinkist zu lesen. Letzten Endes haben wir uns für den Rest der Zugfahrt unterhalten und es war toll von ihm zu hören, wie er Blinkist nutzt und wie es ihm weiterhilft.

Worauf dürfen wir uns in den nächsten Jahren freuen, sprich: Was können wir in den kommenden Jahren von Ihnen erwarten?

Neue Formate! Gerade spielen wir mit der Länge der Titel, weil sich viele Kunden für ausführlichere Formate interessieren. In diesem Sommer bringen wir außerdem einen neuen Algorithmus in die App, der Nutzern noch intelligentere und individuelle Titelvorschläge macht. Bei inzwischen über 3.000 Titeln wird diese erst einmal unsichtbare Veränderung großen Einfluss darauf haben, wie unsere Kunden Blinkist nutzen.

Wie ist Ihre Vision: Wo sehen Sie Ihr Unternehmen in 5 Jahren und was ist Ihr ultimatives Ziel?

Wir möchten Blinkist langfristig als global führende Marke für lebenslanges Lernen etablieren. In 5 Jahren werden wir unseren Kunden noch mehr Inhalte bieten – sowohl thematisch als auch was Formate & Tiefe angeht – um verschiedene Bedürfnisse entlang des lebenslangen Lernens zu bedienen.

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Die Gründer von Blinkist: v.l. Holger Seim, Niklas Jansen, Tobias Balling © Blinkist

Hintergrund:

Gründer: Holger Seim, Niklas Jansen und Tobias Balling

Gründungsjahr: 2013

Finanzierung: Abonnement „Blinkist Premium“ für monatlich 12,99€ oder 79,99€ im Jahresabo. Zusätzlich bekam das Unternehmen im Mai 2019 ein Investment von Insight Venture Partners, IBB Bet und e.ventures über einen zweistelligen Millionenbetrag für die Erschließung neuer Märkte.

Anzahl Mitarbeiter: 130 aus mehr als 40 Nationen

Vision: Blinkist langfristig als global führende Marke für lebenslanges Lernen zu etablieren