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Größere Städte sind klimapolitisch aktiver als kleinere. Das zeigt eine neue Studie, die erstmals Strategien zu Klimaschutz und Klimaanpassung gemeinsam bewertet.
Städte sind wichtige Verursacher von Treibhausgasemissionen. Zugleich sind sie vom Klimawandel besonders betroffen: Hitzewellen, Starkregen und Stürme richten in ihnen schwere Schäden an. Seit knapp 30 Jahren engagieren sich einige Städte für den Klimaschutz. Sie verringern Treibhausgasemissionen, indem sie etwa den Autoverkehr einschränken und Gebäudeeffizienz fördern. In Befürchtung extremer Wetterereignisse kamen in den letzten Jahren Maßnahmen für die Anpassung an den Klimawandel hinzu, etwa Flächenentsiegelung und Fassadenbegrünung, um natürliche Kühlung und Versickerung zu fördern.

Erstmals wurden nun die Strategien deutscher Städte in Klimaschutz und Klimaanpassung gemeinsam bewertet und in eine Rangfolge gebracht, berichtet die Leibniz Gemeinschaft in einer Pressemeldung. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Climatic Change“ (Open Access) veröffentlicht. Untersucht wurden alle kreisfreien deutschen Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern, differenziert nach den Kategorien „sehr groß“ (über 500.000 Einwohner), „groß“ (100.000-500.000) und „mittel“ (50.000-100.000). Ihre Aktivitäten und politischen Ambitionen in beiden Feldern wurden anhand öffentlich zugänglicher Informationen – etwa Mitgliedschaften in Klimanetzwerken, veröffentlichte Strategiedokumente und Zielzahlen – erhoben und mit Punkten bewertet. Berücksichtigt wurden alle Dokumente und Informationen, die bis Ende 2018 vorlagen. Daraus entstanden je ein Städteranking für Klimaschutz und für Klimaanpassung sowie ein kombiniertes Gesamtranking. Um ein differenzierteres Bild zu erhalten, identifizierten die Forschenden sechs Gruppen von Städten, die mit ihrem Politik-Mix jeweils ähnlich aufgestellt sind.

Alte Bekannte und eine Überraschung

Wie in älteren, rein klimaschutzbezogenen Rankings führen die größten Städte das Feld an. Berlin ist auf Platz 1 des Gesamtrankings und des Klimaanpassungsrankings. Berlin, Hamburg, Bremen, München, Frankfurt am Main und weitere große Städte dominieren sowohl die Top 20 des Gesamtrankings als auch die Städte (Gruppe 1), die in Klimaschutz und -anpassung sehr stark sind. Am nächsten dazu liegen Großstädte (Gruppe 2), die in beiden Feldern stark sind, aber einen Schwerpunkt auf Klimaanpassung legen, wie etwa Dresden, Köln und Duisburg. Die Forschenden schließen daraus, dass die Ressourcen und der Vorsprung großer Städte beim Klimaschutz auch häufig bei der Formulierung von Klimaanpassungsstrategien helfen.

Überrascht hat das Forschungsteam, dass manche kleinere Städte Spitzenpositionen im Klimaschutz belegen, während sie in der Klimaanpassung weniger aktiv sind (Gruppe 3). Zu dieser kleinen Gruppe gehören unter anderem Städte wie Emden, Kempten und Kaiserslautern. „Hier zeigt sich, dass auch Mittelstädte Vorreiter im Klimaschutz sein können, wenn ein lokaler politischer Wille und eine ausreichende Förderung zusammentreffen. Denn die drei genannten Städte sind alle speziell geförderte Masterplan-Kommunen, die ihre Treibhausgasemissionen bis 2045 um 95 Prozent gegenüber 1990 verringern wollen“, sagt Dr. Wolfgang Haupt, der für das IRS an der Studie mitarbeitet.

Bei Klimaschutz und -anpassung gleichermaßen aktive, jedoch seltener in internationalen Netzwerken präsente Städte (Gruppe 4) sind u. a. Bochum, Moers und Osnabrück. Auch die brandenburgische Landeshauptstadt Potsdam fällt in diese Gruppe und schneidet für eine kleine Großstadt im Gesamtranking sehr gut ab (Platz 15). Im hinteren Bereich der drei Rankings finden sich überwiegend die kleineren Mittelstädte. „In diesen Städten scheint es besonders an Ressourcen für eine Beschäftigung mit den Themen Klimaschutz und Klimaanpassung zu mangeln. Daher sollten diese Städte bei Förderprogrammen und bei der Antragsunterstützung verstärkt in den Fokus gerückt werden“, schlussfolgert Dr. Antje Otto, die an der Universität Potsdam an dem Ranking mitarbeitet.

Klimanotständen

Seit dem Betrachtungsende der Studie Ende 2018 mag sich die Situation in einigen Städten bereits wesentlich geändert haben, wie die dynamische Entwicklung 2019 um die Ausrufungen von „Klimanotständen“ in zahlreichen Städten veranschaulicht. Daher planen die Autoren bereits jetzt eine künftige Aktualisierung des Rankings. Die Forschung wurde im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanzierten Projekts „ExTrass: Urbane Resilienz gegenüber extremen Wetterereignissen“ durchgeführt.

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