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Momentan ist es bis zu einer Straßenzulassung selbstfahrender Autos noch ein weiter Weg. Irgendwann sollen diese Fahrzeuge aber zum alltäglichen Straßenbild gehören. Unerlässliches Zubehör sind dabei die Sensoren – die “Augen” – ohne die die Autos ihren Weg nicht finden würden. Hier stellt sich jedoch eine Frage: Lässt die Sehkraft nicht nur bei Menschen mit zunehmendem Alter nach, sondern auch bei diesen autonomen Autos? Und woran kann man erkennen, dass ein Auto vielleicht nicht mehr so gut “sieht” oder, dass es vielleicht sogar ganz “blind” geworden ist und Sensoren ausgetauscht werden müssen? Bevor das durch einen Unfall offensichtlich wird. Dieser Frage geht eine Forscherin der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa nach.

Während die Tests mit autonomen Autos in den USA bereits weit forstgeschritten ist, stecken sie in Europa noch in den Kinderschuhen. So fuhr vor Kurzem ein Versuchsfahrzeug bereits 75 Minuten lang durch San Francisco und meisterte sämtliche Situationen mit nur ganz wenigen Eingriffen von Programmierern. Und auch Tesla testet autonomes Fahren seit vergangenem Jahr mit einigen Beta-Testern.

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Testgelände Hinterhof

Davon noch weit entfernt ist man bei der Empa im schweizerischen Dübendorf. Hier dreht ein fünf Meter langer Lexus RX-450h seine Runden auf einem gerade mal 180 Meter langen Parcours in einem abgetrennten Hinterhof des Empa-Campus. “Wir untersuchen, wie diese Sensoren bei unterschiedlichen Umgebungsbedingungen arbeiten, welche Daten sie sammeln und wann sie Fehler machen oder gar ausfallen”, sagt Miriam Elser. Sie arbeitet im Empa-Labor für Fahrzeugantriebssysteme und leitet das Projekt. “Jeder menschliche Fahrer muss einen Sehtest bestehen, bevor er eine Fahrerlaubnis erhält. Berufsfahrer müssen diesen Test regelmäßig wiederholen. Wir wollen einen Sehtest für autonome Fahrzeuge entwickeln, damit man ihnen auch dann noch trauen kann, wenn sie schon mehrere Jahre alt sind und tausende Kilometer auf dem Buckel haben.”

Bisher wurde diesem Thema kaum Beachtung geschenkt und nur rund 20 von insgesamt etwa 1.000 Forschungsarbeiten zum Thema autonomes Fahren in den vergangenen fünf Jahren beschäftigen sich mit der Qualität der Sensordaten. Bei der Empa kümmert man sich nun speziell darum. Hierzu sieht die Mobileye-Camera hinter der Frontscheibe frisch aufgemalte Fahrbahnmarkierungen, während das Velodyne-Lidar bei jeder Runde die Fensterfront des immer gleichen Laborgebäudes scannt und das Delphi-Radar hinter dem Kühlergrill des Lexus den Abstand zu fünf blechernen Abfallmulden misst, die links und rechts des Parcours aufgestellt sind. Verarbeitet werden die Daten in einer “Black Box”. Dieses Knowhow sei viel Geld wert und werde von Google, Apple, Tesla, Cruise LLC und den anderen großen Herstellern, die an autonomen Fahrzeugen forschen, sorgfältig gehütet, betonen die Schweizer. Niemand ließe sich da in die Karten schauen.

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“Sehkraft und Urteilsfähigkeit” autonom fahrender Autos einschätzen

Für eine Straßenzulassung autonomer Autos spielt die Sensorqualität jedoch eine wichtige Rolle. Für die geplanten Feldversuche im echten Straßenverkehr stellt sich nun unter anderem auch die Frage, ab wann es gefährlich wird. Oder, wo Sensoren komplett versagen und sie solch gravierende Fehler machen, dass der Versuch abgebrochen oder modifiziert werden müsste. Alleine für solche Feldversuche müsse man die “Sehkraft und Urteilsfähigkeit” autonom fahrender Autos rasch und genau einschätzen können, sagen die Forscher.

Hierzu untersucht die Empa handelsübliche Sensoren im praktischen Einsatz, während das Eidgenössische Institut für Metrologie (METAS) die gleichen Sensoren in einer Laborumgebung untersucht. In das Forschungsprojekt eingebunden ist auch das Institut für dynamische Systeme und Regelungstechnik der ETH Zürich, das sich um die kommende Generation von Fahrzeugsensoren kümmert.

Titelbild: Was sieht ein Auto? Laserscan der Empa-Teststrecke: links das Laborgebäude, rechts Bäume, vor dem Auto ein Fußgänger. Bild: Empa

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