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Am 5. Juli 2018 findet in München die erste sogenannte Fuckup Night statt. Eine mittlerweile weltweite Bewegung, bei der Menschen sich vor Publikum hinstellen und ganz unverblümt erzählen, wie sie im Leben mit Unternehmungen, Firmen oder Ideen gescheitert sind. Organisiert wird die Fuckup Night vom Webtechnologiedienstleister TechDivision und soll zukünftig mindestens einmal im Quartal an unterschiedlichen Locations stattfinden. Bei Interesse können sich potentielle Gastgeber gerne mit TechDivision in Verbindung setzen. Der Organisator der Fuckup Night in München, Josef Willkommer, hat mit InnovationOrigins gesprochen.

Woher kommt die Idee der Fuckup Nights

„Die Idee kommt aus Mexiko. Da haben sich 2012/2013 ein paar junge Leute beim Bierchen über das Thema Konferenz unterhalten, und dass Konferenzen immer etwas in Geprahle ausufern, weil sich jeder immer nur hinstellt und sagt, wie toll er ist, was alles sensationell gelaufen ist und wie gut alles war. Es geht aber nie darum, dass irgendwelche Projekte oder Themenansätze in irgendeiner Form Probleme verursacht haben, auch mal etwas gescheitert ist oder, dass generell Ansätze oder Produkte mehr scheitern, als dass sie Erfolg haben. Gerade aus dem Scheitern kann man aber in der Regel viel mehr lernen als aus Erfolgen. Das war im Prinzip die Geburtsstunde der Fuckup-Night-Bewegung. Die Mexikaner haben dann erstmal aus Ihrem Bekanntenkreis Leute zusammengetrommelt und es hat jeder mal ein paar Minuten lang von seinem größten Fuckup erzählt, also womit er am schlimmsten gescheitert ist. Ohne Filter ohne doppelten Boden, frei von der Leber weg, und im Nachgang dann wird dann in der Gruppe entsprechend diskutiert, was man daraus lernen kann und was würden andere anders machen als der „Versager“. Das hat so gut funktioniert, dass sie beschlossen haben, das interessiert nicht nur in unserem Bekanntenkreis, das interessiert nicht nur in Mexiko, das ist ein Thema, das weltweit eine Riesengeschichte ist. In Europa und besonders in Deutschland ist diese Versagenskultur, diese Kultur des Scheiterns, noch viel ausgeprägter als in anderen Ländern wie beispielsweise in Amerika.“

Und nun gibt es Fuckup Nights weltweit?

„Ja, sie haben beschlossen, das Ganze als offenes Format zu machen. Mit uns kann sich also jeder Interessierte, jedes interessierte Unternehmen, in Verbindung setzen uns sich als Partner bewerben. Die Idee ist ziemlich durch die Decke gegangen und inzwischen gibt es an die 250 Fuckup Nights in rund 80 Ländern weltweit.“

Die Eintrittskarten sind kostenlos. Wie finanziert sich das Ganze?

„Das finanziert sich durch Sponsoren wie uns, die das in die Hand nehmen und ausrichten. Grundsätzlich ist es so, dass die Veranstaltung kostenlos ist, es gibt aber auch Fuckup Nights in anderen Ländern, bei denen Eintritt verlangt wird. Es wäre auch bei uns durchaus auch denkbar, dass wir irgendwann nächstes Jahr einen extrem bekannten Speaker, einen CEO oder einen Vorstand aus der Geschäftswelt für die Idee begeistern können, der das möglicherweise nicht umsonst machen würde.“

Es gibt in Deutschland in verschiedenen Städten Fuckup Nights. Sie veranstalten aber nur die in München...

„Ja, wir sind quasi die Stationsleitung für den Standort München plus Rosenheim, da unser Firmensitz in Rosenheim ist. Also kümmern wir uns um diese beiden Standorte, an anderen Standorten organisieren andere Leute und in den anderen Ländern ist es genauso.“

Sie haben selbst eine Firma. Wie kommen Sie dazu, die Fuckup Night zu organisieren?

„Wir sind ein Webtechnologiedienstleister und machen Webentwicklung, also viel E-Commerce und wir bauen Online-Shops und Firmenwebseiten. Da wir im IT-Umfeld unterwegs sind, ist das Thema Scheitern natürlich groß und Firmen sind in Schieflage. Bei uns ist das kein Thema, aber allgemein durchaus. Wir werden übrigens von unseren eigenen Fuckups entsprechend erzählen. Da gibt es einen relativ großen Fundus… Der Unterschied ist eben, dass der eine oder andere damit lockerer und transparenter umgeht und andere eher nicht. Wir haben eine transparente Unternehmenskultur über alle Bereiche hinweg und da gehört so etwas auch mit dazu.“

Was für Leute kommen zu Fuckup Nights?

„Die Resonanz ist enorm. Mittlerweile haben wir über 100 Anmeldungen und müssen schauen, wie wir so viele Zuschauer unterbringen können. Speaker kommen vier oder fünf, denn mehr machen keinen Sinn, weil es sonst zu sehr ausufert. Die Vorträge sind recht kurz, immer nur so etwa zehn Minuten. Das ist bewusst, um es möglichst knapp zu halten und anschließend mit den Teilnehmern auch in einen Dialog treten zu können. Da sind unterschiedlichste Leute dabei. Führungskräfte aus dem IT-Umfeld, aus dem Handel und aus dem Hochschulumfeld.“

Und was für Leute kommen zum Zuschauen? Vielleicht hauptsächlich Leute, die froh sind, dass auch anderen Menschen etwas schiefgegangen ist und nicht nur ihnen?

„Ja, definitiv. Wir hören sehr häufig, dass sie froh sind, dass endlich jemand das Thema Scheitern anspricht und die Hosen runter lässt. Da sind Leute dabei von Schülern und Studenten bis hin zu Rentnern, die in unterschiedlichsten Bereichen tätig waren und sich alles mal anhören und ansehen wollen.“

Momentan haben Sie eine Veranstaltung in München geplant, wird es in Zukunft noch weitere geben?

„Es sind definitiv weitere geplant. Aktuell kommt es darauf an, wie die erste Veranstaltung läuft, wie die Resonanz ist, wie das Feedback ist, aber es ist geplant, mindestens einmal im Quartal eine Veranstaltung zu machen, gegebenenfalls auch alle zwei Monate.“

Woher kommt der Name Fuckup Night? Haben die Erfinder ihn kreiert?

„Ja, er wurde tatsächlich von den Initiatoren ins Leben gerufen und ist meines Wissens nach auch geschützt. Wir mussten uns mehr oder weniger darum bewerben, dass wir das machen dürfen und wurden auch entsprechend interviewt. Wir freuen uns, dass das jetzt geklappt hat und schauen mal, wie es ankommt. Bisher ist die die Reaktion extrem positiv, denn alle, mit denen wir bisher gesprochen haben, fanden es sehr cool. Dass die Reaktion aber so positiv ist, hat uns ein Stück weit überrascht.“

Gibt es die Fuckup Night in den USA auch? Unter demselben Namen mit dem bösen F-Wort, das man ja nicht sagen darf und das im Fernsehen regelmäßig mit Pieptönen überblendet wird?

„Ja, es gibt sie sogar in mehr als 20 Städten, wie New York, Washington DC, San Francisco, Los Angeles, Boston, Dallas, Miami, San Diego und so weiter. Da ist das ja auch ein großes Thema, aber dort ist es eher normal, dass man mal etwas in den Sand setzt. Dann ist man eben gescheitert und macht was Neues. Bei uns bekommt man immer sofort den Stempel des Versagers aufgedrückt, auch wenn man vielleicht selber gar nichts dafür kann. Das Thema Fuckup ist also omnipräsent, es sprechen aber nur wenige darüber und das wollen wir daran etwas ändern.“