Bei Verpackungsmaterialien oder auch alltäglichen Gebrauchsgegenständen wie Spülschwämmen ist Schaumstoff – und das heißt Kunststoff – bei der Produktion nicht mehr wegzudenken. Polymerschäume findet man aber beispielsweise auch in der Ski- und Snowboardherstellung oder in der Baubranche. Dort wird Styropor als Dämmmaterial verwendet. All diese Schäume werden ausschließlich aus Kunststoff hergestellt. Das heißt aus Plastik. Im Rahmen des EU-Projekts “BreadCell”, das bis 2025 laufen wird, forschen Wissenschaftler aus Österreich, Schweden und Spanien nun nach umweltfreundlichen Alternativen.
Ihr Ziel ist es, Polymerschäume aus Cellulose zu entwickeln und sie mittels einer biologischen Gaserzeugungsmethode herzustellen. “Biologisch schäumen heißt in unserem Fall, dass wir Hefe nutzen”, erklärt Materialchemiker Alexander Bismarck, vom Institut für Materialchemie der Universität Wien. “Dabei bedienen wir uns eines Prozesses aus einer der ältesten Kulturtechniken, dem Brotbacken. Das Prinzip ist ganz ähnlich: Hefe produziert CO2, das wiederum den Zucker aus dem Teig abbaut und dadurch diesen schäumt. In unserem Fall ist der Teig die Cellulose.”
Cellulose anstatt Brot backen
Dabei habe es jedoch ein Problem gegeben, sagt Bismarck: “Dass normale Cellulose zwar ein polymerer Zucker ist, aber leider nicht durch Hefe angegriffen wird. Nur wenn wir sogenannte Hemicellulosen verwenden, die sich übrigens sogar noch leichter abbauen lassen, können sie von einer speziell gezüchteten Hefe abgebaut werden”, erklärt er. “Diese Hefe erzeugt dabei Carbondioxid, das wiederum eine Suspension von Cellulosefasern aufschäumt.” Nach Aussagen der Forscher könnte dieser Celluloseschaum langfristig viele Kunststoffe ersetzen.
Bis es tatsächlich soweit ist, liegt allerdings noch ein weiter Weg vor den Wissenschaftlern, denn auch die Materialqualität muss natürlich stimmen. Um für bestimmte Zwecke eingesetzt werden zu können, muss es auch bestimmte Eigenschaften besitzen. “Wir wollen den Celluloseschaum in eine bestimmte Breite bekommen, mit so wenig Gewicht pro Volumen wie möglich; gleichzeitig muss das Material immer noch mechanische Eigenschaften, wie z.B. eine bestimmte Stabilität, besitzen”, erklärt der Materialchemiker
Ziel: Zumindest ein Prototyp
Die Forscher haben sich zum Ziel gesetzt, am Ende des Projekts in fünf Jahren, mindestens einen Material-Prototypen zu haben, der alle nötigen Eigenschaften an Dichte und Funktionalität aufweist. Mit einem Industriepartner soll dann der erneuerbare Polymerschaum aus Cellulose in sogenannten Sandwich Composites getestet werden. “Das Material ist generell für umweltfreundliche Verpackungsmaterialen, wie z.B. auch Kaffeekapseln, interessant. Wenn die aus Cellulose sind, kann ich die gebrauchten Kapseln direkt auf den Hauskompost oder in die Biotonne geben.” Das Besondere am BreadCell-Projekt sei, dass der entwickelte Polymerschaum nicht nur vielseitig einsetzbar und biologisch abbaubar sei, sondern auch, dass der Schäumungsprozess selbst durch die Hefe biologisch sei, betonen die Wissenschaftler.
Trotz aller positiver Aussichten bezüglich der Entwicklung erneuerbarer, umweltfreundlicher Materialien, gibt es aber auch in Zukunft immer noch einen Wermutstropfen. Man wird zwar viele Kunststoff-Materialien langfristig ersetzen können, aber längst nicht alle. “Kunststoff, also Polymere, wurden erfunden und werden erzeugt, gerade weil sie langlebig sind. Ohne Polymere hätten wir ein Riesenproblem mit jeder Verkabelung, mit jedem elektrischen Gerät”, so Bismarck. Man müsse trotzdem im Konsumverhalten umdenken und vielleicht nicht mehr alles einzeln verpacken. Dann könne der Einsatz von biologisch abbaubaren Ausgangsmaterialien, die ebenso umweltfreundlich hergestellt werden, dazu beitragen, das Problem um CO2-Werte in der Luft und um Verpackungsmüll zu lösen.
Das EU-Projekt “BreadCell – Upgrading of cellulose fibers into porous materials” läuft seit April 2021 im Rahmen von Horizon und endet im März 2025. Die Technische Universität Chalmers (Schweden), die Technische Universität Graz, die Universität Wien mit Alexander Bismarck, Fundacion Tecnalia Research & Innovation (Spanien) und die Bionanonet Forschungsgesellschaft mbH (Österreich), sind als Projektpartner miteingebunden.
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