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In der Landwirtschaft fällt jede Menge Abfall an, der im Allgemeinen vernichtet oder auf Deponien gelagert wird. Deutsche und vietnamesische Wissenschaftler haben nun für Reisstroh und Zuckerrohr-Bagasse neue Verwendungsmöglichkeiten gefunden. Unter anderem für die Produktion von Erosionsschutzmatten, zur Nährstoffanreicherung und Wasserspeicherung in Böden oder in Form von Aktivkohle.

Besonders vielversprechend seien die Matten aus Reisstroh- und Zuckerrohrreststoffen, betonen die Wissenschaftler. Das Team um Dr. Volker Herdegen und Doktorandin Katja Schaldach vom Institut für Thermische Verfahrenstechnik, Umwelt- u. Naturstoffverfahrenstechnik (ITUN) der Technischen Universität Bergakademie Freiberg hat diese Möglichkeit in einem Freilandversuch an einer frisch angelegten Böschung in der sächsischen Stadt Freiberg bereits ausgiebig getestet.

Agrar-Reststoffe statt Kokosfasern

Dieser Erosionsschutz aus den alternativen Materialien ist momentan auch auf Flächen in der vietnamesischen Provinz Thanh Hoa ausgelegt. Es zeigte sich dabei, dass Wurzeln von Pflanzen, die auf oder unter der Matte angesät werden, ein Netzwerk bilden, das den Boden nach der gewünschten Zersetzung der Matten langfristig stabilisiert. „Die neu entwickelten Erosionsschutzmatten aus den Fasern von Reis- und Zuckerrohrpflanzen eignen sich sehr gut zur Vermeidung des Oberflächenabtrags durch Regen und Wind“, sagt Dr. Volker Herdegen.

Die Agrar-Reststoffe könnten bisher verwendete Kokosfasern für den Einsatz in Matten komplett ersetzen, betont Katja Schaldach. Der Vorteil für die Umwelt ist hierbei klar: Während eine Matte aus Kokosfasern sich erst nach rund drei Jahren zersetzt, benötigen die umweltfreundlichen Matten aus regional anfallenden Agrar-Reststoffen dazu nur ein bis eineinhalb Jahre. Diese Erkenntnisse eröffnen Reis- und Zuckerrohrproduzenten in Entwicklungs- und Schwellenländern die Möglichkeit, bisher ungenutzte Biomasse sinnvoll zu verwerten anstatt diese Reststoffe zu vernichten oder zu lagern.

Weitere Anwendungsmöglichkeiten

„Aus Reisstroh und Zuckerrohr-Bagasse lassen sich auch Bodenverbesserungsstoffe herstellen, wie unser Forschungsprojekt BioMatUse zeigt“, erklärt Dr. Volker Herdegen. Dafür pressten die Wissenschaftler Pellets aus der zerkleinerten Biomasse, die nicht nur Wasser speichern können. Sie können als Depot-Düngemittel fungieren, da sie in der Lage sind, die in den Reststoffen enthaltenen oder zusätzlich beigefügten Nährstoffe über längere Zeit an den Boden abzugeben.

„Wenn wir die zerkleinerte Biomasse in Form der Pellets noch weiter verarbeiten und unter Sauerstoffausschluss erhitzen (Pyrolyse), lässt sich Aktivkohle herstellen“, betont Katja Schaldach, die sich in ihrer Doktorarbeit intensiv mit dem neuen Prozessablauf beschäftigt. „Im Labor konnten wir nachweisen, dass diese sogenannten Adsorbentien Wasser und Luft von Schadstoffen befreien können.“ Nach Einschäztungen des Teams könnten die nachwachsenden Rohstoffe für die Wasserreinigung in Schwellenländern und für die Bioökonomie in Industrieländern in Zukunft eine Alternative zu bisher verwendeten fossilen Rohstoffen darstellen.

Verfahren weiter optimieren

Erosionsschutzmatten werden bereits heute hergestellt und unter den klimatischen Bedingungen in Vietnam im Einsatz getestet. Gleichzeitig forschen die Freiberger Verfahrenstechniker im Labor an der Entwicklung der Anwendungen zum Düngen und Reinigen. Zurzeit untersuchen sie den neuen Prozessablauf, der die Möglichkeit zur Einsparung an Zusatzstoffen und energieintensiven Nachbehandlungsschritten bietet.

„Konkret testen wir, wie die Biomassen nach der Zerkleinerung direkt pelletiert und die Pellets anschließend pyrolysiert werden können und welche Auswirkungen das auf die Wirkweise dieser geformten Aktivkohlen hat“, sagt Katja Schaldach. Laut Dr. Volker Herdegen sollen alle drei Verwertungswege auch nach dem offiziellen Abschluss des Forschungsprojekts gemeinsam mit den vietnamesischen Wissenschaftlern weiter optimiert werden.

Ihre Erkenntnisse zu den neuen Verwertungsprozessen veröffentlichten die Forscher nun in der November-Ausgabe der Zeitschrift „Chemie Ingenieur Technik“. Katja Schaldach, Hans-Werner Schröder, Volker Herdegen, Vinh Nang Do: „A Concept for an Integrated Process Scheme for By-Products from Rice and Sugarcane Processing”.

Titelbild: Das BioMatUse-Produktportfolio: Fasermatten, Bodenverbesserungsstoffe und geformte Aktivkohlen. © TU Bergakademie Freiberg