An der TU Wien wurde ein neues thermoelektrisches Material entwickelt, das die Leitfähigkeit vergleichbarer Materialien um mehr als 100 Prozent übersteigt. Das Material kann verwendet werden, um kleine Sensoren oder Computerprozessoren kabellos mit Energie zu versorgen. Benötigt werden diese zum Beispiel im Internet der Dinge und in großen Produktionsanlagen mit dynamisch interagierenden Maschinen.
Thermoelektrisches Material kann Wärme zur Stromerzeugung nutzen. Voraussetzung dafür ist, dass zwischen den beiden Enden des Materials ein Temperaturunterschied besteht. Man spricht dabei vom Seebeck-Effekt. Dieser befähigt thermoelektronisches Material zum Beispiel zur Stromversorgung von autarken Sensornetzwerken mit drahtloser Datenübertragung.
Problematisch war bisweilen die geringe Temperaturdifferenz herkömmlicher thermoelektrischer Materialien, die bei einem ZT-Wert von maximal 2,5 bis 2,8 lag.
Verdoppelung des ZT-Werts
Ernst Bauer vom Christian Doppler Labor für Thermoelektrizität an der TU Wien konnte den ZT-Wert jetzt mit einer vollkommen neuen Materialtechnologie auf fünf bis sechs verdoppeln. Er verwendete eine Mischung aus Eisen, Vanadium, Wolfram und Aluminium und trug diese in einer dünnen Schicht auf einen Silizium-Kristall auf.
Bauer forscht seit 2013 an verschiedenen thermoelektrischen Materialien für verschiedene Einsatzzwecke. Er weiß, dass die Schwierigkeit der Materialentwicklung an den widersprüchlichen Anforderungen liegt, die an das Material gestellt werden. Dieses soll den elektrischen Strom gut leiten, aber die Wärme schlecht transportieren. Gewöhnlich stehen die beiden Eigenschaften aber in engem Zusammenhang.
Zufällige verteilte Atomsorten
Die Effizienz seiner neuen Materialtechnologie entwickelt sich erst im Aufbringen auf Silizium. Die Atome in den einzelnen Materialien sind streng nach einem flächenzentrierten kubischen Gitter angeordnet und der Abstand zwischen den Atomen ist immer gleich groß. Diese Struktur verändert sich im Aufbringen auf Silizium radikal. Das Muster bleibt zwar das gleiche, zeigt aber eine raumzentrierte Anordnung. Woraus sich eine völlig zufällige Verteilung der einzelnen Atomsorten ergibt.
Durch diese Mischung aus Regelmäßigkeit und Unregelmäßigkeit der Anordnung ergibt sich auch eine veränderte elektronische Struktur. Dadurch bewegen sich die Elektronen im Festkörper anders und sind von Streuprozessen geschützt. So ist der geringe elektrische Widerstand zu erklären.
Kabellose Energieversorgung
Die dünne Schicht kann keine hohen Energiemengen generieren, ist aber extrem kompakt und anpassungsfähig. Als solches eignet sie sich für die kabellose Energieversorgung für kleine Sensoren und kleine elektronische Anwendungen. Im Internet der Dinge werden verschiedenste Geräte online miteinander verknüpft, um ihr Verhalten zu automatisieren und aufeinander abzustimmen. Die große Zahl an Sensoren zu verkabeln, wäre unmöglich.
Das thermoelektrische Material nutzt die Abwärme einer Maschine und ermöglicht den Sensoren so, sich selbst mit Energie versorgen. Zusätzlich kann ein kleiner Prozessor betrieben werden, der die Daten auswertet und dann per WLAN zur zentralen Steuereinheit schickt.
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