Gerade jetzt in der Ferienzeit gibt es wohl kaum einen geplagten Autofahrer, der nicht von einer Möglichkeit träumt, schneller dahin zu kommen, wo er hin will, wenn er in Kilometerlangen Staus schwitzt. Mit dem Hyperloop könnte dieser Traum vielleicht sogar in nicht allzu ferner Zukunft Wirklichkeit werden.
Der Hyperloop ist das Konzept eines Transportsystems, bei dem sich ein Zug annähernd mit Schallgeschwindigkeit in einer Röhre mit Teilvakuum fortbewegen soll und eine Gruppe Studenten der Technischen Universität München hat am 22. Juli schon zum dritten Mal in Folge den Hyperloop Pod Wettbewerb in Los Angeles gewonnen. Die Deutschen haben sich sich gegen Studierendenteams aus der ganzen Welt durchgesetzt und ganz nebenbei auch einen neuen Geschwindigkeitsrekord aufgestellt.
Der Pod des WARR-Hyperloop-Teams raste mit sagenhaften 467 Stundenkilometern durch die Teströhre auf dem Firmengelände von SpaceX. Beim zweiten Wettbewerb 2017 hatte die Kapsel des Teams „nur“ 324 Stundenkilometer erreicht. Im Vergleich zum zweiten Wettbewerb konnte sich das Team somit um fast 50 Prozent steigern. Auf Platz zwei landete übrigens die Kapsel von Delft Hyperloop mit 142 km/h, EPFLoop auf Rang drei erreichte 85 km/h.
„Bei einem solchen Wettbewerb zu gewinnen ist natürlich eine große Freude“, sagt Teamleiter Gabriele Semino. „Das Team hat im letzten Jahr unzählbar viele Stunden in die Entwicklung unserer Kapsel gesteckt und man ist natürlich unglaublich glücklich, wenn am Ende das, was man gebaut hat, nicht nur funktioniert und in der Röhre fahren kann, sondern auch noch schneller als die anderen Pods im Wettbewerb ist.“
Die erhofften 600 km/h konnte man zwar (noch) nicht erreichen und Elon Musks Ziel von einer Geschwindigkeit von 1.200 Stundenkilometern ist wohl noch für eine Weile außer Reichweite. „Dieses Ziel lässt sich auf der Teststrecke nicht erreichen. Die Röhre vor dem Gebäude von SpaceX in Los Angeles ist nur 1,2 Kilometern lang“, sagt Teamleiter Gabriele Semino. „Auf dieser Distanz muss der Pod auf volle Fahrt beschleunigen und wieder abbremsen.“ Das alleine sei schon eine riesige Herausforderung.
Im Gegensatz zum vergangen Jahr, in dem die Teilnehmer auch Technik von SpaceX nutzen konnten, mussten 2018 alle Pods über einen eigenen Antrieb verfügen. Da die Kapsel des WARR-Teams bereits 2017 über einen eigenen Antrieb verfügte, waren Semino und sein Team der Konkurrenz natürlich einen Schritt voraus. „So konnten wir unser Konzept prinzipiell weiterentwickeln. Wir haben aber das Design und auch den Antrieb stark überarbeitet und optimiert“, sagt er.
Die Entwicklungs- und Bauzeit für den neuen Pod betrug gerade mal zehn Monate. „Wir hatten das Glück schon beim letzten Wettbewerb mit unserer zweiten Kapsel erfolgreich gewesen zu sein und haben uns deswegen im letzten Jahr damit beschäftigt eine stark optimierte Version zu bauen.“ Daher ist die neue Kapsel ihrer Vorgängerin auch in vielen Hinsichten ähnlich zur alten. Beide haben beispielsweise Elektromotoren als Antrieb und „bestehen großenteils aus leichten Materialien wie CFK und Aluminium, jedoch ist das neue Design deutlich besser“, betont der Teamleiter. „Als Beispiel würde ich erwähnen, dass die neue Kapsel die fünffache Leistungsdichte (Leistung pro Gewicht) hat, wodurch wir in der Teströhre höhere Geschwindigkeiten erreichen konnten.“
Der 50 Kilowatt starke Elektromotor des Vorjahrs wurde außerdem durch acht kleine Motoren ersetzt, von denen jeder ein Rad antreibt. „Auf diese Weise wurde die Leistung auf 240 Kilowatt, also 320 PS, gesteigert. Der neue Pod ist mit einer Länge von unter zwei Metern kürzer als der Vorgänger und hat eine aerodynamisch optimierte Form.“
Mit diesen knapp 2 Metern Länge und einer Höhe von etwas unter 30 Zentimetern ist der Pod natürlich viel zu klein für den Transport von Fahrgästen. Bis es einen Pod gibt, der groß genug ist, um dann auch wirklich Passagiere zu transportieren, kann also noch dauern. „Es gibt mehrere Firmen und Forschungsinstitute, die sich damit beschäftigen, jedoch wird die Entwicklung noch einige Jahre dauern. Vermutlich wird aber der Bau der nötigen Infrastruktur, um einiges länger dauern als die Entwicklung, weswegen meiner Meinung nach mindestens 10 Jahren nötig sein werden, bevor man mit einer Hyperloop-Kapsel fahren werden kann“, vermutet Semino. Momentan sei die Technologie ist noch in der Entwicklungsphase und die Prototypen würden vorerst mit dem Ziel gebaut, Technologien auszutesten.
In puncto Passagierbeförderung muss – neben dem Bau der nötigen unterirdischen Röhren – auch noch ein weiteres Problem gelöst werden: Die G-Kräfte, die auf die Menschen bei der Fahrt im Hypoerloop-Pod einwirken würden. „Unsere Kapsel beschleunigt fünfmal schneller als ein Flugzeug beim Take-Off. Da treten Kräfte auf, die man keinem Passagier zumuten würde. Hohe Beschleunigungen sind für Menschen ungünstig, weswegen man solche vermeiden sollte. In der Teströhre erreichen unserer Prototypen zwar über 1 g Beschleunigung, doch dies ist für eine Passagierkapsel nicht geeignet. Zum Vergleich, ein Flugzeug beim Start hat eine Beschleunigung von 0,3-0,4 g, also wird eine Hyperloop-Kapsel vermutlich auch nicht schneller als das beschleunigen dürfen.“
SpaceX-Gründer Elon Musk hatte 2016 die “Hyperloop Pod Competition” ausgelobt, um seine Vision, Menschen in Zukunft mit annähernd Schallgeschwindigkeit im Superschnellzug Hyperloop reisen zu lassen, voranzutreiben.
WARR Hyperloop ist ein Projekt der studentischen Initiative WARR (Wissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft für Raketentechnik und Raumfahrt), die seit dem Jahr 1962 an der Technischen Universität München im Bereich der Luft- und Raumfahrt aktiv ist. Unterstützt wird das Projekt außerdem von der Bayerischen Landesregierung und Ministerpräsident Markus Söder hatte in seiner Regierungserklärung angekündigt, eine bayerische Teststrecke für den Hyperloop bauen zu lassen.
Foto: WARR Hyperloop