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Jetzt ist es also raus. Ab 2035 dürfen keine Pkw mehr verkauft werden, die (direkte) Emissionen ausstossen. Auch der Weg dorthin wird schwieriger. Denn bis es so weit ist, greift noch die neue Euro 7-Norm und das fit-for-55-Paket, das den OEMs und nicht zuletzt den Kunden davor alles abverlangen wird. Denn die Kosten werden letztlich die Kunden tragen müssen. 

Über diese Kolumne:

In einer wöchentlichen Kolumne, die abwechselnd von Eveline van Zeeland, Eugene Franken, Katleen Gabriels, PG Kroeger, Carina Weijma, Bernd Maier-Leppla, Willemijn Brouwer und Colinda de Beer geschrieben wird, versucht Innovation Origins herauszufinden, wie die Zukunft aussehen wird. Diese Kolumnisten, die manchmal durch Gastblogger ergänzt werden, arbeiten alle auf ihre Weise an Lösungen für die Probleme unserer Zeit. Bitte lesen Sie hier die bisherige Episoden.

Sind wir also auf dem Weg ins klimatische Paradies?

Könnte man meinen, wenn man die Realität verdrängt und noch an den Weihnachtsmann glaubt. Denn viele Nebenkriegsschauplätze werden einfach verdrängt von Menschen, die mit Physik, Chemie und anderen technologischen Grundlagen nichts tun haben, und denen wirtschaftliche Voraussetzungen schlicht egal sind. Wir reden von Politikern.

Europas Autoindustrie wird leiden

Die gute Nachricht: die weltweiten Ausgaben für Elektrofahrzeuge steigen laut Bloomberg rasant an. Die jährlichen Ausgaben für Elektrofahrzeuge werden sich im Jahr 2022 auf 388 Mrd. US-Dollar belaufen. Damit wird auch die Gesamtwert-Marke von 1 Billion US-Dollar der bisher verkauften Elektrofahrzeuge überschritten.

Unglücklicherweise werden jährlich Autos im Wert von 2,5 Billionen US-Dollar weltweit verkauft, das sind 25 Billionen Dollar in den letzten 10 Jahren, die auch relevant für die Elektroautoverkäufe waren. Da liest sich die obige Billion äußerst bescheiden. 

Natürlich werden die Elektroauto-Verkäufe weiter ansteigen müssen, der große Haken ist aber, dass die Gewinne der OEMs aus Elektroautoverkäufen weit geringer sind, als durch Verbrenner. Manche OEMs machen sogar Verluste, nur um keine Marktanteile zu verlieren.

Beispiel Ford

Viele klassische große westliche OEMs haben die Transformation viel zu lange nicht ernst genommen. Vor allem für Unternehmen wie Ford rächt sich das nun. Ford hat neben dem Mustang Mach-E und den beiden Großfahrzeugen e-Transit und F150 Lightning derzeit keine weiteren reinelektrischen Fahrzeuge im Portfolio. Die nächsten europäischen Modelle werden auf einer lizensierten MEB-Basis des VW-Konzerns entstehen. Man übernimmt die Skatboard-Architektur der Wolfsburger. Für Deutschland heisst das: Arbeitsplatzabbau. Köln wird Federn lassen, das Saarland aufgegeben.

Erfahrung und Schnelligkeit

Die klassischen OEMs scheinen zu langsam zu agieren, um den Herausforderungen einer fernöstlichen, eigentlich chinesischen Konkurrenz, begegnen zu können. Marken wie BYD, Zeekr, NIO oder Xpeng stellen in einer atemberaubenden Geschwindigkeit neue Fahrzeuge und Fahrzeuggenerationen auf elektrisch angetriebene Räder. Sie holen sich ihre Erfahrungen in Turbogeschwindigkeit. Der chinesische Staat unterstützt dies finanziell, denn viele der China-Start-ups verlieren Geld in beängstigender Geschwindigkeit.

Toyotas Fehleinschätzung

Bestes Beispiel für eine massive Fehleinschätzung des Weltmarktes ist der japanische Hersteller Toyota. Bislang hat man nur eine einzige elektrische Plattform auf den Weg gebracht. Die Grundlage für den bZ4X bzw. Subaru Solterra. Die erste Elektroauto-Iteration lief bislang suboptimal und war von Kinderkrankheiten (abfallende Räder, geringe Reichweite, schlechte Effizienz) geprägt. Alles Probleme, die auch chinesische Unternehmen hatten, aber blitzschnell durch Weiterentwicklung gelöst haben. Toyotas Wette auf Technologieoffenheit ist spätestens mit der EU-Entscheidung nicht aufgegangen. Die verspätete Vorstellung einer neuen Elektroplattform ab 2026 wird die Japaner Marktanteile und Kunden kosten. 2026 jedoch werden andere Hersteller bereits ihre 3. Und 4. Elektroplattform vorstellen.

Auch der VW-Konzern gerät ins Hintertreffen

Zwar hat man mit dem Elektromobilitäts-Dickschädel und später geschassten VW-Chef Herbert Diess in den letzten Jahren Boden gut gemacht – der Konzern steht vordergründig bestens da – aber auch hier verzögert sich eine wichtige nächste Generation. Seit Oliver Blume an der Spitze steht, verlangsamt sich die Entwicklung wieder. Die Digitalisierung stockt ohnehin durch ständige Wechsel des Führungspersonals und weitgehende Orientierungslosigkeit. Neue Elektroplattformen jedoch dürfen nicht den gleichen langen Zyklen folgen, wie Verbrenner. Denn jetzt gewinnen die Schnellen.

Und der Verbrenner?

Das Verbrenner-Aus gilt erst einmal für die EU – nicht Europa. Das will unterschieden werden. Unternehmen wie BMW oder Mercedes-Benz und andere fertigen weiter Verbrennermotoren, nur eben nicht mehr in Europa. Sie verlagern dies in Joint Ventures mit chinesischen Firmen. Denn 2035 wird weltweit kaum das Ende des Verbrennermotors bedeuten. Schließlich gibt es noch eine Menge aufstrebender anderer Länder in Asien, Südamerika und Afrika, deren Bevölkerungen mit teuren, hochgezüchteten Stromern so gar nichts anfangen können, weil unter anderem die Stromerzeugungsgrundlage fehlt. 

Da kommen vermutlich auch die deutschen OEMs wieder ins Spiel. Eine spürbare Klimaverbesserung durch sauberen Verkehr wird aber eher durch große Staaten wie China, Indien und die oben genannten Regionen passieren. Die Einsparpotenziale in Europa sind demgegenüber auf die Welt projiziert äußerst gering. Im Gegenteil.

Rohstoff-Verbrauch

Der Verbrauch an kritischen Rohstoffen pro Elektroauto beträgt laut Internationaler Energie Agentur (iea) ein Vielfaches eines Verbrennerfahrzeugs. Der Nachschub an Lithium, Nickel, Kupfer und Co. könnte für die klimaneutrale Verkehrswende stocken, und damit die Kosten für Elektroautos weiter in die Höhe treiben. Zwar sind genügend Rohstoffe vorhanden, die wollen aber gefördert werden. Die derzeitigen Förderkapazitäten können dem kaum Rechnung tragen.

Was für die Befürworter des Verbrenner-Aus 2035 ohnehin ein willkommener Nebeneffekt ist. Sie wollen weniger Autos, nicht nur weniger Verbrenner. Ob das der EU-Bürger aber akzeptieren wird, wird sich spätesten dann zeigen, wenn es so weit ist. 

Ich habe meine Zweifel, dass so einfach klappen wird. Und dann ist da noch der Rest der Welt.